23/12/2013
23/12/2013

Ende Juli: Sommerurlaub in einer Hütte am Zirbitzkogel und das Verlangen nach einem guten Frühstück mit frischem Gebäck. Gegen jede Vernunft der Ökologie fährt er mit dem Kleinbus ins Tal, auf der Suche nach einem Bäcker. Es ist klar, den findet er im nächstgrößeren Ort, in Obdach, „nur“ ein paar Kurven entfernt. Er durchfährt einen schmalen Einfamilienhausgürtel, um dann auf die alte Landesstraße einzubiegen. Bevor er den Bäcker aber wirklich sucht, fährt er durch das alte Stadttor in Richtung Kärnten, da das Handy zu wenig Empfang für einen vernünftigen Internetzugang signalisiert. Schnell noch ein paar Mails schreiben, also arbeiten, und danach beruhigt den Urlaubstag genießen.

Er kennt Obdach seit seiner Jugendzeit, der Zirbitzkogel war nach dem Bösenstein sein liebster Schiberg. Nur im Sommer war er selten hier. An der Ortsausfahrt angekommen, hinter dem Markt des weltgrößten Rasenmäherherstellers, wendet er und parkt den Bus der Sonne abgewandt. Die breite Umfahrungsstraße kannte er bisher nicht, aber schon vor 30 Jahren war das Nadelöhr, das Stadttor, keine wirkliche Option, um die aufkommende Mobilität ernsthaft zu bewältigen. Immer schon empfanden Durchfahrende und Einheimische den Ort deshalb als ärgerliches Verkehrshindernis.

Er sieht sich um und bemerkt, dass Obdach ziemlich gewachsen ist. Größere Betriebe bilden, wie fast überall, das Entrée, letztendlich ja Ausdruck wirtschaftlicher Vitalität. Er überlegt kurz, seine Erledigungen doch gleich bei den üblicherweise am Stadtrand angesiedelten Großmärkten zu machen und dann zurück zur Hütte zu fahren. Aber weit und breit ist hier kein Supermarkt zu sehen. Also zurück in den Ort, wo mittlerweile, mit zunehmendem Tageslicht, die Geschäftigkeit zugenommen hat.

Den Bäcker muss er nicht lange suchen, er findet auch einen Parkplatz für den Kleinbus. Semmeln usw. sind schnell gekauft. Er blickt sich um und stellt erstaunt fest, dass ein Supermarkt gleich auf der anderen Straßenseite und ein weiterer in Blickweite liegen.

Das lebendige Treiben im Ort erinnert ihn an die Betriebsamkeit in südeuropäischen Ortschaften, die es bei uns bis vor der Europäisierung auch noch gab. Ein Ortskern, der sehr homogen durchmischt ist: Verkehr, Fußgänger, ruhender Verkehr, eine Art Begegnungszone, ohne als solche verordnet zu sein.

Er betritt den Supermarkt über der Straße aus Interesse, wie so ein Marktsystem in einer alten Gebäudestruktur funktioniert. Dieser hier hat die historische Erdgeschosszone sehr großzügig besetzt. Architektonisch ließe sich das ansprechender lösen, aber unangenehm ist es nicht.

Welch’ intelligente und vorausdenkende Stadtregierung ist hier am Ruder! Die mittleren und großen Gewerbebetriebe liegen vor der Stadt, im alten Stadtkern wird das belassen, was dem Menschen zur täglichen Versorgung und Kommunikation dient. Das gibt es in der Steiermark schon kaum, wahrscheinlich aber gar nicht mehr.

Nicht der Zufall ist hier der Planer. Es scheint politisches und raumplanerisches Konzept zu sein, einen Stadtkern, der sonst austrocknen würde, auf diese Art und Weise tagsüber zu beleben.

Einkaufen und „sich treffen“ in der „Mutter aller Einkaufszentren“, dem historischen Stadtkern – ein Gedanke, der nicht neu ist, aber viel zu selten (qualitätsvoll) umgesetzt wird.

Monschein

Obdach kennt er auch seit seiner Jugend .Rückwärts bergauf mit dem Auto zu fahren, hat er erzwungenermaßen beim Torturm wegen mißachterter Vorfahrt lernen müssen und außerdem darf er heute etwas besser wissen: Obdach ist noch Markt und keine Stadt. ;)

Mi. 08/01/2014 2:15 Permalink
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