14/08/2020

Fahrrad- & Fußgängerbrücke in Angers

Die Brücke als Weg und Ort

Die neue Passerelle am Bahnhof Angers Saint-Laid ist mehr als ein Übergang. Sie ist ein neuer urbaner Ort der Begegnung.

Bauherr
Stadt Angers
Hauptstadt des ehem. Anjou

Wettbewerb
November 2015

Architektur
Dietmar Feichtinger Architectes
Paris/Wien

Fertigstellung
Jänner 2020

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14/08/2020

Fahrrad- & Fußgängerbrücke Angers. Architektur: Dietmar Feichtinger Architectes, 2020. Ansicht vom Osten

©: David Boureau

Detailansicht

©: David Boureau

Detailansicht

©: David Boureau

Überqueren Richtung Nord

©: David Boureau

Überqueren Richtung Süd

©: David Boureau

Lageplan

©: Dietmar Feichtinger Architectes

Grundriss

©: Dietmar Feichtinger Architectes

Schnitt / Ansicht Ost

©: Dietmar Feichtinger Architectes

Detailschnitt

©: Dietmar Feichtinger Architectes

Dietmar Feichtinger Architectes realisierten 2020 in Angers, im Westen Frankreichs, eine neue Fußgänger- und Fahrradbrücke. Städtebaulich markant, führt sie in weitem Bogen vom Bahnhof Saint-Laud im Norden über den 70 Meter breiten Gleiskörper in Richtung Place Giffard-Lagenvin im Süden.

Vom zentral in der Stadt gelegenen Bahnhof Angers Saint-Laud verkehren u.a. täglich über 50 Züge nach Paris und Nantes. Im Bereich des Bahnhofs bildet der Gleiskörper eine städtebauliche Zäsur, die zwar mit einer geradlinigen Stahlbeton-Fußgängerbrücke überwunden wurde, wegen baulicher Mängel aber zu ersetzen war. Aus diesen Gründen entschloss sich die Stadt einen städtebaulichen Prozess zur Aufwertung des Bahnhofquartiers einzuleiten. Im Zuge dessen sind bahnhofseitig bereits Bürogebäude und ein Parkhaus errichtet worden. Ein Hotel ist in Bau und südlich der Gleise entstehen an der Rue Fulton eine neue Promenade und ein Park.

Die neue Passerelle ist Teil des Stadterneuerungsprozesses, den Wettbewerb dazu entschieden Dietmar Feichtinger Architectes 2015 für sich. Ihr Projekt orientiert sich am Maßstab der Stadt und ermöglicht durch Aufzüge und Stiegen einen behindertengerechten direkten Zugang auf die Bahnsteige. In seiner sanft geschwungenen Wegführung und der konstruktiven Eleganz bildet sie eine starke Präsenz im Stadtraum. Bänke entlang der Brüstungen laden zum Sitzen ein – die Brücke wird zum Weg und Ort.

Im Norden liegt der Aufgang auf die 150 Meter lange Passerelle in einer Flucht mit dem neuen Parkhaus – flankiert seine grüne Längsfassade. So akzentuiert sie das Gebäude, wertet die unteren Parkdecks auf und schafft auch dem gegenüberliegenden künftigen Hotel einen attraktiven Vorbereich.
Im Süden mündet der Brückenbogen direkt in die Achse der Place Giffard-Langevin mit dem neuen Park, um dort die Fußgängerpromenade zu erweitern. Eine lange, flach geneigte Rampe schafft einen barrierefreien Zugang vom Straßenraum auf die Passerelle.

Die Gestaltung der Brücke aus Stahl und Holzrahmen ist eine Reaktion auf den spezifischen Ort und seine funktionellen Anforderungen. Ihre Materialität entspricht dem Bahnhofsumfeld und ermöglicht, große Spannweiten elegant zu überbrücken. Die Lage der Stahlbetonpfeiler, in denen die tragenden V-Stützen aus Stahl verankert sind, war bereits im Wettbewerb festgelegt. Feichtinger Architectes positionierten darauf den Brückenbogen. Obwohl Pfeiler an Bahnhofsstegen auf die Last eines entgleisenden TGV ausgelegt sein müssen, wirken sie nicht massiv. Die Unterkonstruktion des Brückenbogens besteht aus einem Kastenprofil aus Stahl und einer Konsole. Auf ihr liegen die Holzlatten des Stegs und die hölzernen Sitzflächen der Bänke auf, die den westlichen Rand der Brücke flankieren. Hier können Passagiere auf Züge warten, Passanten und Flaneure den Blick über die Gleise und Züge beobachten.
Der Brückenquerschnitt variiert über die Gesamtlänge: Er verbreitert sich im Bereich der Stiegen und Rampen, um Spaziergänger und Passanten zur Nutzung der Brücke zu animieren. Zwei Treppen und Lifte ermöglichen einen direkten Zugang auf die meist frequentierten Bahnsteige, auf denen die Züge nach Paris und Nantes halten.

Die kolonnadenartigen Rahmen aus Leimholzbindern rhythmisieren den Weg aufgrund ihrer unterschiedlichen Abstände sowie ihrer leicht variierenden Querschnitte und Neigungswinkel. Die Binder verdichten sich zur Mitte der Brücke hin und erzeugen so eine Atmosphäre, die zum Innehalten einlädt, während die größeren Abstände am Beginn und Ende der Brücke den Blick auf die Stadt immer mehr erweitern.
Zudem regulieren die Binder Beleuchtung, Witterungs- und Windschutz. In die Rahmen integrierte LED-Streifen akzentuieren den Brückenverlauf, die Höhe der vertikalen Lichtstreifen steigt von den Enden bis zur Mitte der Struktur an, die horizontalen Lichtlinien folgen der Breite der Brücke. Die zunehmende Länge der vertikalen LED-Streifen und die Verdichtung der Rahmen führt zu deutlich mehr Helligkeit in der Mitte – bei Nacht unterstützt das funktional begründete Design die städtebauliche Dimension der Passerelle.
In den hölzernen, 6 bis 8 Meter breiten Steg sind rutschfeste Streifen eingelassen, die dafür sorgen, dass man die Brücke auch bei schlechtem Wetter gefahrlos nutzen kann.
(Text: Architekten, redaktionell gekürzt)

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