04/06/2007
04/06/2007

Bild 1: Das freundliche Lächeln kann über Auffassungsunterschiede beim Altstadtschutz nicht hinwegtäuschen: Wiltraud Resch, Christian Andexer, Bertram Werle, Gerhard Rüsch und Friedrich Bouvier (von li.).

Bild 2: Landeskonservator Friedrich Bouvier fordert eine Einbindung des Pfauengartens in eine Gestaltung des Bereichs zwischen Paulus- und Burgtor.

Bild 3: Eine Skizze des Projekts zeigt, dass die Charakteristik der alten Festungsanlagen wie in italienischen Städten zur Geltung gebracht und zugleich ein innerstädtischer Erholungsraum geschaffen würde.

Bild 4: Stadtrat Rüsch: „Wir müssen den Investoren Planungssicherheit garantieren können.“

Am Managementplan zum Schutz des Weltkulturerbes, der Ende Jänner im Grazer Gemeinderat abgesegnet wurde, scheiden sich die Geister weiterhin: Die verantwortlichen Stellen der Stadtverwaltung sehen in ihm einen wahren Meilenstein für den Erhalt der Grazer Altstadt; seine Kritiker können nicht so recht an einen Stein der Weisen glauben, der unliebsame Vorfälle à la Kommodhaus ausschließen wird können. Außerdem ist die Öffentlichkeit bislang nur in sehr begrenztem Ausmaß von dem Instrument in Kenntnis gesetzt worden. Die Grazer Bürgerinitiativen luden aus diesem Grund am 23. Mai im Hotel Weitzer zu einem Informationsabend, bei dem der Managementplan 2007 zur Erhaltung des UNESCO-Weltkulturerbes Grazer Altstadt von seinen Schöpfern präsentiert und gemeinsam mit den kritischen BürgerInnen unter der Moderation von Mag. Erika Krenn-Neuwirth diskutiert wurde.Seine Vorgeschichte liegt in dem von der UNESCO eingeforderten Regelwerk für eine Vorgangsweise begründet, mit der die Stadt den ernsthaften Willen, ihr Weltkulturerbe zu schützen, bekunden sollte. Stadtbaudirektor DI Mag. Bertram Werle stellte das komplexe Werk vor, das sich aus drei Teilbereichen zusammensetzt: dem Managementplan mit „empfehlenden Charakter“, dem Masterplan, der die Schutzzonen in Wort und Bild beschreibt, sowie einem die Bauvorhaben begleitenden Informations- und Kommunikationsprozess der zentralen „Stakeholder“. Für merklichen Unmut sorgte dabei die Enthüllung, dass sich unter diesen mit Dr. Reinhard Hohenberg (wegraz) und Gerald Gollenz (acoton) zwar Repräsentanten der großen Immobilienfirmen, aber keine der Bürgerinitiativen finden. Die zum Schutz der Investoreninteressen beschworene Verschwiegenheitspflicht der Baubehörde stieß ebenfalls auf Unverständnis, weil sie die Möglichkeit einer Mobilisierung der öffentlichen Meinung zu stark einschränkt.Dr. Wiltraud Resch und DI Christian Andexer, die gemeinsam den Masterplan erarbeitet haben, hoben hervor, dass das historische Erbe der Altstadt schließlich nicht der Förderung des Tourismus dienen, sondern den Grazern selbst ihr Lebensraum und ihre Identität gesichert werden soll.
„Der Status des Weltkulturerbes der UNESCO ist per se kein Schutz“, betonte Ministerialrat DI Franz Neuwirth, „dazu bedarf es der gesetzlichen Grundlagen des GAEG und des Bundesdenkmalgesetzes.“ Das vor mehreren Jahren fixierte „Wiener Memorandum“ hält zwar fest, dass sich eine bewohnte Altstadt lebendig entwickeln soll, jedoch sei es die Frage, ob z.B. „fünf oder zehn Gebäude wie das Kunsthaus noch als eine echte Bereicherung des Stadtbildes empfunden würden“. Außerdem seien die Pufferzonen vielfach zu knapp dimensioniert. Die Bürgerinitiativen bemängeln ebenfalls, dass klare Bestandswidmungen ebenso wie Höhenbegrenzungen von neuen Gebäuden im Plan fehlen.Dass die Gestaltung des historischen urbanen Raumes prinzipiell andere Strategien verfolgen kann, demonstrierte Landeskonservator Hofrat Dr. Friedrich Bouvier am Präzedenzfall Pfauengarten: Er zeigte in seiner Präsentation das Projekt von DI Ingrid Grubauer und DI Maria Hauser, das die malerische Einbindung dieses Geländes in die historischen Wehranlagen vorsieht. Eine Wasserstraße entlang der im 16. Jahrhundert errichteten Befestigungsanlage von Graz, die Burgtor und Paulustor verbinden und die charakteristische Bastei-Anlage der Stadt in ihrer ursprünglichen Form erlebbar machen soll, steht im Mittelpunkt dieser Studie. „Es ist bezeichnend für die Prioritäten der städtischen Politik“, kritisierte Bouvier, „dass jene vorbildlichen Lösungen, die in vielen italienischen Städten verwirklicht wurden, hierzulande scheinbar nicht umsetzbar ist.“Das Pfauengartengelände wurde Ende 2000 von der Stadt Graz um damals ca. 50 Millionen Schilling (3,63 Mio. Euro) vom Land Steiermark erworben. Zugleich mit der Baugenehmigung für die 2005 fertig gestellte Tiefgarage, die an mangelnder Auslastung kränkelt, wurde dem Betreiber die Verbauung der darüber liegenden Fläche mit einer Hotelanlage zugesagt, wobei die Baubewilligung ursprünglich nur für das nie umgesetzte Trigon-Museum vergeben worden war.
Es sei vielleicht aus heutiger Sicht ein Fehler gewesen, dies zu erlauben, räumte Planungs-Stadtrat Dr. Gerhard Rüsch in der Diskussion ein, aber man könne den Investor, der in gutem Glauben investiert habe, durch eine Änderung der Flächenwidmung nicht mehr vor den Kopf stoßen. Außerdem könne es sich die Stadt nicht leisten, die Summe zur Ablösung für ein Alternativprojekt aufzubringen. Diese von wenig visionärer Kraft zeugende Rechtfertigung, ließ unter den Anwesenden die Vermutung laut werden, dass letztlich „wieder nur jener entscheidet, der auch zahlt“, was für die Zukunft des Welterbes düstere Perspektiven erahnen lässt.

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