27/06/2018

Wiederentdeckung einer steirischen Tradition

KooWo Volkersdorf – Nähe Graz

Das gemeinschaftliche Projekt entsteht mit der Genossenschaft WoGen.

Als Verein organisiert, baut die Gruppe 25 Wohneinheiten für etwa 43 Erwachsene und 20 Kinder und Jugendliche am Rabnitzweg 18, 8063 Purgstall bei Eggersdorf.

Bauträgerin ist die WoGen, Österreichs erste auf gemeinschaftliche Wohnprojekte fokussierte Genossenschaft.

Andrea Jany, Leiterin des Instituts für Wohnbauforschung, berichtet

Die Planung erfogt durch Schwarz.Platzer Architekten.

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27/06/2018

Wohnprojekt KooWo Volkersdorf – Nähe Graz. Bild > koowo.at

Modell der Anlage

Baustelle gestartet im März 2018

Gartenanlage im Entstehen

Nach 25-jähriger Pause gibt es wieder partizipativen Wohnbau in der Steiermark: Die KooWo – ein gemeinschaftliches Wohnprojekt, welches auf einem 3,6ha großen Grundstück im Ortskern von Volkersdorf östlich von Graz ihre Vision realisiert. Neben der Sanierung des Altbestandes am Grundstück, bestehend aus einem Dreikanthof und einem Bauernhaus, werden 25 Wohneinheiten neu errichtet. Spatenstich war bereits Ende März 2018. Die großzügigen Freiflächen gliedern sich in 1ha Bauland, 1,8ha landwirtschaftliche Nutzfläche sowie 0,8ha Wiese. Der Rabnitzbach fließt im Grünland ein Stück weit durch das Grundstück. Das Projekt sieht gemeinschaftliches Wohnen als Antwort auf das Altern der Gesellschaft, die Knappheit bezahlbaren Wohnraums und als Beitrag zur Ausbreitung nachhaltiger Lebensformen. Die Mitgliedschaft der KooWo’s in der Genossenschaft Die WoGen ermöglichte es ihnen, die Idee zu realisieren. Die Genossenschaft wurde im Frühjahr 2016 gegründet, um kooperative Wohnprojekte künftig schneller und leichter österreichweit in die Tat umsetzen zu können. Die WoGen ist Österreichs erste Bauträgerin, die ausschließlich gemeinschaftliche Wohnprojekte mit und für Menschen verwirklicht, nach dem leitenden Gedanken: Miteinander wirken, solidarisch leben.

Baugruppen haben in der Steiermark eine große Tradition. Ausgehend von der Kritik am Massenwohnbau und dem Einfamilienhaus im Grünen setzte zu Beginn der 1960er Jahre ein Aufbruch ein. Bis Anfang der 1990er Jahre konnten 60 Baugruppen-Projekte steiermarkweit realisiert werden. Die Terrassenhaussiedlung in Graz-St. Peter der WERKGRUPPE-GRAZ, die Eschensiedlung in Deutschlandsberg von Eilfried Huth und das Projekt in der Alten Poststraße von Szyszkowitz-Kowalski sind, auch international, die bekanntesten. Breite Unterstützung gab es hierfür seitens der steirischen Landesregierung und durch den Arbeitskreis Neues Wohnen im Modell Steiermark unter der Leitung von Hermann Schaller. Durch den politischen Umbruch im Jahr 1991 nahm diese produktive Phase in der Steiermark ein Ende.

Die Nische der Baugruppenprojekte wird in Wien seit gut 10 Jahren belebt. In neuen Entwicklungsgebieten werden eigens für diese Projekte Bauflächen reserviert. Das Verständnis dieser ProjektinitiatorInnen, über die Grundstücksgrenze hinaus zu denken und einen Mehrwert für die Umgebung zu leisten, ist erkannt worden. Die Projekte zeichnen sich stets durch ihre ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit aus. In einem Teilbereich der sozialen Nachhaltigkeit konnte bereits wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass die soziale Einbindung der Menschen doppelt so stark ist im Vergleich zum standardisierten Wohnbau. Die soziale Einbindung beschreibt die Vernetzung der Menschen innerhalb ihrer Nachbarschaft. Öffentliche Aufgaben wie z.B. Kinder- und Altenbetreuung werden innerhalb der nachbarschaftlichen Gemeinschaft mitgedacht. Das Flächenangebot der eigenen Wohnung und innerhalb des Hauses wird stets hinterfragt und mittels gemeinschaftlicher Räume ergänzt. Die ressourcenschonende Ausrichtung von Baugruppenprojekten ist selbstverständlich. In Zeiten des starken Zuzugs in urbane Gebiete mit der gleichzeitigen Diskussion um Verdichtung der Städte und leistbaren Wohnraum für alle, kann der partizipative Wohnbau ein Lernumfeld darstellen, um Erkenntnisse für die Weiterentwicklung des Wohnens zu gewinnen. Trotz intensiver Öffentlichkeitsarbeit der Grazer Arge W:A:B und behördlicher Unterstützung durch die Stadtbaudirektion Graz konnten in den vergangenen Jahren keine neuen Baugruppenprojekte in Graz und in der Steiermark realisiert werden.

Die KooWo’s sind nun die Ersten. Sie machen Mut und geben Impulse um an die steirische Tradition anknüpfen zu können. Die erneute politische Unterstützung verbunden mit einer (Wieder-)einführung einer Förderschiene angelehnt an den verdichteten Flachbau der damaligen Zeit ist aus wissenschaftlicher Sicht durch die Aspekte der ökonomischen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit empfehlenswert.

Für alle, die mehr über die KooWo’s lernen möchten oder sogar im Projekt leben möchten, gibt es Kennenlerntage.

Architekten
Die Planung für KooWo Volkersdorf erfogt durch Schwarz.Platzer Architekten, Graz. (Anm. Red. GAT)

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