28/12/2010
28/12/2010

Impressionen vom gut besuchten GAT Weihnachtsfest, am 21.12.2010, im CHAT NOIR, Graz.

Impressionen vom gut besuchten GAT Weihnachtsfest, am 21.12.2010, im CHAT NOIR, Graz.

Impressionen vom gut besuchten GAT Weihnachtsfest, am 21.12.2010, im CHAT NOIR, Graz.

Impressionen vom gut besuchten GAT Weihnachtsfest, am 21.12.2010, im CHAT NOIR, Graz.

Impressionen vom gut besuchten GAT Weihnachtsfest, am 21.12.2010, im CHAT NOIR, Graz.

Fotos: Wolfgang Feyferlik

Die folgende Rede vor dem Parlament gemahnt uns, mehr denn je Acht zu geben, dass der Kuchen nicht hinter verschlossenen Türen aufgeteilt wird und wir mit Minderwertigem abgespeist werden.
In diesem Sinne: Ein waches Jahr 2011!

Betr. Die Rede des freien Abgeordneten Bernhard Hafner im Nationalrat.

Hohes Haus,
wir alle müssen sparen, sagt der hochgeschätzte Herr Finanzminister und der ebenfalls hochgeschätzte Herr Bundeskanzler nickt. Aber, ehrlich gesagt, hat jemand Hunger? Nein, hat er nicht.

Ich war unlängst beim Finanzminister eingeladen, er meinte, in der 47. Woche wäre es ihm recht. Also kam ich am Donnerstag unangemeldet. Ich dachte mir, am Freitag gibt’s möglicherweise Schonkost, vor allem, wenn ich mich angemeldet hätte. Donnerstag ist der Tag davor, da muss man sich für den Freitag stärken. Die Prölls hatten mich nicht erwartet, machten aber gute Miene zum hinterhältigen Spiel: Es sei ja genug da, man sei doch kein Hungerleider. Es gab ein ordentliches Stück Beiried – mir wär ja ein Rostbraten lieber gewesen, der ist saftiger. Das Beiried war mürbe, sag ich Ihnen, ein bisschen fad zwar, aber mürbe! So ein Stück Beiried zerging auf der Zunge, wenn man es gegen den Gaumen drückte. Das bin ich gar nicht gewöhnt. Man musste gar nicht kauen, so mürbe war es. Das sagte ich auch. Ja, sagte der Familienmensch wohlgefällig, das kommt von der Schlachtung. Damit man so mürbes Fleisch bekomme, dürfe man das Jungrind nicht wie üblich schlachten. Nein, es müsse händisch erwürgt werden, dann wird das Fleisch so richtig mürbe. Er habe so einen Fleischhauer, der das Fleisch eben nicht haut sondern das Rindvieh erwürgt. Es gab am Ende, nach einer opulenten Nachspeise, von der ich allein schon satt geworden wäre, die ich aber schaffte, da ich wegen des vermeintlichen Sparen müssens zuvor wenig zu essen gehabt hatte und mit Heißhunger gekommen war; also am Ende gab es noch ein Stamperl Zirbenwasser. Für ein Wasser ganz schön scharf, sag ich Ihnen.

Den Bundeskanzler traf ich auf der Straße und erzählte ihm von der Einladung seines Finanzministers. Hätte er als Sozialist, oder sagen wir besser: Sozialdemokrat, nein sagen können? Hätte er nicht. Na, dann kommen‘s doch auch zu mir und meiner Frau, sagte er, nächste Woche? Also kam ich am Donnerstag. Ich fragte den Herrn Bundeskanzler, ob er ein Tischgebet sprechen wolle oder ob wir gemeinsam die Internationale singen sollten. Nein, antwortete er, es gebe Wiener Küche, keine internationale. Es gab Tafelspitz mit gedämpften Kartoffeln. Ich bin etwas voreingenommen gegen Tafelspitz, leider. Einem amerikanischen Kollegen, der mich gefragt hatte, was er denn in Wien Typisches essen solle, habe ich Tafelspitz empfohlen. Am nächsten Tag schaute er aus den Augenwinkeln bedeutungsvoll zu mir und murmelte: no more Tafelspitz. Der Tafelspitz bestätigte mein Vorurteil. Haben Sie, Frau Bundeskanzler – ich sprach sie nicht als Frau Faymann an, ich bin ja auch Österreicher und weiß was sich gehört – die Kartoffeln aus der Kantine geholt? Furchtbar. Ihr Kinn fiel herunter. Der Bundeskanzler war fahl im Gesicht. Mir musste schnell was einfallen. Das gelingt mir berufsbedingt. Also diese Kantine, die muss ich für drei Hauben vorschlagen! Alles wieder in Butter, die Frau Bundeskanzler wiegte sich besänftigt im Lob, ihr Gatte hat seine Farbe wieder gewonnen. Trotzdem, die Konversation stockte. Es gab kein Zirbenwasser mehr.

Zwei Wochen hatte ich mich also in der Krise über Wasser gehalten und ich musste proaktiv bleiben. Das nächstemal aß ich bei der Frau Innenminister. Sie empfing mich in Hosen mit geplagtem Gesichtsausdruck. Der Nissl, die Presse, flüsterte sie vor sich hin, sozusagen als Entschuldigung, als sie meinen teilnahmsvollen Blick gesehen hatte. Ich legte kurz vorsichtig meine Hand auf ihren Arm. Wir sprachen dann so vertraulich miteinander, dass ich das Essen ganz vergessen habe. Sie ist gar nicht so bissig, wie sie hingestellt wird, echt nicht.

Dafür erinnere ich mich an das Essen bei Ministerin Beatrix Karl. Da hätte ich gleich daheim essen können, ich meine, von der Menge her. Es gab geräucherte Forelle aus dem Salzkammergut mit einem Stämmchen Dille, eine Zitronenscheibe und zwei Scheiben von aus Florenz eingeflogenem Toskanabrot. Das Essen war wegen der Transportkosten teuer, dafür war die Menge klein. So mach ich‘s auch: Ich kauf immer gleich teuer ein, nur kauf ich eben weniger. Sie wurde wohl satt, ich nicht, was ich aber nicht sagte. Gott sei Dank gibt’s vorm Haus einen Würstelstand.

Das Essen beim Sozialminister werde ich nie vergessen. Wir waren nicht unter uns, es aßen mehrere Gäste und Hunde mit und alle reichlich. Zwei der Gäste waren Hacklerpensionisten, ehemalige Bankangestellte, eine Frau und ein Mann, die nach der Handelsschule – keine Hauptschule, bitte! – in die BA-CA eingetreten waren. 16 Monatsgehälter, wochenlang Urlaub, 35 Jahre lang. Sie mit 52, er mit 53 Mitglied des CHP, des Clubs der bestbezahlten Arbeitnehmerpensionisten. Warum die eingeladen waren, weiß ich nicht, aber jeder von ihnen hatte einen Geschenkkorb mitgebracht. Vielleicht war das Essen von heute aus dem Inhalt der Körbe von gestern zubereitet.

Eines kann ich Ihnen sagen, Hunger habe ich bei keinem kennengelernt, die Wirtschaftskrise auch nicht. Und sparen mussten sie alle nicht. Wovon reden wir hier denn? Wir reden doch nicht über eine nicht wirklich vorhandene Wirtschaftskrise. Wir reden von notwendigen Reformen des Auswuchses des Sozialstaates. Arbeit muss sich wieder lohnen. Es gilt die Tüchtigen zu fördern, nicht die Bedürftigen. Nur mit Wirtschaftswachstum kommen wir auch aus einer nicht existenten, aber möglichen Krise heraus. Wer seine Kinder nicht entsprechend versorgen kann, sollte das vorher bedenken! Wir können doch nicht für die Menschen auch noch denken, das müssen sie schon selbst tun. Wir wollen doch nicht, wie Amerikaner sagen, ein Nanny-Staat sein! Und bedenken Sie: Das Sparen der Wohlhabenden schadet dem Konsum. Das Sparen der Armen schadet dem Konsum nicht, denn die können gar nicht m e h r sparen. Also, schont die Wohlhabenden und ihr tut was für die Wirtschaft. Danke!
BERNHARD HAFNER

Bernhard Hafner ist in Graz als freischaffender Architekt und Autor tätig.

Verfasser/in:
Redaktion GAT Graz Architektur Täglich
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16. + 17.11.2023
 
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