17/01/2015

2014 wurde an einer Novellierung des Grazer Altstadterhaltungsgesetz gearbeitet. Am 20. November wurde der Gesetzesentwurf von der Landesregierung einstimmig beschlossen, die Abstimmung des Landtages steht noch aus. Ein Überblick über die wesentlichen Änderungen.

17/01/2015

Blick auf Dachlandschaft Kastner & Öhler im Vordergrund, Architekten: Fuensanta Nieto und Enrique Sobejano, im Hintergrund Blick auf Dachlandschaft der Steiermärkischen Bank, Architekten: Szyszkowitz + Kowalski

©: Martin Brischnik

Thalia, Architekten: sam ott-reinisch

©: Martin Brischnik

Blick auf Dachlandschaft Thalia, Architekten: sam ott-reinisch

©: Martin Brischnik

Fassade „gläsernes Haus“, Ballhausgasse, Architekten: HOG Architektur ZT GmbH

©: Martin Brischnik

Blick auf Baustelle Wohnbau Pfauengarten, Architekten: Pichler & Traupmann

©: Martin Brischnik

Nachdem in den vergangenen Jahren die Kritik an der derzeitigen ASVK immer stärker wurde (www.gat.st berichtete), formulierte die ZT Kammer im November 2011 ein Positionspapier, deren Inhalte sich 2013 in einer Petition der Stadt Graz die steiermärkische Landesregierung wiederfanden. Die Kommission geriet vor allem durch die eigenständige Durchführung wettbewerbsähnlicher Verfahren zur Erlangung von Bauentwürfen in eine "schiefe Optik". Die Planungstätigkeit von ASVK-Mitgliedern in der Schutzzone wurde hinterfragt bzw. ein Planungsverbot im Bereich der Grazer Altstadt während der Sachverständigentätigkeit gefordert. Die Beteiligung von Kommissionsmitgliedern als stimmberechtigte JurorInnen bei Architekturwettbewerben wurde hinsichtlich der Objektivität in Frage gestellt, nicht zuletzt da eine entsprechende Situation in der Salzburger SVK sogar zu einem gerichtlichem Nachspiel geführt hat.

Anfang 2014 zog das Bundesdenkmalamt nach langen internen Diskussionen seinen Vertreter aus der Grazer ASVK zurück. Dieser Schritt ermöglicht es dem Bundesdenkmalamt jetzt deutlich klarer seinen Aufgaben in der Beurteilung von Gebäuden und Bauaufgaben nachzukommen, ist man nun schließlich nicht an gemeinsam mit der ASVK gefällte Entscheidungen gebunden. Gleichzeitig wird dadurch die ASVK nachhaltig entwertet. Dieses Bild der inhaltlichen Entwertung der Kommission erreichte ihren Höhepunkt, als Landesrat Christian Buchmann entschied, den durch den Ausstieg des Bundesdenkmalamtes freigewordenen Platz mit Vertretern der Wirtschaftskammer (BaumeisterInnen, HolzbaumeisterInnen) zu besetzen.

Die Petition des Grazer Gemeinderates an die Landesregierung bewirkte, dass eine Gesprächsrunde aus Vertretern des Landes Steiermark, der Stadt Graz, der ZT Kammer sowie der ASVK selbst einberufen wurde, um die längst anstehende Novellierung des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes 2008 GAEG in die Wege zu leiten. Das GAEG determiniert die Aufgaben der ASVK und legt deren Zusammensetzung fest.
Im Rahmen der mehrmaligen Treffen gab die ZT Kammer leider ihren Standpunkt der Forderung nach einem Planungsverbotes für aktive ASVK Mitglieder in der Schutzzone auf. Das Ergebnis der Gespräche fand Eingang in einen Gesetzesentwurf, welcher im September 2014 ausformuliert und zur Begutachtung veröffentlicht wurde. Während die Stadt Graz es verabsäumt hat eine Stellungnahme zu dem Entwurf abzugeben, kritisierte die WKO zahlreiche der angeführten Punkte hinsichtlich der damit verbundenen "Nachteile für die örtliche Wirtschaft". Unter anderem hätte das Abstellen von Kraftfahrzeugen in Vorgärten keinen Einfluss auf die Bausubstanz, so die WKO.

Laut der Fachabteilung Verfassungsdienst der Steiermärkischen Landesregierung ist es üblich im Zuge einer Gesetzesänderung die Stellungnahmen der betroffenen Ämter und Körperschaften nach gründlicher Abwägung in den Gesetzesentwurf einzuarbeiten und diesen der Landesregierung vor der Abstimmung zur Einsichtnahme vorzulegen. Dieser Prozess hat im Fall des GAEG offenbar nicht stattgefunden. So wurde der Gesetzesentwurf ohne nochmalige Vorlage überarbeitet und der Landesregierung am 20. November direkt zur Abstimmung vorgelegt, wo er einstimmig beschlossen wurde. Die Abstimmung des Landtages steht noch aus.

Die wesentlichsten Änderungen des neuen GAEG

Die Festlegung des Schutzgebietes betreffend wurde in dem Gesetzesentwurf vor allem betont, dass dieses auch die Grenzen des UNESCO-Weltkulturerbes ersichtlich macht.

Die im Paragraf 5 festgesetzten Punkte zu Neu-, Zu- und Umbauten wurden durch einen Absatz zur Definition der baukünstlerischen Qualität ergänzt. Diese sei "nach den Kriterien der strukturellen Gliederung der Baukörper, der Unverwechselbarkeit der Ansichten, der räumlichen Proportion, des Grades der Innovation, der selektiven Auswahl des Materials, der farblichen Gestaltung und des Beitrages des Bauwerkes zur Geschichtsbildung zu bewerten". 
Das Abstellen von Kraftfahrzeugen in Vorgärten schutzwürdiger Bauwerke soll (trotz des Einspruchs der WKO) einer Bewilligung bedürfen.

Im §10 zu den Verfahrensbestimmungen wurde die Möglichkeit der Forderung eines restauratorischen Materialbefundes von Fassaden aufgenommen, wenn die Fassaden die Schutzwürdigkeit der jeweiligen Bauwerke (mit-)begründen.

Unter §12, Punkt 7 liest man, dass die ASVK zu Anfragen, die vor Durchführung von Architekturwettbewerbsverfahren und dergleichen an sie gerichtet werden, eine Stellungnahme abgeben und an solchen Verfahren mitwirken kann.

Die Bestellung und Zusammensetzung der ASVK (§13) ändert sich gravierend. So wird der Ausstieg des BDA und der Einbezug der WKO im Gesetz festgehalten. Die Vorsitzenden der Kommission werden in Zukunft nicht mehr von der Landesregierung bestimmt, sondern aus dem Kreis der stimmberechtigten ASVK Mitgliedern gewählt. Eine Wiederbestellung von ASVK Mitgliedern ist möglich, muss aber nach zwei Perioden unterbrochen werden.
Vertreter des Bundesdenkmalamtes sowie der Baubehörde können mit beratender Stimme beigezogen werden.

Der Altstadtanwalt wird in Zukunft für fünf, statt wie bisher für drei Jahre bestellt. Das Revisionsrecht am Verwaltungsgerichtshof wird dem Altstadtanwalt in Zukunft genommen. Daraus folgt, dass der Altstadtanwalt in Zukunft auch die Abbruchsperre nicht mehr verlängern kann, so wie es bislang laut §5, Abs 4 möglich war. Laut dem gegenwärtigen  Altstadtanwalt Dr. Manfred Rupprecht vereinfacht sich dadurch der Abbruch eines Gebäudes. Rupprecht weist aber darauf hin, dass er das Revisionsrecht am Verwaltungsgerichtshof nie nutzen musste. Die Änderung sei wohl erfolgt, um die Verfahren zu vereinfachen, so Rupprecht.

Der Gesetzesentwurf sieht kein Planungsverbot von ASVK-Mitgliedern in der Schutzzone vor. Auch eine Regelung zur Offenlegung von Bauvorhaben der Kommissionsmitglieder in der Schutzzone wurde nicht getroffen. 
Die Vermeidung des Vorwurfs der Befangenheit ist ebenfalls nicht gelungen. Die Teilnahme von ASVK-Mitgliedern an Wettbewerben wird durch das Gesetz sogar ermöglicht – ob in beratender Form oder mit Stimmrecht ist nicht festgelegt.
Positiv ist, dass der Vorsitz der Kommission in einer Wahl geschieht und nicht mehr der Willkür des jeweiligen Landesrates unterliegt.

Alles in allem gehen die ASVK und die Altstadtanwaltschaft nicht gestärkt aus der Gesetzesänderung hervor. Weder haben sich die Möglichkeiten zum Erhalt der Grazer Altstadt gebessert, noch wird die fachliche Qualität der Kommission gehoben. Die Beschickung der ASVK durch die Wirtschaftskammer, deren Interessen naturgemäß auf der Investorenseite liegt, ist ein deutliches Zeichen in die falsche Richtung.
Innovative Überlegungen hinsichtlich der Synergien zwischen dem Grazer Gestaltungsbeirat und der ASVK verliefen im Rahmen der Gesetzesänderung offenbar im Sand. Es wird vor allem an den agierenden ASVK Mitgliedern liegen, den Ruf der Kommission wieder herzustellen.

Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+