02/10/2013

Forum Stadtpark Graz
ein Donnerstag im Monat ist für Themen der Architektur reserviert:
Architektur in Serie | Diskurs
im Saloon

Der Diskurs am 19.09.2013 wurde von Forum Stadtpark und dem Verein ZOOM initiiert und von realitylab durchgeführt

02/10/2013

Architektur in Serie | Diskurs im Forum Stadtpark: Expertenrunde v.l.: Architektin Anderl, Mag.arch. Temel, Architekt Rieß, DI Posch, Architekt Zilker und Baugruppen-Akteure. Moderation: Petra Hendrich, realitylab Wien (am Podium)

©: Oskar Ott

Architektur in Serie | Diskurs im Forum Stadtpark: 19.09.2013 mit dem Verein ZOOM und realitylab zum Thema Baugruppen. Moderation: Petra Hendrich, realitylab Wien (am Podium)

©: Claudia Gerhäusser

Architektur in Serie | Diskurs im Forum Stadtpark: 19.09.2013 mit dem Verein ZOOM und realitylab zum Thema Baugruppen. Moderation: Petra Hendrich, realitylab Wien (am Podium)

©: Oskar Ott

Architektur in Serie | Diskurs im Forum Stadtpark: Referat von Architekt Zilker, Wien

©: Oskar Ott

Architektur in Serie | Diskurs im Forum Stadtpark: 19.09.2013 mit dem Verein ZOOM und realitylab zum Thema Baugruppen.

©: FORUM STADTPARK

Aha-Erlebnisse im Partizipationsland Steiermark

Architektur in Serie: mit ZOOM und realitylab im Forum Stadtpark Graz
Gemeinsam Bauen und Wohnen in der Steiermark

Jeweils ein Donnerstag im Monat ist im FORUM STADTPARK für Themen der Architektur reserviert. Im Rahmen von Architektur in Serie geht es, von abstrakt bis konkret, im weitesten Sinne um Raum und dessen Produktion. Die Veranstaltung richtet sich immer auch an diejenigen, die sich an Diskurs und Produktion beteiligen wollen und dazu keine vorgegebenen Ergebnisse brauchen. Die Initiatoren von Architektur in Serie sprechen in diesem Zusammenhang gerne „vom Arbeiten an den Prozessen und Nebengeräuschen der Architektur“.

Mit dem Verein ZOOM und der Agentur reality.lab waren am 19. September 2013 Gäste geladen, die diese Selbstbeteiligung nicht nur für einen Abend einfordern. Unter dem Titel Gemeinsam Bauen und Wohnen in der Steiermark sollte ein Werkstattgespräch entstehen, auch um eine Plattform potentieller Baugruppen in Graz (und Umgebung) zu bilden und Beteiligte des Realisierungsprozesses von Baugruppen an einen Tisch bringen.
So sind als Gesprächsteilnehmer u.a. Bernhard Inninger, Leiter des Stadtplanungsamts und Vertreter der Stadt Graz, Klaus Jeschek und Markus Zilker als Architekten, sowie die Baugruppe Kumpanei als Akteure eines alternativen Wohn- und Lebensmodells zusammengekommen.

Methodisch versiert wurde der Abend bestritten. Impulsreferate zu Beginn gaben einen Einblick in bereits bestehende Projekte. Zudem wurde sichtbar, dass eine gewisse Komplexität hinter dem Begriff der Baugruppe steht. Neben der Suche nach passendem Baugrund spielen die Wahl der angemessenen Rechtsform, die Eigentumsfrage, finanzielle Modelle und unterschiedlichste Wohnvorstellungen zentrale Rollen im Themenfeld gemeinschaftlichen Bauens. Der Diskurs begann mit dem Sammeln geeigneter Fragestellungen, die mit Unterstützung der Moderatorin Petra Hendrich (realitylab) auf Antworten abgetastet und mit Formulierungen sogenannter Aha-Gedanken, also den Erkenntnissen des Abends, beschlossen wurden.

Die Steiermark ist seit den 1960er-Jahren Partizipationsland und mit Bauten der Architekten Eilfried Huth oder Fritz Matzinger gibt es umgesetzte Projekte, die den Grundgedanken des gemeinschaftlichen Wohnens architektonisch umfassen.

Gebaute Orte der Selbstbestimmung und des Vertrauens in die Gruppe? Diese Eigenschaften erwähnte Robert Temel, Mitbegründer der Initiative Gemeinsam Bauen und Wohnen in Wien, als über den Charakter von Baugruppen gesprochen wurde. Zudem formulierte er ein Versprechen der Nachhaltigkeit von Baugruppen, die sich auch auf der Ebene der Stadt und der Quartiere zeigen könnte, lassen sich doch Nachbarschaftsräume, Gemeinschaftsküchen und Quartiersmanagement teils in Baugruppen integrieren.

Die wesentlichen Inhalte des ausführlichen Werkstattgesprächs lassen sich in zwei Punkten darstellen. Zum einen steht der Versuch, vonseiten der aktuellen Baugruppen in der Steiermark noch einmal zu verdeutlichen, dass kein Eigentum für den Einzelnen gewünscht ist, sich also hinter den Projekten ein radikal anderes gesellschaftliches Bild zeigt als die Öffentlichkeit im Allgemeinen annimmt. Zum anderen stellte sich immer wieder die Frage, warum die Situation in Graz kaum mehr Baugruppen hervorbringt und was daran zu ändern wäre, um ein baugruppenfreundlicheres Klima zu schaffen. Könnte eine soziale Stadtentwicklung hier unterstützend wirken?

In diesem Zusammenhang wurde im Diskurs der leise Vorwurf an die ArchitektInnen formuliert, sie würden sich „...immer noch mehr als Künstler, denn als Prozessgestalter begreifen...“, die eigenen Interessen also zu sehr in den Vordergrund stellen anstatt die Baugruppen in ihrer Arbeit zu begleiten oder anzuleiten. So gesehen muss man als ArchitektIn ein solches Baugruppenprojekt wirklich wollen, zeichnet sich der Prozess laut Robert Temel doch meist durch „lange Projektdauer, viel Arbeit für alle und ein hohes Konfliktrisiko“ aus.

Konflikte gab es an dem Abend selbst erstaunlich wenige. Das ist dem vorgegebenen Diskursformat zu danken, wie auch der Homogenität in der Haltung der Beteiligten, die das Modell Baugruppe geschlossen als eine zukunftsfähige Alternative zum herkömmlichen Wohnungsbau betrachten.

In der Stadt Graz sieht man das ansatzweise ähnlich, lässt die Aussage von Bernhard Inninger vermuten, der betonte, dass es wichtig sei, im am stärksten wachsenden Raum von Österreich zu wissen, was Baugruppenprojekte der Stadt bringen. „Ein klarer Auftrag kommt vom Bürgermeister, diese Formate zu stützen“, so Inninger, der immer wieder die Frage in den Raum stellte, wie Kommunen Baugruppen entgegenkommen könnten. Dazu verwies er auf eine nicht veröffentlichte Studie der Arge W:A:B im Auftrag der Stadt Graz. „Schade nur“, so Inninger, „dass die Taschen der Stadt leer sind.“

Warum in Graz und in der Steiermark so wenig möglich ist, lässt sich teils an fehlender Förderung bzw. mangelnden Ideen zur ausreichenden Finanzierung festmachen, aber auch daran, dass Graz dringlichere Probleme zu lösen hat, wie beispielsweise den Mangel an Gemeindewohnungen.

Querdenken und alternative Szenarien entwickeln wird hier vonnöten sein, auch für die einzelnen Baugruppen. Könnten Baugruppen nicht auch bestehenden Leerstand aktivieren? Könnte man nicht mit Institutionen wie der Kirche ins Gespräch über eine Nutzung von brachliegenden Liegenschaften kommen? Könnte ein Baugruppenprojekt nicht auch Café und Stadtteilzentrum werden und als Software mit Gemeinschaftsküche als Drehscheibe für ein ganzes Quartier funktionieren? Könnten in ein Baugruppenprojekt nicht auch Projekte wie Wohnen im Alter oder Mehr-Generationen-Modelle einfließen, Wohnheime als Trägermodelle entwickelt werden?

Das Werkstattgespräch hat etliche solcher Fragen aufgeworfen. Für alle, die sich intensiv mit dem Modell Baugruppe beschäftigen, ein großer Gewinn. Jetzt bleibt zu hoffen, dass weitere InteressentInnen für Projekte gefunden werden und dass diese Veranstaltung das Thema des gemeinschaftlichen Bauens auch den Nicht-Baugruppen-Spezialisten näher bringen konnte.

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