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Am 22.03.2013 endete die Frist zur Bewerbung für das Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung für die Generalplanerleistungen Sanierung Parlament. Die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (BAIK) distanzierte sich öffentlich von diesem Verfahren – sie hatte sich für einen offenen Architekturwettbewerb ausgesprochen –, wird den Ablauf aber weiter kritisch beobachten.
Die Vorgeschichte bis zum Vergabeverfahren ist lang. Sie beginnt im Jahr 2001. Damals wurde bereits überlegt, wie der Sitzungssaal des Nationalrats saniert, umgebaut und neu gestaltet werden könnte. Im Jahr 2008 hat das Linzer Büro Heidl Architekten den EU-weiten Architekturwettbewerb zum Umbau des Nationalratssitzungssaales gewonnen. Das Verfahren wurde später aufgehoben, weil die Parlamentsdirektion zu dem Schluss gekommen war, dass eine komplette Sanierung des Parlaments nötig sei. Der schriftlich zugesicherte Planungsauftrag für die Umgestaltung des Nationalratssitzungssaals an Heidl Architekten wurde widerrufen. Mit einem Einspruch gegen diesen Widerruf ist Architekt Heidl im Dezember 2012 abgeblitzt. Man entschied sich für ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung für die Generalplanerleistungen Sanierung Parlament ohne Kooperation mit der BAIK.
„In der konkreten Ausgestaltung des mehrstufigen Verhandlungsverfahrens gemäß Bundesvergabegesetz 2006 i.d.g.F. wurde Wert darauf gelegt, qualitative Vorteile eines Architekturwettbewerbs wie z.B. eine anonymisierte Wettbewerbsphase einzubauen. Das Verfahren wurde im Einvernehmen mit den Mitgliedern der Auswahlkommission erstellt, wobei zahlreiche Vorschläge der Architektenkammer berücksichtigt werden konnten. Der Weg eines neuerlichen Architekturwettbewerbs wurde aus rechtlichen Gründen nicht beschritten, da laut Vergaberecht bei einem Architektenwettbewerb bis zum Schluss Anonymität gewährleistet sein muss“, heißt es in der Aussendung der Parlamentsdirektion zum Start des Vergabeverfahrens am 29.01.2013.
Drei ArchitektInnen haben zu dem laufenden Verfahren Stellung bezogen:
_ Wolfgang Feyferlik (Architekturbüro Feyferlik / Fritzer, Graz), Vorsitzender des Wettbewerbsausschusses der BAIK, Sektion Architekten,
_ Marta Schreieck (Architekturbüro Henke Schreieck Architekten, Wien), Jurorin im Verfahren
Marta Schreieck hat gemeinsam mit Ernst Beneder, Detlef Heck und Martin Treberspurg, die ebenfalls in der Jury vertreten sein werden, die Verfahrensvorbereitung unterstützt.
_ Andreas Heidl (Architekturbüro Heidl Architekten), Gewinner des EU-weiten Architekturwettbewerb zum Umbau des Nationalratssitzungssaales.
Wolfgang Feyferlik
Schon der ehemalige Nationalratspräsident Khol, unter dem die Vorbereitungen des Wettbewerbs im Jahr 2008 zum Umbau des Parlaments gelaufen waren (abgewickelt wurde dieser ja dann unter Barbara Prammer), wollte keine Gesamtbetrachtung der nötigen Umbaumaßnahmen. Das war ein Fehler. Man wollte offensichtlich eine Entscheidung zugunsten einer Architektin treffen, was die Betrachtung eines Teilbereiches betrifft, welcher sich dann in das Haus "hineingräbt". Warum dafür nicht der Wettbewerbsgewinner Architekt Andreas Heidl herangezogen wurde, weiß ich nicht. Er selbst vermutet lt. ORF Beitrag, dass die Wiener Gesellschaft ihn ausbremsen wollte. Er hat aber in den letzten Jahren dezidiert nicht den Saal, sondern die Peripherie im Haus bearbeitet. Dafür wurde er meines Wissens auch bezahlt.
Es wurde also schon damals ein sehr unglücklicher Wettbewerb gestartet. Georg Pendl, Präsident der BAIK, wurde zu dem Zeitpunkt kammerintern kritisiert, weil er überhaupt an der Jury teilgenommen hatte. Aber letztendlich war er der Garant für ein offenes Verfahren. Es war ein offener Architekturwettbewerb, aus dem ein Sieger hervorgegangen ist und das war prinzipiell in Ordnung.
Nun wird plötzlich festgestellt, dass das Projekt umfassend betrachtet werden muss und immenser Handlungsbedarf besteht. Seitens der BAIK stand außer Diskussion, dass es dazu ein faires, offenes und anonymes Verfahren geben muss und dass der Parlamentssaalentwurf von Arch. Heidl Teil der Umsetzung sein wird. Sprich: wer auch immer gewinnt, muss mit Andreas Heidl ein „Agreement“ treffen, damit der Saal umgesetzt werden kann. Das war meines Wissens auch die Position von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Die BAIK hat Architekt Ernst Beneder beauftragt, die Verhandlungen mit der Parlamentsdirektion für die BAIK zu führen. Ernst Beneder hat wiederum versucht, die Grundinteressen der BAIK, welche im Wesentlichen einen offenen und anonymen Wettbewerb umfasst haben, zu wahren und trotzdem einen Weg zu finden, der der komplexen Aufgabenstellung gerecht werden kann. Er ist in seinem Bemühen, diese Interessen einfließen zu lassen, relativ weit gekommen. Nach meinem Wissen war dann irgendwann die Rede von einem Verhandlungsverfahren mit wettbewerbsähnlichen Zügen, wo schon davon gesprochen wurde, dass der Parlamentssaal doch wieder Teil der Aufgabenstellung sein soll. Für mich bestand dafür keine Notwendigkeit, da man den Saal immer auskoppeln hätte können. Auf der anderen Seite wäre der Parlamentsumbau ohne den Saal kein Thema für halbwegs namhafte ArchitektInnen. Das hätte kein großes Büro gereizt.
Dann wurde bekanntgegeben, dass die Parlamentsdirektion dasselbe Preisgericht wieder einsetzen werde. Womit Marta Schreieck und Boris Podrecca Preisrichter sein würden. Marta Schreieck meinte, sie hätte ein Problem mit der Anonymität, da sie als Preisrichterin des letzten Wettbewerbes die damaligen Projekte noch kenne und sich damit für befangen sehe. Dass sich daraufhin das Verfahren ändern würde, ist bislang einmalig in Österreich. Eigentlich müsste derjenige, der sich befangen fühlt, die Konsequenzen ziehen.
Ich finde es auch bestürzend, dass Boris Podrecca sich medial dahingehend äußert, dass man es dem Bauherrn schon zugestehen müsse, zu wissen, mit wem er plant. Die Anonymität sei also nicht so wichtig und es komme ja immer wieder vor, dass gewonnene Projekte nicht umgesetzt werden. Das wirft ein extrem schlechtes Bild auf die Branche und das Wettbewerbswesen. Auch wenn der damalige Juryvorsitzende Architekt Boris Podrecca beschwichtigt, es sei gang und gäbe, dass gewonnene Wettbewerbe nicht realisiert würden, zeugt das von einer unkollegialen Haltung, zumal das Projekt von Andreas Heidl keine Fehler aufgewiesen hat, zumindest nach dem damaligen Preisgerichtsprotokoll.
Diese Vorgänge haben bewirkt, dass sich die BAIK aus dem Prozess herausgenommen hat. Architekt Ernst Beneder argumentierte lange sehr sachlich und hat die inhaltlichen konstruktiven Belange der BAIK vertreten. Meiner Ansicht nach hätte er sich auch als Person herausnehmen müssen, stattdessen ist er jetzt Preisgerichtsvorsitzender.
Marta Schreieck lässt leider in Interviews immer wieder durchklingen, dass der offene Wettbewerb problematisch sei. Sie betrachtet diesen als Verschwendung des Volksvermögens. Meiner Ansicht nach gilt es aber nicht, Werkzeuge zu finden, um zu verhindern, dass 200 Teilnehmer ihre Wettbewerbsprojekte abgeben, sondern es sollten Mittel gefunden werden, die ein sauberes Jurieren gewährleisten. Wenn in Finnland 600 Projekte bei einem Museumswettbewerb abgegeben werden, dauert die Jurierung eben dementsprechend vier Monate. Die Jury trifft sich periodisch und arbeitet die Projekte systematisch ab.
Man müsste eruieren, wie hoch die Summen an Beratungshonoraren an Juristen und Experten für die rechtlich machbare Abwicklung des Verfahrens zum Parlamentsumbau waren. Mit diesen Geldern hätte man vorbildliche Juryarbeit finanzieren können. Unterm Strich gibt die Politik in diesem Fall ein absolut negatives Vorbild ab. Der Wettbewerb hätte beispielhaft durchgeführt werden müssen, mit einer klaren Bedarfserhebung und einer umfassenden Betrachtung aller nötigen Bauaufgaben. Der oberste Bauherr der Republik baut ein Haus – wenn wir es nicht schaffen, ihm alle Grundregeln für ein sauberes Wettbewerbsverfahren aufzuzeigen, dann ist das eine vertane Chance.
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Drei ArchitektInnen haben zum laufenden Verfahren Stellung bezogen:
_ Wolfgang Feyferlik
_ Marta Schreieck
_ Andreas Heidl