23/10/2014

Am 22. Oktober 2014 wurden acht Projekte mit der GerambRose für gutes Bauen in der Steiermark ausgezeichnet.

Die GerambRose wird vom Verein Baukultur Steiermark als Würdigung für Leistungen im Sinne der Baukultur ausgelobt und verliehen. Die Auszeichnung richtet sich gleichermaßen an PlanerInnen und AuftraggeberInnen. Mit ihr ist eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit verbunden, die ein breiteres Bewusstsein für baukulturelle Qualität fördern soll.

23/10/2014

Pflegewohnheim Peter Rosegger, Maria-Pachleitner-Straße 36, 8053 Graz

©: paul ott photografiert

Pflegewohnheim Peter Rosegger, Maria-Pachleitner-Straße 36, 8053 Graz

©: paul ott photografiert

Klausur, Stift St. Lambrecht, Hauptsraße 1, 8813 St. Lambrecht

©: paul ott photografiert

Klausur, Stift St. Lambrecht, Klosterzellen

©: paul ott photografiert

Wohn- und Geschäftshaus Goldener Engel, Lendplatz 1, 8020 Graz

©: paul ott photografiert

Wohn- und Geschäftshaus Goldener Engel, Innenhof

©: paul ott photografiert

Mädcheninternat der Landesberufschule für Tourismus, Mailandbergstraße 10 8344 Bad Gleichenberg

©: barkosky wahrer architekten

Ökosozialer Wohnbau am Grünanger, Andersengasse, Eduard-Keil Gasse, Pichlergasse, Theyergasse, 8041 Graz

©: Architekt Hubert Rieß

Kloster der Benediktinerinnen St. Gabriel, 8222 St. Johann bei Herberstein 7a

©: Margherita Spiluttini

Haus der Generationen, Rabnitzstrasse 19, 8063 Eggersdorf

©: Zita Oberwalder

Rondo, Marienplatz 1, 8020 Graz

©: paul ott photografiert

Rondo, Garten hinter der Fassade

©: paul ott photografiert

Der Verein BauKultur Steiermark steht für die Förderung einer qualitätsvollen Baukultur, die Würdigung besonderer Bauleistungen als Instrument zur Bewusstseinsbildung und Qualitätsförderung sowie die Vernetzung an der Baukultur Interessierter. Der Ursprung geht auf den Verein für Heimatschutz in Steiermark zurück, der 1909 gegründet wurde. Anlässlich des 100-jährigen Bestands wurden im Jahre 2009 die Richtlinien für die Vergabe der GerambRose, einer Auszeichnung für gutes Bauen, überarbeitet.
Um die Vergleichbarkeit der eingereichten und ausgezeichneten Werke zu erleichtern, wurden drei Themenschwerpunkte gebildet. Diese sind so weit gefasst, dass mit ihnen das gesamte Bauschaffen der Steiermark abgebildet werden kann. Die drei Themen werden in abwechselnder Reihenfolge biennal ausgeschrieben, sodass jedes Thema nach sechs Jahren wieder den aktuellen Stand der Steiermark aufzeigt.

Die thematischen Schwerpunkte sind:
_ Private Räume – zum Thema Wohnen
_ Gemeinschaftliche Räume – zu den Themen Arbeit, Bildung, Kultur und Soziales
_ Öffentliche Räume – zu den Themen Ort, Infrastruktur und Landschaft

Thema der GerambRose 2014: Private Räume – zum Thema Wohnen
Es ist ein menschliches Bedürfnis, sich eine Umgebung zu schaffen, die Sicherheit und Vertrautheit gewährleistet und dem Menschen als soziales Wesen einen Rahmen gibt. Die ersten baulichen Manifestationen dienten eben diesem Bedürfnis. Der etymologische Ursprung der Wörter Bauen und Wohnen ist eng mit dem Sein des Menschen verbunden.
In dieser Kategorie sollen Bauten prämiert werden, die in besonderer Weise den Menschen als Individuum in den Blickpunkt des Bauens rücken, wie beispielsweise: Wohnhäuser (vom Einfamilienhaus bis zum sozialen Wohnbau), Klöster, Heime, Orte temporären Wohnens wie Hotels, Pensionen oder Bildungshäuser, Bauten für unterschiedliche Wohnformen wie Generationen übergreifendes Wohnen, Verbindung von Wohnen und Arbeiten (vom Bauernhof bis zum Home-Office); private Freiräume wie Gärten oder Terrassen, etc. Es sollen Neubauten ebenso wie Umbauten und Adaptierungen gewürdigt werden.

Die Jury 2014:
_Markus Bogensberger (Architekt, GF HDA, Beirat im Verein BauKultur Steiermark; Graz)
_ Hemma Fasch (Architektin eines 2012 mit der GerambRose ausgezeichneten Projekts; Wien)
_André Kempe (Architekt, Atelier Kempe Thill; Rotterdam) > Vorsitzender
_Michael Rieper (Architekt, Kurator der Ausstellung „Wohnmodelle“; Wien)
_Andreas Tropper (Landesbaudirektor Steiermark, Obmann des Vereins BauKultur Steiermark; Graz)
Vorprüfer:
Günter Koberg (Geschäftsführer des Vereins BauKultur Steiermark)
Alexandra Pototschnik (Studentin der Kunstgeschichte)

36 Projekte wurden eingereicht, nach Aufforderung sind weitere 29 Projekte nachgereicht worden, 4 Projekte wurden vom Verein BauKultur Steiermark ergänzt, womit der Jury insgesamt 69 Projekte präsentiert wurden. Diese sind in 4 Kategorien unterteilt worden: Einfamilienhäuser, Geschoßwohnungen, Tourismus und Sonstige (Pflegeheime, betreutes Wohnen, Studentenheime, Klöster, etc.).

Grundsätzlichen Überlegungen der Jury:

Zum Thema Wohnen
Die Prämierung der GerambRose zum Thema Private Räume hat der Jury Anlass geboten, ihre Sicht des Status quo zum Thema Wohnen und Wohnbau in der Steiermark darzulegen. Die Überlegungen resultieren aus den 69 der Jury vorliegenden Projekten sowie dem persönlichen Kenntnisstand.
Die Steiermark kann auf eine reiche architektonische Historie und zahlreiche wichtige Projekte im Bereich des Wohnens verweisen. So wurden bereits ab den 60er Jahren Gebäude mit hoher funktioneller und gestalterischer Qualität sowie innovativen Ansätzen hinsichtlich Wohn- und Bauweise realisiert. Herausragende Büros wie etwa die Werkgruppe Graz mit ihren Projekten Studentenhaus Hafnerriegel (1963) oder Terrassenhaussiedlung (1978) haben international Maßstäbe gesetzt. In der Periode ab ca. 1980 wurden innerhalb von etwas mehr als 10 Jahren zahlreiche interessante Wohnbauten und Siedlungen errichtet. Ein Teil dieser Projekte war als Demonstrativ- oder Forschungsbauvorhaben ausgewiesen. In dieser Phase wurde sehr intensiv über die architektonischen Aspekte des Wohnens diskutiert und zahlreiche soziale und ökologische Aspekte in der Planung berücksichtigt. Themen wie etwa Partizipation, Flexibilisierung der Grundrisse aber auch Adaption von Altbestand oder Geschoßbau in Holzbauweise wurden umfassend bearbeitet. Die gebauten Ergebnisse wurden stark rezipiert und waren mit dafür verantwortlich, dass Architektur aus der Steiermark einen internationalen Stellenwert erlangt hat. Viele dieser Gebäude erfreuen sich nach wie vor höchster Nutzerzufriedenheit und gelten weiterhin als Referenzprojekte.
In dem für die Jury der GerambRose relevanten Zeitraum der letzten acht Jahre sieht die Situation des Wohnungsbaus in der Steiermark allerdings wenig interessant aus. Obwohl vor allem im Zentralraum Graz sehr rege Wohnbautätigkeit stattgefunden hat, beschränkt sich die Anzahl der bemerkenswerten Projekte auf eine relativ kleine Anzahl. Die Gründe für diese Entwicklung hin zum Mittelmaß sind gewiss vielfältig. So scheint etwa im geförderten Wohnbau ein ausgeprägter Pragmatismus der Bauträger innovative architektonische Ansätze zu verhindern. Hinzu kommt, dass die Nachfrage nach – vor allem leistbaren – Wohnraum groß ist und daher nur eine eingeschränkte Wettbewerbssituation besteht.
Die Jury hat sich daher dazu entschieden, als ausgezeichnete Baukultur insbesondere Projekte zu prämieren, die entweder eine verdichtete Wohnform in einem städtebaulichen Gesamtkonzept realisierten, oder die einem hohen sozialen Anspruch gerecht werden, beziehungsweise sich besonders einfühlsam mit der vorhandene landschaftlichen, örtlichen oder räumlichen Situation auseinandersetzen. Damit will die Jury bewusst ein Zeichen gegen die Fehlentwicklungen setzen, die in den letzten Jahrzehenten im raumplanerischer, stadtentwicklungsspezifischer oder in Hinsicht auf die Landschaft passiert sind.

Zum Thema Sanierungen
Die Nach-, Um- und Weiternutzung von bestehender Bausubstanz ist eine ganz wesentliche Maßnahme, um nachhaltig zu handeln. Für Architekturschaffende stellt dieses Segment eine besondere Herausforderung dar, da hier sowohl hoher Planungsaufwand als auch höhere Risiken zum Tragen kommen. Die eingereichten Projekte zeichnen sich zum größten Teil durch hohe Qualität aus. Besonders im touristischen Bereich wurde das Potential alter Substanz erkannt. Wünschenswert wäre, wenn derartig innovative Wohnprojekte auch zur Belebung von Ortszentren geplant, realisiert und eingereicht werden würden.

Zum Thema Wohnen für ältere Menschen
Besonders erfreulich ist die hohe Qualität der eingereichten Wohnheime für ältere Menschen. Hier wurden sowohl bezüglich Konzeption als auch architektonischer Umsetzung in den vergangenen Jahren große Fortschritte erzielt. Die meisten der eingereichten Projekte überzeugen durch einen sensiblen Umgang mit dem Lebensumfeld der BewohnerInnen und einem hohen Standard hinsichtlich Ausstattung und verwendeter Materialien. Bauen für alte Menschen ist aufgrund der demografischen Entwicklung kein Nischenprogramm, sondern von zentraler Bedeutung. Es stellt sich allerdings die Frage, warum nicht mit ähnlicher Sorgfalt, Konsequenz und Liebe zum Detail im allgemeinen Wohnbau geplant und gebaut wird.

Zum Thema touristische Baukultur
Die Jury beschäftigte sich anhand der kleinen Anzahl von eingereichten touristischen Projekten intensiv mit der kulturellen wie auch volkswirtschaftlichen Maßstäblichkeit von aktuellen Bauten mit touristischer oder dem temporären Wohnen dienenden Funktionen. Unter Berücksichtigung von raumplanerischen Argumenten sowie Aspekten zur nachhaltigen Nutzung von Kultur- als auch Naturlandschaft gelangen die Jurymitglieder zur Präambel, dass kleinmaßstäbliche, sensibel und behutsam in die Landschaft eingefügte Projekte auf Grund der lokalen Wertschöpfung sowie hinsichtlich einer adäquaten Anpassung an lokale Gegebenheiten zu unterstützen sind. Konkret sind damit Arbeiten gemeint, die sich mit regional bedingtem Leerstand und Altbestand auseinanderzusetzen und diesen sowohl in seiner Funktion als auch in seiner baukulturellen Qualität aufwerten. Da das Bewahren von gebautem Erbe, vor allem auch im touristischen Kontext, noch immer nicht selbstverständlich ist und weiterführend die Bereitschaft zur Übernahme von höheren Kosten mit sich bringt, würdigt die Jury der GerambRose 2014 diese Herangehensweise ausdrücklich. Im Gegenzug dazu überfordern überdimensionierte Vorhaben die lokalen Gegebenheiten bzw. zerstören landschaftliche, städtebauliche, ortstypische sowie wirtschaftliche Strukturen und Qualitäten.

Vor diesem Hintergrund blieben nach mehreren Wertungsrunden 12 Projekte in der Wertung, die in der Folge vor Ort besichtigt wurden:
_ Wohnbebauung Hausmannstätten
_ Apartmenthaus Ronald McDonald
_ Wohnbau Hirtenkloster
_ Umfassende Sanierung Sporgasse 12+14
_ massive living, Wohnbau Wittenbauerstraße
_ Geidorf Hoch 3
_ Wohnbau Muchargasse
_ Studentenwohnheim Leechgasse
_ GOGO
_ Laimburggasse
_ Alphawolf
_ Messequartier

Danach wurden folgende 8 Projekte ausgewählt, um mit der GerambRose 2014 ausgezeichnet zu werden:

Klausur, Stift St. Lambrecht
Hauptstraße 1, 8813 St. Lambrecht, reitmayr architekten, Benediktinerstift St. Lambrecht.
Die Bauaufgabe, nämlich der Umbau bzw. die Adaptierung von 12 Zimmern des Stiftes, ist kein allzu großes Unterfangen. Der Jury ist bewusst, dass es sich sowohl beim Bauvorhaben als auch beim Bauherrn um ein „elitäres Nischensegment“ des Wohnens handelt. Trotzdem gibt es einige Besonderheiten, die dieses Projekt kennzeichnen.
Während der Begriff der Nachhaltigkeit so oft strapaziert wird und viele ihn nicht mehr hören können, hat man hier das klare Empfinden, Nachhaltigkeit zu spüren. Größere Eingriffe in die Bausubstanz finden nur im Abstand mehrerer Jahrzehnte statt, aber dafür mit großer Sorgsamkeit und einem hohen Anspruch an Qualität und selbstverständlich in Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt.
Auch wenn alle Zimmer mit Fußbodenheizungen ausgestattet wurden und die Zu- und Abwasseranlage völlig neu konzipiert wurde, waren die Eingriffe in die bestehende Substanz minimal und man nutzte so weit wie möglich bestehende vertikale und horizontale Öffnungen, wie zum Beispiel die vorhandenen Kamine. 
Erwähnt sei auch, dass – so weit als irgendwie möglich – wärmedämmende Maßnahmen an Decken und Fußböden realisiert wurden.
Die besondere Herausforderung bestand darin, die fast 6 m hohen Räume effizient zu nutzen. Da die Zimmer nicht nur zum Schlafen, als Rückzugsort zum Studieren und Arbeiten dienen, sondern auch über entsprechende Nasszellen sowie ausreichend Stauraum verfügen sollten, hat man sich für einen zweigeschossigen Ausbau mit Galerie entschieden. Der gesamte Einbau wirkt wie ein perfekt passendes großes „Möbel“, die notwendigen konstruktiven Elemente sind so gut wie nicht sichtbar. Die hohe Qualität der Planung sowie der Ausführung sind in jedem Detail, in Materialwahl und handwerklicher Fertigung abzulesen. Das Ergebnis ist ein eindrucksvolles Beispiel von guter gelebter Baukultur.

Pflegewohnheim Peter Rosegger
Maria-Pachleitner-Straße 36, 8053 Graz, Dietger Wissounig Architekten, ENW Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft m.b.H.; Geriatrische Gesundheitszentren der Stadt Graz.
Das Pflegeheim wurde auf dem ehemaligen Areal der Hummelkaserne im Westen von Graz errichtet. Es ist eines der ersten Gebäude, das in Nachbarschaft des Großprojektes Reininghaus realisiert wurde. In diesem neuen Stadtteil sollen einmal bis zu 20.000 Menschen wohnen. Gegenwärtig stellt sich das städtebauliche Umfeld allerdings äußerst heterogen dar. Das gegenständliche Projekt wurde daher mit seiner zweigeschossigen Holzfassade und der nahezu spiegelsymmetrischen Konzeption als sehr autonomes Objekt geplant.
Das zentrale Element des Entwurfs stellt ein innenliegender „Dorfplatz“ dar. Um diesen gruppieren sich die vier Hausgemeinschaften im Erd- und Obergeschoss. Jede dieser Einheiten bietet 13 BewohnerInnen Platz und verfügt über großflächige Wohn-, Ess- und Kochbereiche, die es den BewohnerInnen ermöglichen, sich an der Zubereitung der Speisen zu beteiligen und die Anwesenheit und Teilhabe von Familienmitgliedern am Alltagsleben erlauben. Auf diese Weise werden eine überschaubare Situation und eine sehr angenehme, anregende Atmosphäre geschaffen.
Auch die individuellen Wohnräume wirken äußerst hochwertig und freundlich. Die Ausgestaltung mit großzügigen Verglasungen und als Bänken ausgeführten Parapeten sind nützliche und attraktive Gestaltungselemente, wie man sie in „normalen“ Wohnbauten sehr oft vermisst. Mittels verschiedener baulicher Maßnahmen (Lamellen, Lichtkuppeln, Vordächern) wird eine Vielzahl von Lichtstimmungen ermöglicht und der Bezug zum Tageslauf hergestellt. Überhaupt wird versucht, den BewohnerInnen durch zahlreiche Aufenthaltsmöglichkeiten auf Balkonen, Innenhöfen und in zwei Gärten eine abwechslungsreiche und den Lebensumständen angepasste Umgebung zu generieren. Das gesamte Gebäude besticht durch wohldurchdachte und präzise umgesetzte Details.
 Die Ausführung als Holzbau mit hohem Vorfertigungsgrad in Passivhausbauweise trägt mit dazu bei, dass das Pflegeheim Peter Rosegger neben seinen außergewöhnlichen architektonischen Qualitäten auch hinsichtlich Nachhaltigkeit und ökonomischem Einsatz der Mittel Vorbildwirkung hat.

Wohn- und Geschäftshaus Goldener Engel
Lendplatz 1, 8020 Graz, PENTAPLAN ZT-GmbH, Megaron Bauträger GmbH & Mitgesellschafter.
Der südliche Abschluss des Lendplatzes in Graz wird von einem Baukörper geprägt, der markant, etwas schroff und doch selbstverständlich am Platz steht. Zum Verständnis ist die Geschichte des Bauwerks hilfreich. Das jetzige Erscheinungsbild ist die Fortschreibung und auch Klärung eines ursprünglich homogenen, dann zerstörten und infolge heterogenen Altbestandes. Die vorgenommene Aufstockung und das zurückgesetze oberste Geschoß setzen eine maßstäbliche und verträgliche Verdichtung am Platz. Bestehende Fensterordnungen werden beibehalten und die Elemente zu französischen Fenstern verlängert. Die schroffe Fernwirkung der
Fassade löst sich durch die weiche haptische Anmutung der Oberfläche auf. Trotz der logischen Fortführung der Fensterordnung könnte man dennoch über eine stärkere Öffnung vor allem zum Lendplatz diskutieren.
 Der herb-kühle Eingang mündet in einen offenen mehrgeschoßigen Patio – der „weiche Kern der harten Schale“. Die Architekten erkennen den Mehrwert der auch früher schon bestehenden Pawlatschen für die BewohnerInnen. Alle Wohnungen werden vom Hof erschlossen, diese Funktion stärkt zugleich den gemeinschaftlichen Raum, und lässt ihn zum „gemeinsamen Wohnzimmer“ werden. Die Teilüberdachung liegt wie der Rahmen eines Diapositivs, eines Himmelfensters über dem Patio. Die Architekten werden dem Anspruch des Privaten feinsinnig gerecht, indem sie dafür erforderliche Räume des gemeinsamen und des öffentlichen Raumes gekonnt schichten. Die Wohnungstüre zieht die Grenze zum Privaten, diese Grenze wird durch Fensterelemente aus anderen Wohnbereichen und Küchen durchlässig, was nicht nur die Querlüftung ermöglicht, sondern auch die Kommunikation der 21 Wohneinheiten stärkt. In der intensiven und vielfältigen Nutzung des Innenhofes ist die Akzeptanz der NutzerInnen für diese Überlegungen eindrucksvoll abzulesen. 
Als Modell der Stadtnutzung und Verdichtung kann man dieses vom Architekturbüro selbst initiierte Projekt als auf hohen Niveau gelungen bezeichnen.

Mädcheninternat der Landesberufschule für Tourismus
Mailandbergstraße 10, 8344 Bad Gleichenberg, barkosky wahrer architekten, LIG Landesimmobilien-Gesellschaft Steiermark.
Das neue Mädcheninternat ist konzipiert als autonomes, kompaktes Gebäude, das sich durch die Staffelung seiner Volumetrie schlüssig in den Hang integriert. Zu den Nachbargebäuden ist seine Beziehung begrenzt, es bezieht sich eher auf sich selbst. Die Kompaktheit der Typologie ist als solche sehr überzeugend, da sie kurze interne Wege und durch die geringe Fassadenoberfläche eine gute Basis für eine hohe Energieeffizienz bietet sowie sehr wirtschaftlich zu errichten ist.
Die Innenräume gewinnen durch allgegenwärtige Sichtbezüge zu der umgebenden Landschaft eine hohe Attraktivität, die durch zahlreiche Blickbeziehungen im Inneren sowie den ebenfalls vollverglasten Innenhof weiter gesteigert wird. Diese Luftigkeit und Transparenz machen das Projekt zu einem äußerst einladenden Gebäude. Zum Gelingen des innenräumlichen Konzepts trägt obendrein noch die konsistente und schlüssige Materialisierung bei. Der strukturell eingesetzte Sichtbeton ergänzt sich harmonisch mit dem eloxierten Aluminium der Fassade sowie den Beton- und Estrichböden. Alle Details und Materialkombinationen sind schlüssig entworfen und umgesetzt.
In den Interieurs der Zimmer sind neben den gemeinschaftlichen Bereichen besonders die Betreuerzimmer überzeugend. Die großzügigen Balkons sowie die integral konzipierten Möbel formen ein schlüssiges Ganzes. Die Zimmer für die Lehrlinge sind im Gegensatz dazu eher karg und es fehlt an geeigneten Elementen, um den Zimmerbewohnerinnen Privatheit zu gewährleisten.
Die Fassade ist konsequent konzipiert als Aluminium-Pfosten-Riegel-Fassade in einem stringenten 90-cm-Rhythmus. Das Projekt vermeidet dennoch den Eindruck allzu großer Strenge und präsentiert die temporäre Wohnform des Internats in beeindruckender Klarheit.

Ökosozialer Wohnbau am Grünanger
Andersengasse, Eduard-Keil Gasse, Pichlergasse, Theyergasse, 8041 Graz, Hubert Rieß, Architekt, ÖWG/ÖWGes Wohnbau.
Das Wohnbauprojekt am Grünanger fügt sich in eine bestehende Barackensiedlung ein. Die ursprüngliche Siedlung wurde während der Zeit des Naziregimes 1940 als Umsiedlerlager für die deutsche Bevölkerung aus der Südbukowina errichtet. Nach dem zweiten Weltkrieg diente die Siedlung zur Unterbringung von sozial schwächer gestellten Personen. Über die Jahrzehnte entstand eine spezifische Form der Subkultur, die vor allem auch durch die Wohnform der frei stehenden Häuser mit Gärten geprägt wurde und an Kleingartenhäuser erinnert.
Als der Siedlung der Abriss drohte wurde das gegenständliche Projekt initiiert, um teilweisen Ersatz zu schaffen und vor allem eine sanfte bauliche Nachverdichtung herzustellen. Erklärtes Ziel war es, nicht wesentlich in die Lebensumstände der BewohnerInnen einzugreifen und den BezieherInnen der neuen Wohnungen effizienten, günstigen und dennoch hochqualitativen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Dazu wurden zahlreiche Varianten entworfen und innovative Konzepte etwa zur Heizung oder Fragen der modularen Vorfertigung entwickelt. Ausgeführt wurden schließlich sechs zweigeschossige Häuser, welche jeweils vier Kleinwohnungen und zwei Maisonetten beinhalten. Die Grundrisse zeichnen sich durch eine hochgradig optimierte Nutzung der Wohnfläche aus. So werden etwa in der größeren Wohnung auf 62m2 drei Zimmer, eine Wohnküche, das Wohnzimmer sowie Sanitär- und Abstellräume untergebracht. Die Herstellung in Modulbauweise konnte aufgrund der geringen Stückzahl nicht realisiert werden und die ursprünglich geplante Holzfassade musste grauen Faserzementplatten weichen, die zwischenzeitlich bereits mittels einer bunten Farbgebung „behübscht“ wurde.
 Das gegenständliche Projekt bezieht daher seine Einzigartigkeit nicht ausschließlich aus dem gebauten Resultat, sondern verdient insbesondere Anerkennung für die intensive Bemühung, prekär lebenden Bevölkerungsgruppen adäquaten Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

Kloster der Benediktinerinnen St. Gabriel
8222 St. Johann bei Herberstein 7a, Henke Schreieck Architekten ZT GmbH, Römisch-katholische Pfarrpfründe.
Durch den Neubau des Klosters St. Gabriel wird exemplarisch und in präziser Klarheit eine konzentrierte Sonderform des Wohnens umgesetzt. Als Teil eines Ensembles mit kirchlichen Einrichtungen wirkt das Kloster als logische Weiterführung der historischen Gebäude ins Hier und Jetzt, es ist eine exakte, gut überlegte Antwort auf die bestehenden und gestellten Vorgaben. Positioniert mit der richtigen Distanz zum Bestand, formt der Neubau einen eigenen identitätsstiftenden Vorplatz, an dem die Kapelle die klassisch dominierende Rolle am Dorfplatz übernimmt. Scharf an der Geländekante werden die Klosterzimmer in das Gelände eingefügt, um den entsprechenden Maßstab für den privaten Bereich zu finden, während sich gemeinschaftliche Bereiche wie Bibliothek, Atelier, Speiseraum etc. hangabwärts positionieren, dort, wo Platz für das erforderliche Volumen ist.
Die Privatheit der Zimmer wird mit einer dezenten Geste der tiefergelegten Vorbereiche unterstrichen. Die Auffächerung der Fassade gibt den Zimmern großzügige Erkerbereiche. Sowohl Schutz vor dem vorbeiführenden Weg als auch direkter Blick zur historischen Kirche wird damit ermöglicht. Mit dem gleichen Selbstverständnis, das der neue Baukörper gegenüber der historischen Nachbarschaft im Außenauftritt zeigt, wird dem geschichtsträchtigen mitgebrachten Mobiliar ein gut gewählter Platz im Inneren gewährt. Material und Farbe entsprechen der noblen Bescheidenheit des klösterlichen Lebens. Privat wird erst durch das Gemeinschaftliche und Öffentliche definiert. Diese notwendigen Zonierungen für Wohnsituationen sind hier mit Leichtigkeit, Klarheit und Eleganz abgebildet.

Haus der Generationen
Rabnitzstrasse 19, 8063 Eggersdorf, Gerhard Mitterberger Architekt ZT-GmbH, WOG Wolf Objekt GmbH.
Ist der Architekt mit dabei? Nein, schade, ich hätte ihm gerne gesagt, wie schön es hier ist!“ Die uns begrüßende Dame auf der Terrasse fühlt sich sichtlich wohl in ihrer neuen Umgebung. Ihre Tochter sieht den Besuch in Eggersdorf als Ausflug, nicht als Anstrengung. Monofunktionalität in öffentlichen und privaten Einrichtungen sollte der Vergangenheit angehören. Vorbei die Zeiten der Ghettos. Mit großem Engagement wird das Gebäude diesem Credo gerecht. Kindergarten im Erdgeschoß mit davorliegendem Freibereich, betreutes Wohnen mit eigenen Terrassen und Gärten, Arztpraxen und ein Pflegeheim bieten ein breites Spektrum im Haus der Generationen. Diesem vielfältigen Angebot steht das Gemeinschaftliche voran, Räume, die übergreifend genutzt werden und damit für alle von Vorteil sind.
Private Flächen mit Ausblick in die Natur sind angebunden an gemeinschaftliche Flächen. Dieses Gebäude lässt Heime der vergangenen Generation vergessen. Der den BewohnerInnen vertrauten Dorforganisation entsprechend, fügen sich Dorfplätze an Außenräume mit unterschiedlichsten Größen und Orientierungen. Ein Angebot, das keine Langeweile im vielleicht schon monotonen Tagesablauf eines Pflegeheimes aufkommen lässt. Dass dieses Gebäude nicht peripher, sondern nahe am Ortskern errichtet wurde, ist sicher nicht dem billigsten Grundstück, sondern einer Absicht der Integration gezollt. Das Haus der Generationen findet in einem gekonnt geplanten Gebäudekonstrukt Platz. Zugrunde liegt hier aber ein Gesellschaftskonzept, das unverkrampft und selbstverständlich und damit tröstlich für die eigene Zukunft umgesetzt wurde.

Rondo, Marienplatz 1, 8020 Graz, Markus Pernthaler Architekt ZT GmbH, ÖWG Wohnbau.
Das als Rondo bezeichnete Gebäude wurde an Stelle der Grazer Marienmühle errichtet. Die Wohnnutzung mit einer vielfältigen Mischung aus Wohnungstypen und -größen wird ergänzt durch Büros, Künstlerateliers, Geschäftslokale und eine Gastronomieeinrichtung. Eine Besonderheit stellen die Kleinwohnungen dar, die in direkter Verbindung mit Büros stehen und eine interessante Arbeiten und Wohnen-Kombination anbieten. Das nach außen hin auffälligste Gestaltungsmerkmal des Projekts ist allerdings die vorgesetzte Fassade aus Polycarbonat. Sie schützt vor Lärm und Witterung, bietet Sichtschutz und bildet eine Art temperierte Pufferzone, die gleichzeitig zur Erschließung dient. Diese großzügig bemessene Kommunikationszone hat durch ihre Gestaltung als begrünter Raum nicht nur stimmungsmäßig, sondern auch mikroklimatisch positive Auswirkungen auf das Wohnumfeld. Weiters schafft diese Art der Fassadengestaltung ein Zeichen im Stadtraum mit hohem Wiedererkennungswert. Die Volumen des Baukörpers folgen den beiden begrenzenden Straßenzügen. In der Höhenentwicklung passt sich das Gebäude den benachbarten Häusern an.
Die Wohnräume orientieren sich in Richtung des durchgrünten Innenhofes, der vom Mühlgang durchflossen wird, und zum Volksgarten mit Blick auf den Schloßberg. Im Hof befindet sich auch ein Kleinkraftwerk, dessen Energie ebenso genutzt wird wie ein neun Meter tiefes Erdregister des ehemaligen Mühlenspeichers. Das Projekt ist geprägt von erfinderischem Ideenreichtum und stellt sich der Herausforderung, sowohl öffentlich zugängliche Funktionen als auch privates Wohnen in einer interessanten städtischen Form zu kombinieren. Besonders erwähnenswert erscheint auch die Tatsache, dass das Konzept der Projektentwicklung auf die Idee des Planers zurückzuführen ist.

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