07/05/2014

Symposium
Mutual Architecture
25. April 2014

Think Global, Build Social! – Bauen für eine bessere Welt
Ausstellung im Az W
noch bis 30. Juni 2014

07/05/2014

Symposium Mutual Architecture

©: Franz Reiterer

Symposium Mutual Architecture

©: Franz Reiterer

Symposium Mutual Architecture

©: Franz Reiterer

Symposium Mutual Architecture

©: Franz Reiterer

Symposium Mutual Architecture

©: Franz Reiterer

Am 25. April 2014 fand das Symposium Mutual Architecture, organisiert von Architektur ohne Grenzen Austria (AoGA)  in Kooperation mit Architecture Sans Frontières (ASF) International und dem Architekturzentrum Wien (Az W), auf dem Az W-Podium statt. Es eröffnete die jährliche Generalversammlung von Architecture Sans Frontières International, zu der VertreterInnen sämtlicher Mitgliedsorganisationen über den ganzen Globus geladen waren. Und sie kamen, u.a. aus dem Kongo, Peru, Jordanien, Deutschland, Mexiko, Tunesien, Frankreich und Finnland.
Die Veranstaltung war frei zugänglich und ermöglichte es der Öffentlichkeit, einen Blick auf die Arbeit von Architektur ohne Grenzen zu werfen. Die Vorträge und Diskussionen zeigten große Unterschiede in den Herangehensweisen der verschiedenen Organisationen. Bottom-Up- bis Top-Down-Projekte, Finanzierungen von 0 Euro in Jordanien bis zu Projekten wie dem von der NGO Ukumbi Finland verwirklichten Jugendzentrum in Pnom Penh, Kambodscha, für das allein Team-Flugkosten von 30.000 Euro anfielen. Finanzen bzw. Finanzierung waren auch heiß umstrittenes Thema bei den Diskussionen. Wo verläuft die Grenze zwischen ArchitektInnen und Businessmen/women? Wie weit können und sollen sich Architekturschaffende darin verstricken, ohne ihr Ziel aus den Augen zu verlieren?

Open Source Architecture
Das ressourcen- und wasserarme, durch Flüchtlingsströme und politische Konflikte gebeutelte Jordanien versucht momentan aus der Not wachsender Abfallberge eine Tugend zu machen. Menschen lernen z.B. aus Autoleichen Möbel wie Bänke, Couchen und Tische zu produzieren. Das Konzept funktioniert. Manche haben bereits ihren bisherigen schlecht bezahlten Job aufgegeben, um sich der lukrativeren Designtätigkeit zu widmen. Als nächstes sollen ausgebrannte Busse in öffentliche Bibliotheken verwandelt werden. Amani Alshaaban (ASF-Jordan) bezeichnet die Vorgangsweise ihrer Organisation als Open Source Architecture bzw. Open Source Design – möglichst finanziell unabhängiges Arbeiten. Amani Alshaaban verwendet dafür ihre Freizeit – pro bono, wie weitgehend üblich.

Nachhaltiger Wiederaufbau
Ludovic Jonard (Architecture & Développement France) weiß durch die Aufbauarbeiten nach dem großen Erdbeben 2010 in Haiti über Spenden und den Medieneffekt Bescheid. Schnelles Geld erfordert schnelle Resultate. Die SpenderInnen wollen schließlich sehen, was mit ihrem Geld passiert. Nachhaltigkeit sucht man hierbei vergeblich. Vier Jahre nach der Katastrophe stehen bereits die ersten Renovierungsarbeiten an den rasch gebauten Unterkünften an. 90 Prozent des Wiederaufbaus wurde von BewohnerInnen mit fehlendem Fachwissen vorgenommen. Die meisten Lösungen enthielten Zementverarbeitungen, die unkontrolliert – und daher schwer zu meistern – von technologieunerfahren, lokalen Arbeitskräften durchgeführt wurden.
Jonard und sein Team hingegen bringen den EinwohnerInnen bei, wie sie stabile Stein-Holz-Konstruktionen errichten können, die zudem noch günstiger als der auf Haiti übliche Hausbau sind. Die größte Herausforderung ist – wie so oft – neue Sichtweisen in bestehende traditionelle Strukturen zu bringen. Viele Prozesse werden in der Umsetzung jedoch durch Bürokratie gehemmt – selbst wenn die Finanzierung längst gesichert ist.

Partizipationsprozess im Polargebiet
Architektur ohne Grenzen Austria (AoGA), gegründet Ende 2010 als Teil des Netzwerkes Architecture Sans Frontières International, widmet sich der besonderen kulturellen und sozialen Situation der Inupiat-Eskimos in Alaska. Die Gemeinde mit 374 Einwohnern befindet sich auf einer Halbinsel oberhalb des nördlichen Polarkreises und wird durch das Ansteigen des Meeresspiegels bedroht. Seit Jahrzehnten gibt es Pläne für eine Umsiedlung, jedoch wurden daraus nie konkrete Planungen.
AoGA verfolgt einen partizipativen Ansatz, um für und mit der Gemeinschaft von Kivalina eine neue ansprechende Umgebung für gemeinschaftliche Aktivitäten und Kommunikation zu kreieren. Es wird ein Relocation-Center geplant, um den seit vielen Jahren andauernden Umsiedlungsprozess mit den BewohnerInnen Kivalinas und allen involvierten offiziellen Institutionen weiterzuentwickeln. Das neue Gebäude erfüllt eine wichtige Funktion als neutraler Ort, der nicht von einer Organisation, einer Gruppe oder einer Religion besetzt ist, und ermöglicht es, verhärtete Fronten aufzuweichen.
Bei einem Aufenthalt in Kivalina im Juli 2013 war AoGA 2 Wochen vor Ort und entwickelte ein Gebäudedesign, das mit Experten, offiziellen Funktionären und Leuten von der Straße evaluiert, diskutiert und adaptiert wurde. Noch nie zuvor war es gelungen, so viele Menschen in Kivalina für eine Sache zu motivieren. Teilweise diskutierten bis zu 70 Personen über eventuelle Entwürfe. Die  Resultate sollen gemeinsam von AoGA und den BewohnerInnen Kivalinas umgesetzt werden.

Für eine Architektur-NGO zu arbeiten heißt, soziale Verantwortlichkeit vor die Architektur zu stellen – oder wie es Peter Newton, Vorsitzender von ASF-International, formulierte: „Das Wichtigste ist, die Leute zu erreichen, und nicht so sehr das Objekt an sich, wie es normalerweise in unserem Beruf der Fall ist.“

Die thematisch passende Ausstellung Think Global, Build Social! – Bauen für eine bessere Welt läuft noch bis 30. Juni 2014 im Az W.

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