11/02/2011

Sport- und Wellnessbad Graz-Eggenberg

Die Auster öffnete sich am Freitag, dem 11. Februar 2011.

Architektur:
fasch & fuchs

Wettbewerb: 2008

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11/02/2011

Auster – Architekturpreis des Landes Steiermark 2013

Architektur: fasch&fuchs.architekten©: Goldgruber 2013

Das Sportbad in der Auster. Alle Fotos: Martin Grabner

Der Eingang liegt zwischen dem Wellnessflügel (links) und dem Sportbad (rechts).

In der Arena des Sportbades

Ein Blick hinter die Deckenmembrane auf die Konstruktion der Schale

Im Rücken der Liegetribüne sieht man hinaus in den Stadtraum, ...

...darunter liegen die Sportlergarderoben

Das 50-Meter-Becken ist eines der zwei wettkampftauglichen Hallenbecken Österreichs.

Die Südfassade verbindet Hallenbad und Freigelände

Blick zurück zu Eingangshalle, Restaurant, Seminarbereich und den Garderoben.

Die Eingangshalle.

Sichtbeton in der Sockelzone des Bades.

In der Saunalandschaft des Wellnessbereichs wird einige Tage vor der Eröffnung noch unter Hochdruck gearbeitet.

Innenbecken, Feuergrotte und Ruhegalerie im Wellnessbereich.

Ruheliegen auf der Galerie. Alle Fotos: Martin Grabner

Wettbewerbsmodell der Gesamtanlage mit Freibereich. Modell/Foto: Patrick Klammer

Wer, wie der Autor dieser Zeilen, das alte Eggenberger Bad in Graz aus seiner Kindheit kennt, wird dieser Tage neugierig mit dem Einser nach Eggenberg fahren und ungefähr nichts wiedererkennen. Denn abgesehen vom Ort ist bei dem neuen Sport- und Wellnessbad von fasch & fuchs, das am 10. Februar 2011 feierlich eröffnet wurde, alles neu.
Ein leicht ansteigender Vorplatz führt zum verglasten Eingang am Scheitelpunkt des flachen, bumerangförmigen Baukörpers, der mit geschuppten blauen Metallpaneelen verkleidet ist. Straßenseitig entsteht so eine schützende Schale für das Innere, das sich großzügig zum südwestlich gelegenen Freibereich öffnet. Die Metapher der Auster, die sich zur Sonne hin öffnet, gefiel den Bauherren so gut, dass sie es aus dem Wettbewerbsentwurf von Hemma Fasch und Jakob Fuchs zum offiziellen Namen des Sport- und Wellnessbades schaffte.

Betritt der Besucher die Eingangshalle des neuen Bades, so sieht er durch den gläsernen Restaurantbereich direkt hinaus in den Freibereich. Man wird linker Hand von in wechselnden Farben leuchtenden Glaselementen in den Wellnessbereich sowie zum Therapiezentrum im Obergeschoß geleitet und sieht rechts hinunter in das Sportbad. Dieses liegt ein Geschoß unter dem Eingangsniveau, was ihm den Charakter einer Arena verleiht. Zur nördlich gelegenen Straße hin verstärkt eine Liegetribüne diese Wirkung, während sich der Raum nach Süden zum Freigelände im Park öffnet. Unter der Tribüne befinden sich die Sportlergarderoben, ein darüberliegendes Fensterband belichtet diese und ermöglicht die Kommunikation des Bades mit dem Stadtraum: Passanten können den einen oder anderen Blick erhaschen, während die Badegäste die Straßenbahn vorbeifahren sehen. Am Ende des Raumes befinden sich – aus Brandschutzgründen hinter einer Glaswand – ein Lehrschwimmbecken und der Bereich für Kleinkinder. Erst der Blick zurück in Richtung Eingangshalle offenbart die große Raumhöhe und die vertikale Schichtung: Unter dem Eingangsniveau befinden sich die Garderoben, darüber Administration sowie ein Seminarbereich mit Galerie und Blick zum Bad.

Neben der stets spürbaren Schalenform des Raumes ist es vor allem die Deckenverkleidung aus weißen Membranen, die dem Raum sein angenehm weiches Inneres verleiht. Die, zur Optimierung der Raumakustik und aus Gründen der Brandentlüftung asymmetrisch aufgefächerten, mikroperforierten Membranflächen vor der tragenden Konstruktion aus Stahlträgern und Holzpaneelen (diese Materialien vertragen Chlor am besten) können mit programmierbaren LEDs farbig hinterleuchtet werden. Am schönsten ist allerdings die sanfte Blaufärbung durch die Reflexion des Sonnenlichts auf der Wasseroberfläche.

Das 50-Meter-Becken ist, nach dem des Stadthallenbades in Wien, das zweite wettkampftaugliche Hallenbecken Österreichs. Sämtliche Linien im Raum sind parallel zu den Bahnen ausgerichtet, um nicht die kleinste Irritation der Sportler zu riskieren. Neben dem auskragenden Dach, das im Sommer die Sonneneinstrahlung reduziert, sorgt ein innen liegender Sonnenschutz (im unteren Bereich, zwischen den Isolierglasscheiben) für den nötigen Blendschutz bei Sportwettkämpfen.
Nicht nur bei Veranstaltungen, bei denen am Ende der abfallenden Tribüne ein zusätzlicher Publikumseingang geöffnet werden kann, ist die Entflechtung der Wege und Funktionsabläufe von großer Bedeutung. Wellness- und Sportbadbesucher, Gastronomie, Sportler und Zuschauer, rein und unrein – all diese Wege wurden kreuzungsfrei angeordnet.

Der Wellnessbereich ist dunkler als das Sportbad gehalten und vermittelt so, trotz der Glasflächen zum Park, Intimität. Zum Freigelände des Bades ist der Outdoorbereich des Wellnessflügels durch einen Höhensprung und Pflanzen abgeschirmt. Sowohl innen als auch außen befinden sich mehrere Becken und Saunen (Dampfbad, Salzgrotte, Tepidarium, finnische Sauna, Biosanarium) und Ruhebereiche, auf der Galerie sogar mit Blick auf das Schloss Eggenberg und den Plabutsch. Auf der Ruhegalerie, die sowohl dem Wellnessbad als auch dem Therapiezentrum zugeordnet ist, wird die Form des Raumes, dessen Decke ebenfalls mit farbig hinterleuchteten Membranen ausgekleidet ist, besonders gut spürbar. Eine, an das Innenbecken anschließende, innen rot verflieste Feuergrotte mit echtem Kamin zieht sich von der unteren auf die obere Ebene. Die Außenverfliesung der komplexen geometrischen Form ist allerdings ein Detail, bei dem die Architekten vom Bauherren, der den eher uninspirierten „Alternativvorschlag“ des Fliesenlegers dem erstellten Fliesenplan vorzog, vor vollendete Tatsachen gestellt wurden. Das Ergebnis zeigt leider, dass die Einmischung des Bauherren nicht immer zielführend ist. Besonders mit den Freizeitbetrieben wurden aber auch neue Ideen, wie etwa die Möglichkeit von „Lesungen im Bademantel“, entwickelt und eine kleine Bühne dafür eingeplant. Außerdem verfügt der Wellnessbereich über eine eigene Bar.

Die großzügige Parklandschaft des Freibereichs, der direkt von der Eingangshalle und über das Sportbad zugänglich ist, wird vom Gebäude mit einer schützenden Geste gefasst und wirkt durch die behutsame Neuordnung noch weitläufiger. Im gesamten Areal sind Funktionsinseln mit Umkleiden, Duschen und mehr verteilt. Die Lage der Becken sollte zunächst beibehalten werden, das Sprungbecken wurde dann aber doch weiter nach Westen verlegt und mit einem neuen Turm aufgewertet. Das alte, nahe dem Gebäude gelegene, Sprungbecken wurde für die Verlegung von Erdwärmekollektoren genutzt, die die Solarkollektoren und Fotovoltaikzellen auf dem Dach ergänzen, die auch eine neu errichtete Stromtankstelle der Energie Graz speisen.

In extrem kurzer Bauzeit – der Wettbewerb wurde erst im Februar 2008 gewonnen – entstand ein Gebäude, das optimal die funktionalen und emotionalen Anforderungen eines heutigen Bad- und Wellnessbetriebes erfüllt und das der, für den Stadtteil identitätsstiftenden, Einrichtung eine entsprechende äußere Form mit Landmarkpotential verleiht. Eine ernst zu nehmende Konkurrenz für Roland Rainers Stadthallenbad, die „schönste Schwimmhalle Österreichs“ (© Hemma Fasch).

Das Sport- und Wellnessbad öffnet ab Freitag, dem 11. Februar 2011, seine Pforten.

DATEN & FAKTEN:

Adresse: Janzgasse 21, 8020 Graz
Auftraggeber: Freizeitbetriebe der Holding Graz
Generalplanung: fasch&fuchs., hausmannstätten/Wien
Statik: Werkraum Wien
Haustechnik: Die Haustechniker
Bauphysik: DI Prause
Brandschutzkonzept: Auctor Consulting für Sicherheitstechnik GmbH.

Projektleitung: Fred Hofbauer
Team: Günter Bösch, Regina Gschwendtner, Jürgen Hierl, Joshua H. Kunicki, Torsten Künzler, Andreas Laimer, Uta Lammers, Bianca Mann, Thomas Mennel, Constanze Menke, Reinhard Muxel, Martin Ornetzeder, Julia Preschern, Claudia Rohrweck, Stefanie Schwertassek, Philipp Träxler, Lucie Vencelidesová, Heike Weichselbaumer, Erwin Winkler, Martina Ziesel, Christoph Zobel

Wettbewerb: 2008, 1. Preis
Baubeginn: 03.2009
Fertigstellung: 02/2011
Errichtungskosten: 41 Mio €

BGF: 15.837 m2
Rauminhalt: 68.722 m3

Modell: Patrick Klammer

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