20/05/2008

Gürtelturm
Bürogebäude der Wiener Städtischen Wechselseitigen Versicherung in Graz, Gürtelturmplatz 1, 8020 Graz

Planung
Reischl Kaut Krisper,
Fertigstellung 19975

20/05/2008

"Gürtelturm" - Bürogebäude der Wiener Städtischen Wechselseitigen Versicherung in Graz, Gürtelturmplatz 1, 8020 Graz - kurz nach der Fertigstellung 19975. Planung: Reischl Kaut Krisper. Foto: Archiv Kreutzer Krisper

Gürtelturm; N-Ansicht. Foto: el

Gürtelturm NO-Ansicht. Foto: el

Fußweg zum Gürtelturm und in den Park. Foto: el

Vermehrt tauchen die Formensprache und die Materialwahl der 1970er-Jahre bei heutigen Bauten wieder auf. Im Bild: Wohn- und Geschäftshaus @fallnhauser, 2006, Stadt Salzburg, von Halle 1 Architekturbüro (Gerhard Sailer, Heinz Lang). Foto: Gerhard Sengmüller

Großzügige Freiflächen umgeben den Bürokomplex. Blick von der Lazarettgasse. Foto: el

Gürtelturm; Freiflächen. Foto: el

Gürtelturm, W-Ansicht

Gürtelturm; Fassadendetail. Foto: el

Der Gürtelturm im Jahr 2008; SW-Ansicht. Foto: el

Der Grazer Gürtelturm am Lazarettgürtel - ein architektonisches Wahrzeichen der 1970er-Jahre - wird nun doch nicht abgerissen, sondern umgebaut.

Am 5.10 2004 war in der Kleinen Zeitung noch zu lesen: „Der Gürtelturm steht vor dem Abbruch. Als moderner Vorzeigebau drückte der Büroturm dem Lazarettgürtel den Stempel auf, 30 Jahre später steht dem nicht mehr zeitgemäßen Gebäude das Ende bevor....“. Da seither nichts Weiteres mehr zu hören oder zu lesen war, machte sich GAT daran, den aktuellen Stand der Dinge festzustellen, um den Gürtelturm als gelungenes architektonisches Beispiel aus dem Zeitgeist der 1970er-Jahre mit einer Fotodokumentation zu würdigen und ihn damit noch einmal in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu rücken. Im Zuge der Recherche – GAT befragte den für den ursprünglichen Entwurf verantwortlichen, heute pensionierten, Architekten Günther Krisper - stellte sich jedoch heraus, dass der Gürtelturm stehen bleibt und umgebaut werden soll. Begründung: ein Abbruch käme zu teuer!

Der (bisherige) Eigentümer, die Wiener Allianz Versicherung, baut zurzeit ihr neues Grazer Headquarter in der Münzgrabenstraße/Ecke Brockmanngasse. Für die Planung holte man sich den Architekten Boris Podrecca. Denn einen Umbau des als Großraumbüro mit legendärem Pater-Nosteraufzug konzipierten Büroturms am Lazarettgürtel wollte die Versicherung nicht. Der Umzug steht in absehbarer Zeit bevor.

Lokalaugenschein
1975 wurde das als Gürtelturm bekannte Gebäude von der Wiener Städtischen errichtet. Für die Planung waren Fritz Reichl, Helmut Kaut und Günther Krisper (Büro Kreutzer / Krisper) verantwortlich. Der Entwurf stammte aus Krispers Hand.

Geht man um den Bürokomplex herum, erscheint sein Bauplatz viel größer, als er tatsächlich ist. Das Objekt mit seiner rundum konsequent durchgestalteten Fassade und seinen schönen Freiflächen ist ein äußerst gelungenes Beispiel für das Bauen an einem markanten Ort im urbanen Raum. Es findet sich kaum ein vergleichbares Beispiel in Graz. Nicht umsonst ist das Gebäude zu einer Art Wahrzeichen geworden und wurde sogar in Friedrich Achleitners Österreichischem Architekturführer, Band II (Kärnten, Steiermark, Burgenland, 1983) mit folgender Beschreibung aufgenommen: "Wenn auch das Stadtgebiet im Bereich der Kreuzung Lazarettgasse/Kärntner Straße und Gürtel städtebaulich noch unterentwickelt ist, so ist der Standort des „Gürtelturmes“ doch einer der markantesten und einprägsamsten im Grazer Stadtgebiet. Das Objekt besteht aus einem quadratischen Büroturm (8 Geschosse) und dem leicht abgesetzten, kompakt behandelten Versorgungsturm (Aufzug, Treppe etc.) sowie einem abgestuften, terrassierten Sockelbauwerk. Während der Zwillingsturm in der Winkelachse von Lazarettgasse und Gürtelstraße liegt, korrespondiert das Sockelbauwerk mit den Begrenzungslinien des Grundstücks. Die horizontale Bänderarchitektur mit den starken Eckrundungen unterstreicht die von der Bewegung des Verkehrs geprägte Situation. Insofern steht der Bau in jener Tradition von Großstadtarchitektur, die mit einem optimistischen Design auf die Realität des modernen Lebens positiv reagiert."

Bevorstehender Umbau
Der ehemalige Büropartner von Günther Kreutzer, Gerhard Kreutzer, wird den Umbau des Gürtelturms planen, in dessen Zuge bis auf die tragende Stahlbetonkonstruktion alles entfernt werden soll. Das Gebäude wird aber in seiner ursprünglichen Form wiederhergestellt, da an seinem Standort Bebauungsplanpflicht besteht und somit keine Änderungen an der Kubatur möglich sind. So bleibt auch die sehr großzügige, im Süden vorgelagerte Grünzone, die man durchaus als kleinen Park bezeichnen kann. Die Fassade wird neu gestaltet. Das Erscheinungsbild des Bauwerks könnte sich dadurch aber beträchtlich ändern und es bleibt zu hoffen, dass die komplexen Qualitäten des alten Gürtelturms dabei nicht verloren gehen. So sind die planenden Architekten gefordert, eine zufriedenstellende Lösung zu finden. Die neuerliche Verwendung einer Alufassade wäre nicht gänzlich verkehrt, denn mittlerweile wird dieses Fassadenmaterial, das vielen Gebäuden der 1970er Jahren sein typisches Erscheinungsbild gab, wieder vermehrt eingesetzt (siehe Abb. Wohn- und Bürohaus Fallnhauser, in Salzburg Stadt, von HALLE 1).

Städtebaulicher Wettbewerb
Gespannt darf man auf einen städtebaulichen Wettbewerb zur Entwicklung des Stadtviertels um den Gürtelturm - zwischen Lazarettgürtel, Eggenberger Gürtel, Josef-Huber-Gasse und Nahverkehrsknoten Don Bosco - sein, der bereits im Juni 2005 auf der Homepage der Stadt Graz angekündigt, aber bis heute nicht ausgeschrieben wurde. Im Vorfeld dieses Wettbewerbs hatte ein Grazer Architekturbüro den Auftrag, die Planungsgrundlagen (Bestandsanalyse und Masterplan) zu entwickeln. Es wäre schön, wenn das Ergebnis endlich öffentlich präsentiert würde.

Verfasser/in:
Elisabeth Lechner, Bericht
Michaela wambacher_www

Es ist wahrlich zu hoffen, dass Architekt Kreutzer beim Umbau behutsam mit dem Bauwerk umgeht. Aber, was, wenn nicht? Es wird wieder einmal deutlich, dass in Graz und allen Bezirksstädten der Stmk. ein ExpertInnengremium fehlt, das die Qualität von Entwürfen überprüft und PlanerInnen ggf. zur Überarbeitung auffordert. In anderen österr. Städten wie Linz, Wels oder Salzburg hat man es und nennt es GESTALTUNGSBEIRAT. Unter dem Motto „Graz ist anders“ und als Kniefall vor der Wirtschaft hat Gerhard Rüsch 2006 anstatt eines Gestaltungsbeirates das Grazer Modell eingeführt, das zwar über 4 Instrumente zur Qualitätssicherung - Bebauungsplan, Projekttisch, Stadtforum, Architekturwettbewerb - verfügt, die sich jedoch bereits mehr als einmal als wirkungslos erwiesen haben (siehe ECE, Styria-Headquarter, ehem. Nagl-Haus im Bezirk Gries, heute in Besitz der Acoton, u. v. m.). Das Instrument des Architekturwettbewerbs taugt nur dann, wenn private Investoren für geplante Objekte Wettbewerbe und zwar in Abstimmung mit der Kammer der ArchitektInnen und IngenieurkonsulentInnen, d. h., unter Berücksichtigung der Wettbewerbsordnung durchführen. Tun sie dies nicht, können sie, wenn sie sich an den Bebauungsplan halten (der jedoch keinen Einfluss auf die architektonische Gestaltung hat), im Prinzip bauen was sie wollen.

Mi. 21/05/2008 3:20 Permalink
berit@weisz.com

Wo sind die ArchitektInnen, die sich für einen Gestaltungsbeirat in Graz stark machen? Will diese Berufsgruppe überhaupt ein derartiges Gremium? Ich bitte um Wortmeldungen aus der Szene!

Fr. 23/05/2008 10:00 Permalink
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+