16/09/2014

Privatissimum vom Grilj

Jeden 3. Dienstag im Monat

Mathias Grilj (* Kamnik, SLO) lebt als freier Journalist und Schriftsteller in Graz.

16/09/2014
©: Mathias Grilj

Lauthals gegen diese stille Einkehr

Hej brigade, hitite!
Slowenisches Partisanenlied

Großer Gott, wir loben Dich,
Herr, wir preisen Deine Stärke.
Vor Dir neigt die Erde sich
und bewundert Deine Werke.
Ignaz Franz

Der Mensch ist das Tier, dem
man die Lage erklären muss.
Peter Sloterdijk

Und erschlagt sie,
(die Ungläubigen)
wo immer ihr auf sie stößt.
Koran, Sure 2, Vers 191

Als gebürtiger Slowene muss ich mir solchen Spott gefallen lassen: "Sobald ein Maulwurf seinen Haufen aufgeworden hat, ist der Slowene, dieser erzkatholische Kerzenschlecker, schon da und setzt flugs eine Kapelle drauf."

Inzwischen habe ich aber meinen Meister gefunden. Einen? Einen ganzen Verein! Nämlich den "Verein Schöcklkapelle". Der will es nun so ähnlich halten wie wir Slowenen, nur begreift er einige theologische Finessen nicht. In der Zeitung wird er so zitiert: "Wir wollen einen Ort schaffen, der eine neue Gelegenheit zur Besinnung und zur stillen Einkehr bietet."

Wo? In einem Kriegsgebiet? Neben einer slowenischen Flughafenpiste? Im Bezirk Graz-Lend? Nein, am Schöckl oben, auf der grünen Wiese.

Sind diese Vereinsmeier von allen guten Geistern verlassen? Wo gäbe es denn mehr "Gelegenheit zur Besinnung und zur stillen Einkehr" als in der heiligen Natur, wie sie wörtlich bei Hölderlin steht?

Eine Kapelle, ein Marterl oder einen Dom baut man seit jeher ad maiorem Dei gloriam. Dann zur Erinnerung an den Umstand, dass alles sehr kompliziert ist und an shit happens. Die errichtet man an Stätten von Unfällen, Siegen oder wundersamen Begebenheiten. Ferner bauen wir sie als quasimilitante Markierungen - wie es Hunde mit dem Beinheben auch tun. Sowie als Stätte zum Zelebrieren jener Liturgie, die einem heilig ist.

Aber als Wellness-Oasen? Und das alles mitten in der schöcklstillen Natur, wo sich - theologisch gesagt - Gottes/Allahs/Jahwes/Manitous/Etcs Größe unentwegt in jeder Distel, jedem Käfer, jedem Baumblatt und jedem Tautropfen erweist. In die freie Natur einen Raum zur Meditation setzen erscheint mir wie: in der Tierkörperverwertung Stinkbomben schmeißen. Euer Anspruch, liebe Vereinsmeier, scheint sogar mir geradezu blasphemisch. Und wenn ich Papst wäre, wogegen meine Frau garantiert Einspruch erhöbe, dann würde ich euch stante pede exkommunizieren. Und in die Wüste schicken. Auch eine Gegend "für Besinnung und stille Einkehr". Zudem bekanntlich der sandreiche Quell mindestens dreier Religionen.

PS: Wenn die Katholiken so weitermachen, zwischen Wellness und Sozialarbeiterschaft, werde ich womöglich ein noch schärferer Fundi als Joseph Aloisius Ratzinger, der bayrische papa emeritus. Dafür - Ironie der Geschichte - war mein Papa kommunistischer Kommissar und mein Onkel – bis er Meidi kennengelernt hat – Jesuit. Beste Voraussetzungen also für Erbarmungslosigkeit und unbeirrbare Besserwisserei. Als Hoffnung bleibt dann nur die eine Frau am Horizont.

PPS: Beim Kapellenbau kommen nebbich auch die Markierungen durch Minarette in den Sinn. "Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten." So hat Recep Tayyip Erdogan vor allen Leuten feurig Lyrik rezitiert, 1997, ausgerechnet am Krampustag, Allah hat folglich einen gewissen ökumenischen Witz.

PPPS: In der Ukraine durfte mein Sohn bei der Taufe des eigenen Kindes in der Kirche nicht zugegen sein. Er ist nicht orthodox. Eine geistliche Schwester fragte, was dieser Ausländer draußen denn überhaupt für einer sei. "Er ist Atheist." – "Naja, immerhin besser als katholisch."

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