19/10/2010

Dipl. Arch. Heinz Schöttli, der seit Anfang September 2010 in seiner neuen Funktion im Bauamtsgebäude tätig ist, leitet das 18-köpfige Team des Stadtplanungsamtes seit 13. Oktober 2010 auch offiziell als Abteilungsleiter, für vorerst fünf Jahre. Bereits während seines Architekturstudiums an der Hochschule für Bildende Künste in Düsseldorf führte Heinz Schöttli sein erstes Planungsbüro. Zwischen 1991 und 2002 war er Stadtarchitekt in Zug und von 2002 bis 2007 leitete er die Stadtplanung im schweizerischen Aarau. Internationale Erfahrungen sammelte er auch als Gastprofessor an zahlreichen Hochschulen, unter anderem in Aachen, Lausanne, in Chile und in Linz sowie als Mitglied in zahlreichen Gestaltungsbeiräten.

19/10/2010

Dipl. Arch. Heinz Schöttli. Foto: Stadt Graz/Thomas Fischer

GAT traf den neuen Leiter des Stadtplanungsamtes, Dipl. Arch. Heinz Schöttli, zum Gespräch und befragte ihn zu seinen Erwartungen und Zielen für die Stadt Graz. Schöttli betonte, dass man Geduld haben müsse, aber dass in Graz großes Potential für Veränderungen vorhanden sei. Er möchte wirkungs- und zielorientierte Prozesse fördern, die Verwaltung den gegenwärtigen Anforderungen anpassen, und eine aktive Stadtplanung für Graz betreiben.

Was war Ihre Motivation, Stadtplanungschef von Graz zu werden, haben Sie einen besonderen Bezug zur Stadt Graz? Schöttli: Ich kenne Graz seit 14 Jahren. Damals war ich in einer Entwicklungskommission für den Grazer Westen tätig. Als man mich jetzt gefragt hat, hab ich für mich eine Bilanz gemacht und gefunden, dass aufgrund der großen stadträumlichen und städtebaulichen Herausforderungen hier in den nächsten Jahren wahrscheinlich relativ viel bewegt werden kann.

Welche Schwerpunkte setzen Sie sich als Leiter des Stadtplanungsamtes? Schöttli: Es gibt zwei Schwerpunkte für mich. Zum einen - um Städtebau oder Stadtplanung auf andere Art betreiben zu können - bedarf es einer wirkungsorientierten Verwaltung, die auf die zeitgenössischen Rahmenbedingungen justiert, tariert oder umgestellt werden sollte. Zum anderen strebe ich eine aktive Stadtplanung an, die nicht hinterherhinkt und reagiert, sondern agiert und ihrer Zeit voraus ist.

Welche Möglichkeiten sehen Sie, im Rahmen Ihres Amtes diese Ziele tatsächlich umzusetzen? Schöttli: Ich habe alle Möglichkeiten, im Rahmen dieses Amtes diese Ziele zu realisieren und Visionen sowie Konzepte zu entwickeln. Man kann natürlich nicht mit dem Kopf durch die Wand rennen, aber ich habe bereits gemerkt, dass es vor Ort eine relativ große Kultur des Zuhörens in der Verwaltung gibt.

Wie weit ist die Neuauflage des Stadtentwicklungskonzeptes (STEK), welches diesen Herbst fertig sein sollte? Schöttli: Das STEK ist in der Schlussphase seiner Erarbeitung. Es gibt ein Team, das derzeit die Schlussredaktion bildet und das Stadtentwicklungskonzept auf die großen Themen unserer Gesellschaft und unserer Zeit erdet. Soziale Sicherheit, Finanz, Gesundheit etc. – darauf muss so ein Konzept schwergewichtig aufgebaut werden.

Sind Sie also noch aktiv an der Entwicklung des neuen Stadtentwicklungskonzeptes beteiligt? Schöttli: Das Konzept war schon fast fertig gestellt. Ich hatte trotzdem die Möglichkeit, mich noch einzubringen und bin auch da mit den Justierungen, die ich angebracht habe, auf relativ offene Ohren gestoßen.

Was sind wesentliche Neuerungen oder Änderungen im Stadtentwicklungskonzept? Gibt es solche? Schöttli: Es gibt welche, aber über diese kann ich zurzeit wenig bis gar nichts sagen, weil diese Texte alle in Überarbeitung sind.

Wie stehen Sie zu den zwei unterschiedlichen Herangehensweisen an das Thema Stadtplanung - zum einen eine strategische und diktierte Stadtplanung, zum anderen eine prozessorientierte Planung zum Beispiel mit Bürgerbeteiligung? Schöttli: Stadtplanung ist eigentlich im gesamten deutschsprachigen Raum immer eine Mischung der beiden Herangehensweisen. Man muss sowohl Planungsschritte vorgeben, deren Erfüllung durch Gesetze und Richtlinien gesichert sein muss, als auch mit Bürgerbeteiligungsprozessen arbeiten. Für mich ist es immer ein Mix aus beiden Strategien.

In Graz läuft, wie Sie wissen, eine Diskussion zum Thema Gestaltungsbeirat. Es gibt viele, die sich dafür aussprechen, bislang gibt es aber noch keinen Beirat. Wäre ein Gestaltungsbeirat Ihrer Meinung nach eine Chance für Graz? Schöttli: Ein Gestaltungsbeirat ist immer dann eine Chance, wenn ihm auch die angemessene Wichtigkeit von politischer Seite eingeräumt wird. Solange das Urteil eines Gestaltungsbeirates nur empfehlenden Charakter hat, solange der Beirat nur der Politik empfiehlt was zu tun ist, bin ich heute, nach den Erfahrungen, die ich gemacht habe, der Auffassung, dass es sich nicht rechnet, auch nur einen Euro in so ein System zu investieren. Wenn, dann muss das Gutachten oder das Urteil eines Gestaltungsbeirates bindend und durch nichts oder niemanden mehr umzustoßen sein.

Haben Sie eine Meinung zur Altstadtsachverständigenkommission (ASVK) in Graz? Wie würde diese in Zusammenhang mit einem Gestaltungsbeirat agieren können? Schöttli: Ich bin dafür, Dinge zu ergänzen und in deren Funktion zusammenzubringen. Konflikte zwischen Gestaltungsbeiräten und Altstadtbeiräten sind aus zahlreichen Städten wie zum Beispiel Salzburg, Zürich und vielen anderen Städten der Schweiz bekannt. Ich denke, dass diese beiden Kommissionen einander ergänzen müssten und zumindest ein Mitglied des Gestaltungsbeirates auch in der ASVK vertreten sein müsste, um den Austausch an Informationen und Meinungen sicherzustellen. Längerfristig kann aus beiden Kommissionen dann eventuell eine einzige werden. Jedenfalls ist es wichtig, dass es eine Institution gibt, die sich permanent und auf Augenhöhe mit den Problemen der Altstadt auseinandersetzt. Das kann ein Gestaltungsbeirat unter Umständen nicht, da er zu selten tagt und in der Regel mit den großflächigen Dingen befasst ist, mit den wesentlichen und wichtigen Projekten.

Wie beurteilen Sie die derzeitige Situation der Stadtplanung in Graz? Schöttli: Ich möchte mich zur Ist-Situation nicht pointiert äußern. Die Art und Weise, wie eine Verwaltung arbeitet oder wie eine Verwaltung geführt wird, muss den jeweiligen Gegebenheiten der Zeit angepasst werden. Ich bin mir sicher, dass man mit dem vorhandenen Potential an Leuten, mit einigen Justierungen aus dem Bestand heraus, eine wirkungsorientierte Verwaltung herstellen kann, die den Gegebenheiten und Aufgaben der Zeit durchaus gewachsen sein wird. Was mich betrifft: Ich möchte gerne eine aktive Stadtplanung betreiben, die vorausschauend ist und die nicht den Gegebenheiten und den Investorenwünschen hinterherhinken muss.

Wir danken für das Gespräch!

ZUR INFORMATION:

Dipl. Arch. Heinz Schöttli, der seit Anfang September 2010 in seiner neuen Funktion im Bauamtsgebäude tätig ist, leitet das 18-köpfige Team des Stadtplanungsamtes seit 13. Oktober 2010 auch offiziell als Abteilungsleiter, für vorerst fünf Jahre. Bereits während seines Architekturstudiums an der Hochschule für Bildende Künste in Düsseldorf führte Heinz Schöttli sein erstes Planungsbüro. Zwischen 1991 und 2002 war er Stadtarchitekt in Zug und von 2002 bis 2007 leitete er die Stadtplanung im schweizerischen Aarau. Internationale Erfahrungen sammelte er auch als Gastprofessor an zahlreichen Hochschulen, unter anderem in Aachen, Lausanne, in Chile und in Linz sowie als Mitglied in zahlreichen Gestaltungsbeiräten.

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