26/02/2014

Haus für Musiker
am Gelände der ehemaligen NATO-Raketenstation Hombroich, NRW

Architektur: Raimund Abraham
Grundsteinlegung: 2006
Bauherr: Karl Heinz-Müller-Stiftung Insel Hombroich
Standort: D-41472 Neuss
Fertigstellung: 12/2013

Wenige Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges kaufte Karl-Heinrich Müller, Kunstsammler, Mäzen und Gründer von Museum Insel Hombroich die Raketenstation. Er legte den Grundstein für die kulturelle Entwicklung des ehemaligen Nato-Geländes zu einem Ort der Kunst Wissenschaft und Natur. Die Kultur in NRW erhielt hier ein interdisziplinäres Experimentierfeld.

In der GAT-Reihe architektur> werden Bauwerke innerhalb und außerhalb Österreichs veröffentlicht, die an der Schnittstelle von Architektur und Kunst einzuordnen sind. Bei der Kuratierung werden Projekte von AkteurInnen bzw. ProtagonistInnen mit Bezug zur Steiermark bevorzugt.

26/02/2014

Raimund Abrahams „Haus für Musiker“

Architektur: Raimund Abraham©: Stiftung Insel Hombroich

Raimund Abrahams „Haus für Musiker“

©: Stiftung Insel Hombroich

Raimund Abrahams „Haus für Musiker“

©: Stiftung Insel Hombroich

Raimund Abrahams „Haus für Musiker“

©: Stiftung Insel Hombroich

Luftbild Raketenstation Hombroich

©: Stiftung Insel Hombroich

Karte des Kulturraums Hombroich

©: Stiftung Insel Hombroich

Raimund Abraham, letztes Foto

©: Archiv Eugen Gross

Das nach Plänen des Architekten Raimund Abraham ab 2006 errichtete „Haus für Musiker“ am Gelände der ehemaligen NATO-Raketenstation Hombroich nordwestlich von Neuss in NRW, wurde nun nach Unterbrechungen fertiggestellt, wartet aber noch auf seine endgültige Nutzungsbestimmung.

Der Kunstsammler Karl-Heinrich Müller hatte die Vision, auf dem ehemaligen Militärgelände einen Landschaftspark zur Ansiedlung von Künstlern, Dichtern, Komponisten und Wissenschaftlern, die dort leben und arbeiten können, zu verwirklichen. Seit 1984 entsteht nach seinen Ideen im Rahmen des Projekts Kulturraum Hombroich auf der Raketenstation Hombroich ein Ort der Begegnung und des kulturellen Austausches, an dem bislang verschiedene Bauten, u.a. von Tadao Ando, Álvaro Siza, Katsuhito Nishikawa und Erwin Heerich und eben zuletzt von Raimund Abraham errichtet wurden.
 
Dank detaillierter Ausführungspläne des Architekten mit Grazer Wurzeln, Raimund Abraham, konnten nun auch dessen Ideen vollendet werden. Wie von ihm vorgesehen, wurden Teile des Betonbaus mit Fassaden und Fenstern aus Lärchenholz eingekleidet. Der grundlegende Entwurf dazu wurde erstmals auf der Architektur-Biennale Venedig 1996 vorgestellt, wo er dem Bildhauer Erwin Heerich wegen seiner skulpturalen Form auffiel. Auf Einladung des Stifters Karl-Heinrich Müller besuchte Raimund Abraham die Raketenstation Hombroich. Abraham war begeistert und passte seine Pläne an den Ort an, indem er sein Gebäude in Bezug zum Standort und dessen ehemaliger Nutzung setzte. 2006 wurde mit dem Bau begonnen.
 
Anlässlich der Grundsteinlegung 2006 erzählte Raimund Abraham: „Vor elf Jahren gab es einen ersten Kontakt mit Müller und der Insel. Ich fühlte mich wie ein Stierkämpfer in der Arena ohne Stier. Aus einer Hoffnung wurde nun Realität. Lobenswert ein Bauherr, der nicht nur umsetzt, sondern auch Mut zum Außergewöhnlichen hat. Das Konzept der Raketenstation hat Müller zum Revolutionär gemacht. Ich habe das Bauwerk erfunden und nicht entwickelt. Das Bauwerk ist kein Gebäude, sondern eine Stadt für vier Bewohner. Die Grundidee für das Bauwerk wird bestimmt durch ein gleichseitiges Dreieck. Dreieck und Kreis bilden den Mittelpunkt. Wenn Architektur sich der Skulptur nähert, ist das Kunst.“
 
Eine kreisförmige, schräge Betonscheibe mit einem Durchmesser von 33 Metern prägt das Bauwerk. Sie scheint zu schweben, trotz ihrer Wucht und einem Gewicht von 1.500 Tonnen. Die Scheibe neigt sich in einem Winkel von 15 Grad, in ihrer Mitte sparte Abraham ein gleichseitiges Dreieck mit Seitenlängen von jeweils 17 Metern aus, deren Spitze er exakt auf den Turm ausrichtete, der noch als Relikt der NATO auf der Raketenstation steht. Vier zweigeschossige Übungsräume, ein Studioraum, ein großer Gemeinschaftsbereich, vier Wohneinheiten, ein Bibliotheksraum, der Innenhof sowie eine unterirdische Arena bieten Raum für vielfältige Nutzungskonzepte.
 
Ein Wettbewerb der Ideen ist nun im Gange und wird entscheiden, wie das Gebäude in Zukunft genutzt werden soll. Dass dort, wie vor acht Jahren geplant, Musiker arbeiten und wohnen werden, ist also noch nicht fix.
 
Raimund Abraham (1933-2010)
Architekturstudium an der Technischen Universität in Graz. Lebte und arbeitete seit 1964 in den USA. Seit 1971 Professor für Architektur an der Cooper Union und am Pratt Institute in New York. Als Exponent der Wiener Avantgarde der frühen 1960er Jahre wurden seine Arbeiten zusammen mit denen von Hans Hollein und Walter Pichler bereits 1967 im Museum of Modern Art, New York ausgestellt.
Abraham baute u.a. in Berlin (IBA-Wohn- und Geschäftshaus, 1985), in Wien (Siedlung Traviatagasse, 1991) in Graz (Wohnhaus, 1993), in Lienz (Hypobank, 1998) und in New York (Anthology Film Archives, 1989 und das Austrian Cultural Forum, 2002). Zuletzt plante er sein eigenes Haus in Mexiko sowie ein „Haus für Musiker“ im Rahmen des Projekts Museumsinsel Hombroich.
Raimund Abraham starb am 4. März 2010 bei einem Autounfall in Los Angeles.

"Ich werde", sagt Dietmar Steiner, Direktor des Architekturzentrums Wien, "die Botschaft von Raimund Abraham niemals vergessen: Jeder Bau verletzt die Erde. Jeder Architekt hat deshalb die Verantwortung, dass diese aufgeladene Schuld der Verletzung der gegebenen Erde nur durch eine kulturelle und künstlerische Verbesserung versöhnt werden kann." (Zitat aus DER STANDARD/Printausgabe, 07.03.2010)

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