17/11/2010
17/11/2010

Chemieersatzgebäude, TU Graz (2010), Planung: Zinterl Architekten, Graz. Foto: Paul Ott

Molekularorgel von Constantin Luser. Foto: Foto: Paul Ott

Glasfassade von Robert Schaberl. Foto: Paul Ott

Landschaftsplanung: LAND IN SICHT, Wien. Foto: Paul Ott

Blick vom Foyer des Hörsaals in einen der zwei Innenhöfe. Foto: Paul Ott

Hörsaal, Blick vom neu gestalteten Innenhof. Foto: Paul Ott

Der neue Hörsaal. Foto: Paul Ott

Zweigeschoßiger Eingangsbereich. Foto: Paul Ott

Übergang zum Hörsaalzentrum. Foto: Paul Ott

Stiegenhaus mit Oberlichten. Foto: Paul Ott

Das neue Chemiegebäude der TU Graz bietet nicht nur Platz für 600 Studierende und Wissenschafter auf über 10.000 m², sondern soll auch städtebauliche Akzente setzen. Der Wettbewerbsentwurf von Zinterl Architekten sah eine umfassende Verschränkung von Campus und öffentlichem Raum durch das Zusammenführen des neuen Vorplatzes mit einer verkehrsberuhigten Stremayrgasse sowie das Schaffen von öffentlicher Durchlässigkeit vor. Nach langen Verhandlungen mit Stadt und Anrainern blieb nur der – jetzt singuläre – bewusst richtungslos gehaltene Vorplatz, ein neuer öffentlicher Durchgang zur Brockmanngasse sowie eine Verkehrsberuhigung im Eckbereich Kopernikusgasse/Stremayrgasse über.

Das neue sieben- bis achtgeschoßige Institutsgebäude schließt die Südseite der bestehenden U-förmigen Neuen Technik aus den 20er Jahren, die ursprünglich bis zur Münzgrabenstraße hätte reichen sollen. Erdgeschoß und erstes Obergeschoß sind als öffentliche Bereiche konzipiert, darüber befinden sich Labors und Büros der Chemieinstitute. Ein markanter roter Übergang führt zum monolithischen Hörsaalzentrum, das in der Kubatur dem früheren Hofgebäude entspricht. In der Glasfassade dessen zweigeschoßigen Foyers spiegelt sich tagsüber die Hoffassade des Altbaus, während abends der mit Mosaikfliesen verkleidete Hörsaal in den neu gestalteten und von parkenden Autos befreiten Innenhof leuchtet. Auf der, über zwei Brücken zugänglichen Dachterrasse befindet sich die Molekularorgel von Constantin Luser, eine dreidimensionale, von einem Orchester bespielbare Collage aus 35 ineinander verschlungenen Blasinstrumenten. Wie auch die Fassade des Gebäudes wurde dieses Werk von der BIG Art finanziert, die jedes Jahr fünf bis sechs Projekte der BIG auswählt um dort Kunstwerke zu realisieren. Die früher im Gießkannenprinzip unter dem Titel Kunst am Bau aufgewendeten Mittel werden so konzentriert eingesetzt.

Auf das geforderte, sehr dichte Raumprogramm antwortet der Entwurf mit maximaler Kompaktheit. Die Institute verteilen sich, die nötigen Raumhöhen optimal ausnutzend, auf vier Laborebenen im mittleren Gebäudeteil und fünf Bürogeschoße an den beiden Stirnseiten. Die dazwischen liegenden Stiegen vermitteln zwischen den Niveaus und bringen durch große Öffnungen Tageslicht bis ganz nach unten. Über eine zwei Meter breite Glasfuge schließt der Neubau sensibel an das Bestandsgebäude an und ermöglicht nun Rundgänge auf mehreren Ebenen.
Zwei Innenhöfe zwischen Institutsgebäude und Hörsaaltrakt ergänzen die differenzierten Aufenthaltsbereiche des Geländes. Sollte es den Rauchern draußen zu kalt werden, kommt ihnen die technische Ausstattung der Labors, die einen beträchtlichen Teil der Bausumme ausmacht, zugute: Sogenannte Punktabsauger dürften gerade genug Sog entwickeln, um eine Zigarette unbemerkt von den umfangreichen Sicherheitseinrichtungen zu rauchen, wie Dekan Frank Uhlig mit einem Augenzwinkern verriet.

Die Glaslamellen der, von den Architekten gemeinsam mit dem Künstler Robert Schaberl entwickelten Fassade sind mit Farbpigmenten versehen, die das Gebäude je nach Blickwinkel in unterschiedlichen Farben schillern lassen. Gleichzeitig fungiert der, an ein Molekül erinnernde Siebdruck als sensorgesteuerter Sonnenschutz. Das Motiv der permanenten und vielfältigen Wechselbeziehung von innen und außen zieht sich durch das ganze Gebäude. So wirken vom Dach des Hörsaals aus die Fensterreihen des Innenhofs wie die Ränge eines Theaters, das sich in der Spiegelung der Glasfassade verdoppelt und sich so dem ursprünglichen Entwurf der Neuen Technik annähert.
PROJEKTDATEN:

TU Chemieersatzgebäude
Standort: Stremayrgasse 9, 8010 Graz

Auftraggeberin: BIG Bundes Immobilien Gesellschaft
Planung: Zinterl Architekten, Graz; Arch. DI Thomas Zinterl
Projektleiter: DI Gerhard Fast
MitarbeiterInnen: Arch DI Eileen Kühne, DI Marianne Reich, Martin Feitl, Arch. DI Klaus Grill, DI Ernst Rainer, DI Christian Lankes, Ing. Angelika Sprinz, DI Siegfried Pavel, DI Birgit Reiterer
Tragwerksplanung: DI Gerhard Heinrich, Salzburg
Örtl. Bauaufsicht: Kessler & Partner GmbH, Bmst. Michael Purgstaller, MSc.
Haustechnik: DIEHAUSTECHNIKER, Jennersdorf
Bauphysik: rosenfelder & höfler consulting engineers GmbH & Co KG, Graz
Landschaftplanung: LAND IN SICHT, Wien
Kunstwerke:
Fassadenbedruckung - Mag. Robert Schaberl, Wien
Molekularorgel - Constantin Luser

Wettbewerbssieg: 2004
Baubeginn: 2007
Baufertigstellung: 2010

Bruttogeschoßfläche: ca. 19.000m²
Nutzfläche: ca. 10.600m²
Baukosten (Nettoherstellungskosten): ca. 42 Mio €

Verfasser/in:
Martin Grabner, Bericht
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