16/06/2012
16/06/2012

Günther Domenig bei einem seiner zahlreichen Vorträge

Architekt Günther Domenig 1934 - 2012

Am 15. Juni 2012 verstarb der Architekt Günther Domenig im Alter von 77 Jahren in Graz, der Stadt in der er lebte und arbeitete. Wenige Stunden nach seinem Tod finden sich 25 Pressemeldungen im Internet sowie Nachrufe im ORF, die von der großen Bekanntheit des Architekten zeugen und über sein Werk und Leben berichten. Als Protagonist der Grazer Schule erlangte Domenig internationalen Ruf. Hierzulande, also in Graz wird er vielen Architekturschaffenden als revolutionärer Professor am Institut für Gebäudelehre der TU Graz (1982 – 2001) in Erinnerung bleiben. Er verhalf der Architekturfakultät zu internationaler Bekanntheit, man könnte sogar sagen, in seine Ära fällt deren Hochblüte. Unter Domenigs StudentInnen waren heutige Architekturgrößen wie Kjetil Thorsen (Snøhetta, Oslo) oder Hemma Fasch (fasch & fuchs., Wien), Alfred Bramberger (bramberger architects, Graz), Marion Wicher (YES architecture, Graz), Peter Trummer oder Heribert Wolfmayr (heri&sali, Wien). Einige seiner bekanntesten Bauten finden sich in Graz beziehungsweise in der Steiermark. So etwa die Pädagogische Akademie Graz (1964, mit Eilfried Huth), die Mehrzwecksaal der Schulschwestern Eggenberg, Graz (1972), das Institutsgebäude der Technischen Universität Graz (Lessingstraße,1983; Steyrergasse, 1984) oder das RESOWI-Zentrum der Universität Graz (1993/96) und das Landeskrankenhaus Bruck an der Mur. So bedeutende Werke wie das Rechen- und Forschungszentrum der Montanuniversität in Leoben wurden schändlich behandelt, bis zur Unkenntlichkeit umgebaut. Im September 2010 erfolgte ohne Bewilligung der Abbruch der Rampe des Erweiterungsbaus der TU Graz in der Lessingstraße 25 (GAT berichtete).
2004 wurde Domenig für sein Werk und Wirken das österreichische Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst verliehen, 2004 erhielt er für das T-Center in Wien den Otto-Wagner-Städtebaupreis, 2006 dafür den Staatspreis für Architektur. Auch international konnte er reüssieren: 1969 wurde er mit dem Grand Prix International d’Urbanisme et d’Architecture Cannes und 1975 mit dem Prix Europeen de la Construction Metallique ausgezeichnet.

Seine letzte Ehrung wurde Domenig im Jahr 2009 zuteil. Der Grazer Architekt und Universitätsprofessor Volker Giencke, ebenso bedeutender Vertreter der Grazer Schule, überreichte ihm an dessen Geburtstag, dem 6. Juli 2009, in der Neuen Galerie den Josef-Lackner-Preis, eine Auszeichnung, die biennal von der Fakultät für Architektur der Universität Innsbruck vergeben wird.
Nachfolgend ein Auszug aus der sehr persönlichen und berührenden Laudatio von Architekt Giencke zu diesem Anlass:

Lieber Günther!
Sehr geehrte Damen und Herren!

(....)

Es war kurz nach 1970 als ich Dich kennenlernte.
Günther Domenig, der Gastprofessor an der TU Graz und
Günther Domenig, der Halbstarke, mit VOKU-HILA-Frisur, vorne kurz und hinten lang!
Waren das noch Zeiten, als die junge österreichische Architektur von zumindest halbstarken Architekten geprägt wurde und nicht von mittelmäßigen!
Heute, 40 Jahre danach:
Wem möchte ich die Auszeichnung „Doyen der österreichischen Architektur“ zu sein, verleihen? Wem, wenn nicht Dir?
Aber Du bist keine Vaterfigur! Du bist ein Abtrünniger, ein Desperado, ein junger, in die Jahre gekommener Wilder! Danke Dir für diesen ewigen Charakterzug!
In der Architektur als Geschichte ist er wichtiger als die Begeisterungsschreie der schicken Yamamoto- und Versace-Kollegen, es sind Reservearchitekten und Träger der Anzugmode.

Als Einzelgänger wurde Domenig geachtet. Ebenso erfuhr er eben deshalb Ignoranz und Misshandlung. Jetzt, älter geworden, wird er verehrt und ausgezeichnet. Was für eine Ironie! – aber nicht ungewöhnlich für dieses Land.
Außerhalb von Theorie und Geschichte, außerhalb vom Akademismus und universitärem Gehabe - Domenig war Professor an der TU Graz, Gastprofessor an der Uni Innsbruck etc. - hat Domenig vor allem mit seinen Bauten das besondere Architekturgeschehen im Land entscheidend beeinflusst, zuerst in Kompanie mit Eilfried Huth, später mehr oder weniger alleine.
Wie so oft bei schöpferischen Menschen steht auch bei Domenig sein Genie kontradiktorisch zum finanziellen Vermögen. Ungebrochen ist der Wille, Unverwechselbares zu planen und es baulich umzusetzen. Als Architekt hat uns Domenig seine künstlerische Verpflichtung zur gestalterischen Qualität ebenso vermittelt wie kompromissloses Engagement.

Wenn Josef Lackner, dem Namensgeber dieses Preises, zugeschrieben wird, ein Freiheitskämpfer für Kunst und Architektur in Tirol und darüber hinaus gewesen zu sein, dann trifft sich dieser Wesenszug gut mit der unbändigen Freude und Lust, die Domenigs Architektur in das Land zwischen den Bergen gebracht hat – gegen allen Widerstand.
In diesem Sinne danke ich Dir, Günther Domenig, persönlich, im Namen meiner Fakultät und im Namen aller engagierten Architekten. (...)

VERABSCHIEDUNG Günther Domenig

Mittwoch, 27. Juni 2012, 14.30 Uhr

in der Feuerhalle
Alte Poststraße 343-345
8020 Graz

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