15/06/2018

Die Entscheidung ist gefallen

Das Kulturzentrum Mattersburg schreibt wieder einmal Geschichte: KUZ Teil III

Die Umbauplanung von HOLODECK architects wird realisiert.

Baubeginn: Anfang 2019

Lukas Vejnik berichtet

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15/06/2018

Kulturzentrum Mattersburg NEU, Stand 2017

©: HOLODECK architects

Kulturzentrum Mattersburg NEU, Stand 2018

Nahezu zeitgleich mit der Eröffnung der 16. Architekturbiennale in Venedig wurden im Burgenland die finalen Pläne zum Umbau des Kulturzentrum Mattersburg (KUZ) präsentiert.

Nachdem es ernstzunehmende Kritik an der Vorgangsweise rund um den geplanten Teilabriss/Neubau des KUZ gegeben hatte, war Anfang 2018 eine neuerliche Prüfung des Projekts durch den erst seit kurzem im Amt befindlichen Kulturlandesrat Hans Peter Doskozil angeordnet worden. Die Einwände kamen sowohl von der überparteilichen Plattform Rettet das Kulturzentrum Mattersburg als auch von der Volksanwaltschaft, die, im Umgang mit diesem Baudenkmal im Wartezimmer der Denkmalpflege, Misstände in der Verwaltung sowie bei der Unterschutzstellung festgestellt hatte. Versäumnisse gab es bereits 2016 im Zuge des Architekturwettbewerbs. Eine Ausstellung der Beiträge wurde ebenso verabsäumt wie die Veröffentlichung eines Gutachtens, das bis heute unter Verschluss gehalten wird, so Johann Gallis, der sich seit Beginn für eine Grundsanierung des brutalistischen Kulturbaus aus den 1970er Jahren einsetzt. Im Februar 2018 durfte die BürgerInneninitiative ihre Vorschläge beim Landesrat vorbringen. Wieder sollten Monate bis zur Entscheidung vergehen.

Im Architekturzentrum Wien, wo in der Zwischenzeit die Ausstellung SOS Brutalismus eröffnet wurde, ist das KUZ als einer von zehn handverlesenen österreichischen Rohbetondiamanten mit dabei. Der Ausstellungstext zum Bauwerk endet mit folgenden Worten: „Mit einem Wechsel in der Landesregierung scheint es nun vielleicht doch noch Hoffnung für das Kulturzentrum zu geben: Der neue Kulturlandesrat Hans Peter Doskozil will die aktuellen Pläne und Kosten noch einmal prüfen und führte bereits Gespräche mit der Stadt sowie der Plattform Rettet das Kulturzentrum Mattersburg. Nicht nur in Mattersburg wartet man gespannt auf die Entscheidung.″

Die Entscheidung ist nun gefallen.

Das Schaubild, das bei der Pressekonferenz vorgelegt wurde, lässt auf den ersten Blick keine wesentlichen Änderungen erkennen. Zu sehen sind dieselben Elemente aus derselben Perspektive, bei geänderter Lichtstimmung – es ist sichtlich Abend geworden über dem Kulturzentrum. Fehlersuchbilderprobte sollten nach eingehender Prüfung jedoch fündig werden, wo hier noch gefeilt wurde.

Weniger dezent werden die geplanten Veränderungen im Inneren des Entwurfs. Laut Aussendung des Landesmedienservice Burgenland sieht die Adaptierung des bestehenden Umbauplans eine Redimensionierung des Veranstaltungssaals von 600 auf 350 BesucherInnen vor. Zur Erinnerung: aktuell sind es 549, die signifikante Vergrößerung des Veranstaltungsraumes war bis zuletzt als wesentliches Kriterium für den Umbau angeführt worden. Durch die Redimensionierung soll Raum für die gemeinsame Nutzung durch Archiv, Bibliothek, Literaturhaus und Volkshochschule geschaffen werden. Eine weitere Anmerkung: Die Räumlichkeiten des Landesarchivs in Eisenstadt wurden erst kürzlich saniert. Und wie soll die funktionale Verdichtung im Inneren erreicht werden? Durch das Einziehen einer zweiten Ebene wird Platz geschaffen für Archiv und Bibliothek samt Mitarbeiterbüros, so die Aussendung. Das Foyer wird nun ebenfalls zweigeschoßig ausgeführt, wodurch sich eine höhere Flexibilität ergeben soll. "Es war mir wichtig, den Neubau des Kulturzentrums Mattersburg insbesondere unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit sowie der Möglichkeit einer sinnvollen, zeitgemäßen und nachhaltigen Nutzung zu beurteilen", betonte Doskozil bei der Pressekonferenz. Für Ingrid Salamon, Bürgermeisterin der Gemeinde Mattersburg, „schreibt das KUZ Mattersburg, das das erste Kulturzentrum des Burgenlandes war, damit wieder einmal Geschichte″. Während der Pressekonferenz taucht schließlich die Frage auf, „ob darüber nun die Eisenbahn fahre″? „Im wahrsten Sinne des Wortes″, so der Kulturlandesrat.
Der Baubeginn ist auf Anfang 2019 festgesetzt. Für die überparteiliche Plattform bleibt unerklärlich, weshalb ein bestehender Saal zerstört wird und an einer anderen Stelle ein kleinerer neu errichtet werden soll, wodurch ein ganzer Gebäudetrakt mit flexibel nutzbarem Stützenraster abgerissen wird, nur um ein paar Schritte weiter eine ähnlich große Kubatur neu zu bauen.

Befremdlich ist am Beispiel Mattersburg weniger das Beharren der Architekten auf ihrem Entwurf, als, dass eine durch Selbstermächtigung entstandene BürgerInneninitiative praktisch völlig ignoriert wird, während landauf, landab Partizipation und Einbindung der Bevölkerung in Entscheidungsprozesse als ein so wirksames Planungsinstrument abgefeiert wird. Aber wenn es um das Schreiben von Geschichte geht, muss hie und da anscheinend auch heute noch die Eisenbahn drüber fahren, was uns eigentlich wieder zurück an den Start bringt.

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