01/12/2014

Der Virtuelle Architekturführer Steiermark (VAF) ist eine Sammlung der steirischen Architektur. Ziel und Anliegen ist es, die aktuelle regionale Architektur zu dokumentieren und auf das Erbe der Baukultur seit Beginn des 20. Jahrhunderts zurückzublicken. Die hier gezeigten Bauten sind Teil dieser Sammlung, welche laufend ergänzt wird.

Projekteinreichungen
Redaktion VAF
Karin Wallmüller
wallmueller@gat.st

01/12/2014

Volksschule Mariagrün

Architektur: ARGE Architekturwerk Berktold Kalb©: Markus Kaiser

Volksschule Mariagrün

Architektur: Architekturwerk Berktold Kalb, Dornbirn, 2014

Die Volksschule Mariagrün ging aus einem EU-weit offenen zweistufigen Wettbewerb unter 168 Teilnehmern hervor, der 2010/11 von der Stadtbaudirektion Graz im Auftrag der Abteilung für Bildung und Integration ausgelobt wurde. Unter den Projekten aus sechs Staaten setzte sich das Vorarlberger Architektenteam Philipp Berktold und Christoph Kalb in Zusammenarbeit mit Susanne Bertsch aus Dornbirn als Sieger durch.

Der Bauaufgabe lag ein pädagogisches Konzept zugrunde, das zwei Raumcluster mit jeweils einem offenen Lernraum und vier Homebases in Form kleiner als üblich gestalteter Klassenräume vorsah. Zudem war anstelle des üblichen Konferenzzimmers ein Teamraum in jedem Cluster einzuplanen. Die Minimierung und Multifunktionalität der Verkehrsflächen sollte bewirken, dass Nutzflächen und Kosten denen einer herkömmlichen Schule entsprechen. Passivhausbauweise und baubiologische Betreuung waren bereits in der Auslobung festgeschrieben.

Der neue 2014 fertiggestellte Baukörper ist so konzipiert, dass er sich in Höhe, Gliederung und Proportion harmonisch in die umgebende Parklandschaft mit dem ehemaligen Sanatorium – dem heutigem Kindergarten – und der neuen Kinderkrippe einfügt. Er ist an der nordöstlichen Grundgrenze positioniert und bildet mit den Bestandgebäuden einen vielfältigen nutzbaren Spielhof. Die Erschließung erfolgt über einen Fußweg von der Schönbrunngasse aus, der zum Vorplatz und Eingangsniveau der Schule sowie zum Eingang des Kindergartens führt, in dem auch die Mittagsbetreuung stattfindet.

Das dreigeschoßige Volumen ist so ins Gelände eingefügt, dass es optisch zweigeschoßig wirkt. Der Eingang liegt an der Nordwestecke des Gebäudes auf dessen oberster Ebene. Vom überdeckten Eingangsbereich gelangen auch externe Nutzer witterungsgeschützt zum Turnsaal auf der untersten Ebene. Eine Hülle aus sägerauen Lärchenholzlamellen umschließt das Gebäude allseitig, wobei sie vor Aufenthaltsbereichen durch Aufweitung des Lamellenabstands transparent ausgeführt ist. Auf Eingangsniveau befinden sich Foyer, Direktion, Medien- und Musikraum sowie ein Cluster; auf der Ebene darunter wieder ein Cluster und die Zentralgarderobe. Die Sonderunterrichtsräume im untersten Niveau sind gegenüber der Hauptfassade zurückversetzt, sodass nicht nur die optische Anbindung an den Außenraum gewährleistet ist, sondern auch eine überdeckte Freiklasse und Sitzstufen zur Spielwiese hin realisiert werden konnten.

Vom überdachten Eingangsbereich gelangt man in die Eingangshalle, an die Räume für die Direktion sowie Empfangs-, Medien- und Musikraum anschließen. Diese sind den Anlässen entsprechend durch mobile Trennwände miteinander kombinier- und erweiterbar, weshalb sie auch für externe Veranstaltungen verwendet werden können. Der interne Schulweg führt von der Halle über die Zentralgarderobe auf der mittleren Ebene in die Cluster auf der selben bzw. der oberen Ebene. Die Cluster sind als Lernlanschaften ausgebildet, in denen es auch Klassenzimmer geben kann, die aber vor allem als flexibel nutzbare offene Räume verstanden werden. Durch raumhohe Schiebewände zwischen Klassenzimmern und zentralem Gemeinschaftsraum mit jeweils zwei Lern- und Leseinseln enstehen differenziert gestaltbare offene Räume, die mehr einen großen Wohnzimmer als einer Schule ähneln. In die unterste Ebene mit Turnsaal und Sonderunterrichtsräumen gelangen die Schüler über eine breite interne Treppenanlage, die sie bereits am Weg dorthin am Geschehen im Turnsaal partizipieren lässt.

Durch bauliche Struktur, Transparenz, Offenheit und die Einbindung in die Umgebung entstehen in der neuen Volksschule Mariagrün Möglichkeitsräume, die Arbeit, Entspannung, Aktivität, Reflexion, Zugehörigkeit, Weltoffenheit und die Vielfalt des Lernens zulassen.

Passivhausstandard
Durch die wenig gegliederte Gebäudestruktur, die Lage der warmen Räume übereinander, die kontrollierte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und die Ausführung in Holz-Mischbauweise – Gebäudehülle aus vorgefertigten hochwärmegedämmten Holzelementen – erreicht die Volksschule den zertifizierten Passivhausstandard. Sämtliche Einbauelemente (Wände, Dachfenster, Fenster, Türen) und Wärmebrücken sind zertifiziert passivhaustauglich. Die Speichermasse der in Massivbauweise errichteten Decken dienen der Bauteilaktivierung. Nominierung zum Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit 2015.

Bernd Weiss

Vielen Dank für die Aufnahme in den VAF!
Eine kleine Korrektur durchaus aus Eitelkeit: Bauherr war die GBG im Auftrag der Stadt Graz, Auslober des Wettbewerbs: Baudirektion der Stadt Graz im Auftrag der Abteilung für Bildung und Integration (damals noch Stadtschulamt).
mfg.
Bernd Weiss

Di. 02/12/2014 10:29 Permalink
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+