04/03/2015

Ganztägige Schulformen und differenzierte Unterrichtsgestaltung bringen auch eine neue Sensibilisierung gegenüber Mängeln, die räumliche Situation in Schulen betreffend, mit sich. Dies spiegelte sich auch in den Einreichungen für RaumGestalten 2015 wider.

Die 12 ausgewählten Projekte werden im Burgenland, in Salzburg, der Steiermark, Tirol und Wien umgesetzt. 

04/03/2015

Das Projekt „gemeinsam Wurzeln“ soll durch Planung und Baus von vier Weidentipis Kindern nicht nur Architektur, sondern auch Selbstwirksamkeit vermitteln.

©: SUEDOST

Beim Projekt "feel good – weil miteinander" optimieren Jugendliche den Kindberger Rathausplatz.

©: Machhammer

Beim Projekt "RAUMmitTEILEN" entdecken SchülerInnen der VS Viktor Kaplan, Graz, den öffentlichen Raum. Hier ein Bild des interaktiven Projekts Urban Tetris in Graz, 2011.

©: Living Rooms

Dieser Artikel erscheint im Rahmen des GAT-Fokus "Architektur- und Baukulturvermittlung".

©: Alexander Krischner

Dass Architektur- / Baukulturvermittlungsprojekte derzeit insbesondere von Schulen verstärkt nachgefragt werden, hat mit den aktuellen Veränderungen – speziell im Hinblick auf ganztägige Schulformen und differenzierte Unterrichtsgestaltung – zu tun. Vielerorts passen die alten Schulgebäude nicht mehr zu den neuen Bedürfnissen. Wurde die Schulaula etwa früher lediglich am Morgen und zu Mittag schnell durchschritten, so dient sie heute als „Aufenthaltsort“, wofür sie jedoch nur selten die entsprechenden Raumqualitäten aufweist. Aus der Reformpädagogik kommt die Erkenntnis, dass Räume (neben den Kindern selbst und den Lehrenden) stark das Wohlbefinden und damit das Lernen beeinflussen. Notwendig sind daher Räume, die unterschiedliche Nutzungen zulassen und verschiedene Konfigurationen bieten. Sowohl SchülerInnen als auch PädagogInnen wünschen sich Zonen für Ruhe und „Trubel“ – beide Bedürfnisse werden in den aktuellen Schulen kaum befriedigt. Diese Defizite führen dazu, dass eine verstärkte Sensibilität für Raum und der Wunsch nach Verbesserungen entstehen. Kunst- und Kulturprojekte können hier einen Denkanstoß leisten – Veränderungen müssen jedoch baulich und auf Ebene der Schulerhalter erfolgen. Neue Schulgebäude, aber auch sensibel durchgeführte Sanierungen, in Österreich und im Ausland zeigen, welche Möglichkeiten eine durchdachte Gestaltung bieten kann. Wesentlich ist, dass die entsprechenden Raumprogramme in Kooperation von Planenden und PädagogInnen gemeinsam entwickelt und auf die jeweiligen Erfordernisse abgestimmt werden. Damit können Gebäude entstehen, die für die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen bestmögliche Voraussetzungen bieten. 
(Barbara Feller: Der Raum als 3. Pädagoge, 2015)

Die neue Sensibilisierung gegenüber Mängeln die räumliche Situation in Schulen betreffend äußerte sich auch in den Einreichungen für RaumGestalten, Projektreihe von KulturKontakt Austria, der Architekturstiftung Österreich, den Architektenkammern und dem Institut für Schul- und Sportstättenbau. Es habe sehr viele Einreichungen gegeben, die von einem konkreten Missstand an der jeweiligen Schule bestimmt waren, z.B. von einer Aula oder einem Schulhof ohne Aufenthaltsqualität, so Barbara Feller, KulturKontakt Austria. Die ausgewählten Projekte werden mit je maximal 2.000 Euro unterstützt. Das ist für ein Schulprojekt zwar recht ansehnlich, jedoch für eine erfolgversprechende Durchführung mancher Einreichungen zu wenig. Problematisch ist jedoch, dass es derzeit keine anderen Adressaten für diese Art von Einreichungen gibt und sie somit durch den Förderrost fallen. 
Die Jury (Mag. Ulrike Giessner-Bogner, KulturKontakt Austria; Dr. Anna Pritz, Akademie der bildenden Künste Wien; DI Brigitte Rabl, Österreichisches Institut für Schul- und Sportstättenbau; Arch. DI Markus Taxer, Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, NÖ und Bgld; Arch. DI Karlheinz Winkler, Graz) hatte die herausfordernde Aufgabe, aus den 46 Einreichungen 12 RaumGestalten-Projekte für dieses Schuljahr auszuwählen. Diese sind:

Architektur3 – Einblicke – Eindrücke – Erfahrungen
Schule: BRG Oberpullendorf "Franz Liszt"
Expertise: DI Dr. Daniela Filipovits-Flasch, DI Martin Mostböck
Schultyp: AHS
Bundesland: Burgenland 

UNBUILT REALITY
Schule: Wirtschaftskundliches BRG, Salzburg
Expertise: Initiative Architektur Salzburg
Schultyp: AHS
Bundesland: Salzburg

feel good – weil miteinander
Schule: NMS J.E. Schmölzer, Kindberg
Expertise: DI Margit Schwarz
Schultyp: NMS
Bundesland: Steiermark

gemeinsam Wurzeln schlagen
Schule: VS Brockmannschule, Graz
Expertise: Mag. Maria Nievoll, DI Burkhard Schelischansky
Schultyp: Volksschule
Bundesland: Steiermark

RAUMmitTEILEN
Schule: VS Viktor Kaplan, Graz
Expertise: DI Martin Brischnik, DI Franziska Schruth, Mag. Daniela Zeschko
Schultyp: Volksschule
Bundesland: Steiermark

Die Vermessung der Welt – das Maß der Dinge, die wirklich zählen
Schule: Neue Mittelschule Rum
Expertise: DI Inés Aubert, DI Markus Blösl, DI Rubén Jórdan
Schultyp: NMS
Bundesland: Tirol

INSIDE OUT
Schule: BRG Innsbruck Sillgasse
Expertise: Agatha Hauser, Katharina Treml
Schultyp: AHS
Bundesland: Tirol

Atlas unsichtbare Räume
Schule: BRG 15, Wien
Expertise: DI Antje Lehn, Johanna Reiner, Mag. Elke Rauth
Schultyp: AHS
Bundesland: Wien

bewegter Raum
Schule: GTVS Vereinsgasse, Wien
Expertise: DI Nikolaus Westhausser, DI Valerie W. Aschauer
Schultyp: Volksschule
Bundesland: Wien

Modif y our area
Schule: Vienna Business School
Expertise: Mag. Melika Ramic, Vanessa Eder-Messutat, Eva-Maria Schwenkel, Hannah König, Daniela Kerck
Schultyp: BHS
Bundesland: Wien

Urban Expansion City Kit Vienna
Schule: BRG Wien 21
Expertise: DI Philip Krassnitzer, SWAP Architekten
Schultyp: AHS
Bundesland: Wien

Zugwagon – Raumressource
Schule: BRG Boerhaavegasse, Wien
Expertise: Leonie Spitzer, BA
Schultyp: AHS
Bundesland: Wien

feel good – weil miteinander
SchülerInnen der 2. Klasse der NMS J.E. Schmölzer, Kindberg, sind unter der Leitung von  Margit Schwarz, RAUMlabor, Kindberg, und Michaela Felderer, NMS J.E. Schmölzer, eingeladen, den Kindberger Rathausplatz unter die Lupe zu nehmen und zu gestalten. Als erstes wird der Rathausplatz, sein IST-Zustand und Potenziale untersucht und ein Arbeitsmodell gebaut. Die Jugendliche betrachten die Stadt, das Zentrum, den Platz und seine Zusammenhänge, Bausubstanz, Größenverhältnisse, Lichtbedingungen, Menschenströme, Sichtverbindungen, Durchblicke, Rhythmen, Ruhebereiche etc. Sie befragen Passanten über deren Gewohnheiten und Wünsche für den städtischen Raum. In Folge werden mobile Elemente entworfen, die dem Miteinander zu verschiedenen Gelegenheiten als Ruhe- oder Aktions- und Kommunikationsbereich für unterschiedliche Beteiligte (Punks und Banker, Jugendliche und SeniorInnen, MigrantInnen, Erwachsene mit Kindern etc.) dienen. Die Jugendlichen sollen ihre Kreationen mit etwas Unterstützung selber anfertigen können. Bepflanzung und Bespielen des Platzes runden das Konzept ab. 
Das Projekt läuft bereits; beim Frühlingsfest im April werden die Ergebnisse präsentiert. 

gemeinsam Wurzeln schlagen
Mit ihrem Projekt gemeinsam Wurzeln schlagen sind heuer auch Maria Nievoll und Burkhard Schelischansky vom Büro SuedOst ausgewählt worden, an der Projektreihe RaumGestalten teilzunehmen. Das Projekt wird mit der Direktorin Maria Rossegger und der Lehrerin Saskia Hödl der VS Brockmann umgesetzt. Anhand der Planung und des Baus von vier Weidentipis soll den Kindern nicht nur Architektur, sondern auch Selbstwirksamkeit vermittelt werden. In der Vorbereitungsphase werden mit vier Volksschulklassen die Themen „Schutz“ und „Verwurzelung“ anhand von Bildern typischer Häuser aus den verschiedenen Herkunftsländern der Kinder bzw. ihrer Eltern thematisiert. In der zweiten Einheit werden Weiden als Baumaterial sowie die Planung der Weidentipis besprochen. Aus Weidenzweigen werden gemeinsam Weidentipi-Modelle gebastelt. In der dritten Einheit werden unter Mithilfe der Schülerinnen und Schüler die Weidentipis im Schulhof der Volksschule gebaut. Die Tipis symbolisieren die eingangs genannten Themen „Schutz“ und „Verwurzelung“ und erlauben es den Kindern gemeinsam Wurzeln zu schlagen.

RAUMmitTEILEN 
Kinder nutzen und erleben in unserer Gesellschaft täglich öffentliche Räume. Auf dem Weg in die Schule, beim Einkaufen, beim Spielen im Park, beim Überqueren von Plätzen, beim Museumsbesuch, im Schwimmbad, ... Aber ist Kindern klar, was der Begriff öffentlicher Raum bedeutet? Wer nutzt öffentliche Räume? Welchen Bedürfnissen haben sie nachzukommen? Welche Ansprüche haben verschiedene NutzInnen? Gibt es Räume, die wir gemeinsam nutzen können, ohne diese gleich zu zerteilen und aus welchen Teilen besteht z. B. ein Platz? Wie können wir so teilen, dass wir alle mehr davon haben? Was müssen wir dabei beachten? Die Frage nach dem Wo, für Wen, Warum und Wie kann von Kindern in puncto öffentlicher Raum nur schwer nachvollzogen werden. 
Bei dem Projekt RAUMmitTEILEN gehen Kinder gemeinsam mit den ProjektleiterInnen auf Entdeckungsreise, um den öffentlichen Raum zu erkunden, analysieren und zu hinterfragen. Fragen hinsichtlich innovativer Ansätze zur gemeinsamen Nutzung werden gestellt und bearbeitet. Der reine Erkenntnisgewinn steht dabei nicht im Vordergrund. Es geht darum, dass die Kinder eine sinnlich-räumliche Erfahrung machen können und auch daraufhin sensibilisiert werden, welche Bedürfnisse verschiedene NutzInnengruppen haben und wie man mit diesen umgehen kann. 



Die Projektreihe RaumGestalten entstand 1998 als Kooperation von KulturKontakt Austria (damals: öks – Österreichischer Kultur-Service) und der Architekturstiftung Österreich. In der Zwischenzeit wird sie auch von der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland sowie Steiermark und Kärnten und dem Österreichischen Institut für Schul- und Sportstättenbau unterstützt und ermöglicht/e die Erarbeitung von Semesterprojekten in enger Kooperation von SchülerInnen, ArchitektInnen und LehrerInnen zu unterschiedlichen Aspekten von Architektur und Raumgestaltung. 
Die Auswahl der Projekte erfolgt in Form eines Wettbewerbs, bei dem Projektkonzepte – für alle Schulstufen und Schultypen – eingereicht werden. Die inhaltliche und methodische Zugangsweise ist breit gestreut: Sinnliche Wahrnehmung, das Erkennen von Raumwirkungen am eigenen Körper und lustvolles Experimentieren stehen dabei gleichberechtigt neben dem Erwerb von Kenntnissen und dem Kennenlernen unterschiedlicher Architekturen. Ein Fachjury wählt jene Projekte aus, deren Umsetzung finanziell und methodisch (mit gemeinsamen Start- und Abschlussworkshops) unterstützt wird.

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