19/12/2013

Maßnahmen zur Rettung der Welt _ Teil 4
bis 28.02.2014 bei

Zentrum für zeitgenössische Kunst
Volksgartenstraße 6a, Graz

19/12/2013

HeHe, Radeau de Sauvetage, 2013

Marjetica Potrč, aus der Serie "The Rural Connection", 2012. Courtesy: Galerie Nordenhake, Berlin/Stockholm

©: Wenzel Mraček

Klaus Schafler, Hacking the Future and the Planet, 2013

Auf die Frage, ob sich nach drei Versuchen, die Welt zu retten – also nach drei Ausstellungen bildender Kunst unter diesem Titel –, schon Ergebnisse abzeichneten, antwortet Kurator Anton Lederer etwas zurückhaltend. Es sei, bei genauer Untersuchung aktueller Tendenzen, vielleicht doch eine Frage der Auslegung, ob in einer Folge von künstlerischem Anstoß durch Ideen, die im Kunstverein präsentiert wurden, und etwaigen positiven Entwicklungen in der Welt, diese nun direkt auf das -Programm zurückzuführen seien. Aufgegeben wird jedenfalls nicht und nach dem rezenten Versuch Nummer IV wird im nächsten Jahr auch ein fünfter Anlauf gestartet.

Wenn in den bisherigen Ausstellungen von Maßnahmen zur Rettung der Welt immer wieder Objekte, Maschinen vielleicht, vorgeführt wurden, die an Panamarenkos gleichermaßen poetische wie absurde, Wollen und physikalische Bedingungen im Konflikt zeigende Objekte denken lassen, so findet man auch in der rezenten Schau Vergleichbares. Ein Rettungsfloß, Radeau de sauvetage, der in Paris lebenden Helen Evans und Heiko Hansen nimmt den ersten Raum ein. Die unter dem Namen HeHe firmierenden Künstler haben ein Schienenfahrzeug mit Segel konstruiert, in Videos bewegen sie sich damit auf einem aufgelassenen Geleissystem an der Pariser Peripherie.
Naheliegend sind die Assoziationen zu Géricaults Floß der Medusa, jenem sinnbildlichen Gemälde infolge des Untergangs der französischen Fregatte Medusa im Jahr 1816. Nur sechs Rettungsboote standen für 400 Mann Besatzung zur Verfügung, weshalb ein Floß aus den Schiffsteilen gebaut wurde, das 149 Menschen aufnehmen sollte. Das Floß erwies sich als fahruntauglich und nur wenige überlebten die Havarie.

Die in Ljubljana lebende Marjetica Potrč bedient sich grafisch malerischer Methoden, mit denen sie Ergebnisse ihrer ortsverbundenen Forschungen um ländliches Wissen umsetzt. In den vergangenen zehn Jahren führten Recherchen unter anderem nach Caracas, Amazonien, Amsterdam und Bordeaux, aus denen Ideen etwa für eine windbetriebene Balkonturbine, Trockentoiletten oder Anlagen für die Aufbereitung von Regenwasser entstanden. Im Kunstverein sind nun aquarellierte Konklusionen dieser Arbeiten zu sehen, lyrische, gezeichnete Erzählungen von der Wissensübertragung zwischen Stadt und Land.

Anna Witt hat Passanten in einem Wiener Einkaufszentrum gebeten, jeweils einen „Radikalen Gedanken“ zu äußern. Während des Nachdenkens wurden diese Menschen gefilmt und sind, wortlos, auf einem Video zu sehen, während in einer Projektion die anonymisierten Äußerungen als Lauftext zu lesen sind.

Drei verschiedene Objekte nennt das Grazer Duo zweintopf objects saying something about nothing. Hier in den Zusammenhang um Vorschläge zur Weltrettung gestellt, handelt es sich eher um Übertragungen vorgeblich realer Analysekompetenz, die bei zweintopf als schematische Gesten bloßgestellt erscheinen: Vor blauem, also keinem Hintergrund agieren zwei Personen wie Wettermoderatoren beziehungsweise fressen zwei Aktenschredder auf Podesten ein durchgehendes Papierband von beiden Seiten auf. Zu Ende der Ausstellung sollte der eine den anderen von seinem Sockel reißen.

Vom eigentlich nicht zu beurteilenden Status quo eines Kollektivunternehmens im heutigen Südwestserbien und damaligen Teil Jugoslawiens handelt die Konstruierte Landschaft von Dušica Dražić. In der Zeit zwischen 1973 bis 1988 wurden mittels staatlich organisierter Arbeit Freiwilliger über 150.000 Hektar eines Karstplateaus aufgeforstet. Eine dokumentarische Collage aus Fotos, Video und Pflanzeninstallation zeigt den historischen und gegenwärtigen Waldbestand dieses Gebiets, das aufgrund neuer politischer Umstände nicht verwaltet wird und gewissermaßen zur inoffiziellen Almende für die Bevölkerung mutiert ist.

Der Steirer Klaus Schafler betreibt seit einigen Jahren ein Recherche- und Versuchsprojekt unter dem Titel Hacking the Future and Planet. In den Untersuchungen um Auswirkungen unserer Zivilisationen auf Umwelt und Klima legt er seinen Arbeitsschwerpunkt auf verschiedenste Formen des Geoengineerings, an verschiedenen Orten der Welt eingesetzte Technologien, mithilfe derer man auf das Klima einwirken will. Aus seiner kritischen Haltung stellen sich für ihn Fragen nach der Zuständigkeit bei Anwendung der Mittel. In Bild- und Filmbeispielen wird gezeigt, was etwa unter Cloud-Seeding zu verstehen ist: Nämlich die Impfung von Wolken, die daraufhin weißer werden und Sonnenlicht stärker reflektieren. Mit der Manipulation regionalen Klimas wird künstlicher Regen erzeugt. Schafler hat ein US-Forschungsinstitut besucht, das mit Herstellung künstlicher Bäume beschäftigt ist, die CO2 binden. Derzeit, so Schaflers Schluss, sind die unerwünschten Nebeneffekte in Anwendung dieser Technologien unvorhersehbar.

Eigentlich, berichtigen die Kuratoren Margarete Makovec und Anton Lederer, sei der Ausstellungstitel nicht ganz treffend. Die Welt, werde vielleicht auch ohne uns bestehen, deshalb gelte es vielmehr nicht sie, sondern die Menschheit zu retten. Dafür – und seien es Denkanstöße, die aus der Kunst kommen – müsse aber „der Druck von unten wachsen“.

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