02/12/2014

Jeden ersten Dienstag im Monat veröffentlicht GAT in der Kolumne Aber Hallo! Anmerkungen von Karin Tschavgova zu aktuellen Themen von Architektur und gebauter Umwelt.

02/12/2014
©: Karin Tschavgova

Langer Wunschzettel an das Christkind betreffend große und kleine Ergebnisse des Planens und Bauens, bunt gemischt und unbescheiden.

Liebes Christkind!

_ Radwegeplanung in Graz bitte nicht immer nur anlassbezogen planen und budgetieren, sondern endlich vorrangig, vorausschauend, umfassend und mit angemessener Dotation. Kleinlaute nachträgliche Freigabe von Geldern für alte Projekte wie den Radweg in der Wetzelsdorfer Straße aufgrund von Bürgerdruck und medialem Wind ist peinlich. An die Verkehrsplanung: Möge ihr ein Licht aufgehen, dass Feinstaub auch durch ein gut ausgebautes, sicheres Radwegenetz verringert werden könnte (zumindest ein wenig). Und dass das uns erwartende Bußgeld in Radwegen besser angelegt wäre.
_ freie Sicht auf den Schloßberg - vom Stadtpark aus. Ein Vorschlag in Güte, liebes Christkind: Nachdem die Aufschüttung des ganzen Stadtparks zu einem Hügel mit einem Plateau auf Höhe der Penthäuser am Pfauengarten zu aufwändig wäre, schlage ich vor, von der Passamtswiese bis zum Spielplatz ein bis zwei Aussichtstürme zu errichten, um die Ostflanke des Schloßbergs wieder sehen zu können. Alternativ könnte der Lift aus Hartberg, der 2003 als künstlerische Intervention am Eisernen Tor den Passanten ermöglichte, mit der Marienstatue auf Augenhöhe zu kommunizieren, wieder nach Graz gebracht und im Stadtpark aufgestellt werden. Wäre auch für die künftigen Bewohner der Penthäuser ein Gewinn – im Auge urbaner Aktivität, mittendrin im Treiben, „außergewöhnlich zentral“ (laut Bewerbung Pfauengarten).
_  die vorbildliche Platzgestaltung für den Freiheitsplatz bitte endlich umsetzen! Sich nicht hinter dem Preis der GerambRose verschanzen, der 2010 eine Fehlentscheidung war angesichts der Tristesse und Unwirtlichkeit, die der Platz nun in der prämierten Form ausstrahlt. Also: alle Kompromiss-Parkplätze weg (Behinderte vor das Schauspielhaus), die visuelle Platzerweiterung bis zum Eingang der Alten Universität, eine Sinn machende Zonierung des Platzes in Aufenthalts- und Bewegungsflächen, eine bessere Befestigung, weil Kies zwar sparsamen Einsatz, aber doch nicht höchste gestalterische Qualität bedeutet. Und eine Platzmöblierung, die Lust macht, sich niederzulassen.

Ich weiß, liebes Christkind, dass Du nicht alle meine Wünsche sofort erfüllen kannst – wie könntest Du das alles fliegend tragen? Und wie so schnell bezahlen? Daher ersuche ich Dich, in Zukunft besser vorauszuplanen und – wichtig! – Prioritäten zu setzen, damit wir rechtzeitig bekommen, was schon gestern vonnöten gewesen wäre.
Deshalb füge ich meinem Wunschzettel noch ein paar „kleine“ Wünsche an, die nicht so viel kosten würden und rasch umsetzbar wären. Du sollst ja auch nicht verzweifeln ob all der Begehren der Irdischen.

_  die Entfernung der Zäune am Tummelplatz. Was, wirst Du sagen, meint mein Schäfchen? Am Tummelplatz gibt’s doch keine Zäune. Stimmt - aber Zäunchen, liebevoll vom Stadtgartenamt (vermutlich) montiert als Begrenzung der gezielt gesetzten Rasenflächen mit Baum, die der Architekt seinerzeit für den Platz vorgesehen hat. Aber eben ohne Umzäunung – ganz bewusst, um den Eindruck von Weite und Großzügigkeit uneingeschränkt wirken zu lassen.
_ Pfarrhöfe als Asylquartiere anmieten. Wäre schön, wenn alle Pfarrhöfe, die nun für Gäste ausgebaut wurden und werden, vorerst, solange Bedarf besteht, als Unterkunft für Asylsuchende angemietet werden könnten (zehn sollen es in der Steiermark laut Diözese am Ende werden). Liebes Christkind, „himmlisch urlauben“ sollte doch auch für Asylsuchende, die oft eine schreckliche Odyssee hinter sich haben, zum Motto werden können. Oder nicht?
_ Gamlitz nur mehr als Schwarz-Weiß-Fotografie ablichten und veröffentlichen. So schön die Landschaft in und um Gamlitz auch ist, so sehr leidet diese Schönheit unter einer ästhetischen Fehlentwicklung, die wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren nicht rückgängig gemacht werden kann: der Färbelung von Hausfassaden in den grellsten synthetischen Baumarktfarben. Nun liebes Christkind, wollen wir ja nicht, dass Du diktatorisch bestimmst, dass all diese von ihren Besitzern liebevoll gestalteten Häuser zwangsumgefärbt werden – Halleluja, Zwang und Beglückung durchs Christkind geht nicht zusammen! – und wir wissen ja auch, dass der örtliche Gestaltungsbeirat sich jetzt einsetzt für augen- und landschaftsverträgliche Farben auf Neubauten. Was in der Vergangenheit versäumt wurde, ist nicht ungeschehen zu machen, außer auf Bewusstseins-Bildung folgt Renovierungsbedarf. Bis dahin: die Schönheit von Gamlitz und Landschaft – im Bild ausschließlich in Schwarz-Weiß.

Viel Glück und Kraft fürs Umsetzen meiner Wünsche wünscht Dir
Karin, die Tschavgova

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