16/02/2009

SLO ITA AUT

06.02.2009, Triest: zweites von drei Treffen der Drei-Länder-Kongressreihe SLO ITA AUT

16/02/2009

Vid Ratajc, Ciudad, Ljubljana

Dean Lah, Enota, Ljubljana

Martin Krammer, Innocad, Graz/Wien

Alexander Nino Ruiz, Monochrome, Ljubljana

Anna Popelka, PPAG, Wien

Marion Wicher-Scherübel, YES architecture, Graz

Marion Wicher-Scherübel, YES architecture, Graz

Adriaco Yacht Club, Triest. Fotos: Wenzel Mracek

Das zweite von insgesamt drei Treffen der Drei-Länder-Kongressreihe SLO ITA AUT fand am 6. Februar 2009 in Triest statt. Mittels Beispielen näherte man sich dem Themenkomplex SPECIFIC / GENERIC an.

Im praxisorientierten Austausch zwischen Architektenteams aus Slowenien und Österreich wurden rezente Problemstellungen an Beispielen neuer und jüngster Projekte in Kurzreferaten vorgestellt und diskutiert. Ein gewissermaßen spannendes Moment entstand vor dem Hintergrund des prestige- und traditionsträchtigen Tagungsortes Adriaco Yacht Club gegenüber Projekten der sechs teilnehmenden Architektenteams.
Einleitend bemerkte Moderator Alberto Alessi (u.a. Kurator ITALY NOW?; ETH Zürich, 2008), dass schon die Namen der Büros – Ciudad, Enota, Innocad, Monochrome Architects, PPAG, Yes architecture – nicht auf deren Provenienz im Sinn etwaiger Nationalitätsfragen verweisen, vielmehr deren Internationalität deutlich in den Vordergrund stellen. Verdeutlicht dagegen und betont wurde der individuelle Zugang respektive die Interpretationen des Themas SPECIFIC / GENERIC.

Aus den Vorträgen destillierte Alberto Alessi einen Stichwortkatalog, der Basis für ein Glossar sein könnte: Untersuchung, interdisziplinär, Konzept, Situation, natürlich, organisch, Kontext, Transformation, Verhandlung, Entscheidung, Fortschritt, Aneignung, Standard, Umfang, Gruppe, Menschen, Identitäten, Zugehörigkeit, Worte, Veränderung, Verständnis, Algorithmus, neu, guter Klient, abstrakt, Normalität, Persönlichkeit. Ein imaginäres Glossar immerhin, nachdem einhelliger Tenor bestand, dass ArchitektInnenen vor jeweils vergleichbare Anforderungen gestellt seien, dafür aber auf „spezifische“ Weise Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln hätten – so weit, so selbstverständlich. Dass aber die einzelnen ProtagonisteInnenn zwar als Fachleute eine gemeinsame Sprache sprechen, diese aber im kommunikationstheoretischen Sinn nicht dieselbe ist, kristallisierte sich im Verlauf der Vorträge ebenfalls heraus. So zeigt sich etwa Anna Popelka (PPAG, Wien) davon überzeugt, dass „die Persönlichkeit des Klienten weit wichtiger ist, als die örtlichen Voraussetzungen“, wie sie am Beispiel eines Wohnhauses in Zurndorf (PA1, 2005) ausführte. Vor allem aber in der Entwicklung des Großprojektes WAP (Wohnen am Park, Wien, in Fertigstellung), einer Anlage für ca. 1000 BewohnerInnen, galt es, weitgehend den Individualbedürfnissen „einer Menschenmasse, die man nicht kennt“ entgegen zu kommen. Denkt man angesichts dieser Dimension an Le Corbusiers „Unité d’Habitation“ in Marseille (1946-1952), führt der formale Gestaltungsgedanke bei PPAG in den pragmatischen Kompromiss über vorausgehende soziale Recherche.

Martin Krammer (Innocad, Graz, Wien) ging von einem Ansatz des „Verbindens“ infolge des Erfassens von Parametern und deren Transformation aus, die für das Verständnis des Folgenden zum fiktiven Bild des Balkongrills auf Basis einer Blumenkiste führte. Unter den vorgestellten Projekten der „Golden Nugget“ (Graz), ein Büro- und Wohnbau, eingepasst in die schmale und hohe Kluft zwischen den benachbarten Objekten. Adaptiert, renoviert und im Neubau integriert wurde der vormals desolate Altbestand (18.Jh.) eines Hauses im Hofbereich. Die „Rose am Lend“ (Graz), markanter Wohnbau mit anthrazitfarbiger Fassade, wurde nach den bestehenden schmiedeeisernen Rosen einer Umzäunung benannt, die als großflächige, zugleich dezente Ornamente auf die Fassade appliziert wurden. Generisch also im Sinn der am Ort gefundenen und transferierten Form.
Spezifischen Lösungen von Enota (Ljubljana) beschrieb Dean Lah mit dem Thermenhotel Sotelia in Slowenien. Enota separiert topografisch bedingte „Algorithmen“ – Form- und Verfahrensschemata – aus der Umgebung. In formaler Korrespondenz bezeichnet Dean Lah architektonische Körper als „separierte Monolithe“ bzw. als „Hybride“.

Wie Martin Krammer später in die Diskussion einbringen sollte, ist die Arbeit der Architektinnenen heute keineswegs auf Bauaufgaben im engeren Sinn beschränkt. Vielmehr, und ausgeführt auch von Marion Wicher-Scherübel (YES architecture, Graz) und Anna Popelka (am Beispiel der Hofmöbel „Enzi“ für das Wiener Museumsquartier), reicht diese in Metiers, die durchaus mit Mode, Merchandising oder Werbung aufgrund gesellschaftsrelevanter Überlegungen assoziiert werden können. Gerade dieses Themenfeld behandelte Alexander Nino Ruiz (Monochrome Architects, Ljubljana) mit seiner Versuchsanordnung „Doll House“, ein zeitadäquates Gesellschaftsmodell als Puppenhaus.

Einen deutlichen Unterschied zwischen Graz und Wien schließlich stellte Anna Polpelka fest. Nachdem in Wien der soziale Wohnbau massiv vorangetrieben werde, orientiert sich danach maßgeblich die Entwicklungsarbeit der ArchitektInnenen. Als spezifisch für die Situation in Graz dagegen erachtet Marion Wicher-Scherübel ein breites Verständnis im Nachwirken der Grazer Schule, allerdings zwingen in erster Linie Regeln und Bauordnung zur Erörterung von Möglichkeiten, aus denen die realisierten Objekte hervorgehen: ein Spiel mit den Regeln.
Vid Ratajc (Ciudad, Ljubljana), der das Autobahnviadukt Črni Kal analysiert hatte, mit der Planung einer Fußgängerbrücke und einer Musikschule in Ljubljana befasst ist, verwies dagegen auf die jüngere Geschichte Sloweniens und Gründung des selbständigen Staates, weshalb ein breites Bewusstsein für zeitgenössische Architektur sich bestenfalls in einem Frühstadium befinden kann.

Der dritte und für dieses Jahr letzte Kongress im Rahmen von SLO ITA AUT findet am 13. März 2009 im Stadtmuseum Ljubljana statt.

Außerdem wird es vom 20. – 21. März 2009 eine zweitägige Exkursion nach Triest und Udine geben. Nähere Informationen hierzu folgen.

SLO ITA AUT, eine Folgeveranstaltung von Architekturschwerpunkt 2006: Slowenien (SLO), ist eine dreiteilige Drei-Länder-Kongressreihe, die dem fachlichen Austausch und dem grenzüberschreitenden Kennenlernen von ArchitektInnen und Architekturinteressierten dient. Initiatorin und Koordinatorin ist wie bereits im Jahr 2006 die ZV Steiermark, die das Konzept in enger Zusammenarbeit mit den PartnerInnen in Slowenien und Friaul entwickelt hat.

Projektleitung SLO ITA AUT:
Martin Krammer, Anke Strittmatter
Ansprechperson & Organisation:
Arch. DI Anke Strittmatter
strittmatter@osa-online.net

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