17/04/2013

Lukas Vejnik studiert Architektur in Wien.

Ausstellung Hotel Obir Reception
17.05.2013 - 17.06.2013
Hotel Obir, Bad Eisenkappel

17/04/2013

Hotel Obir in Bad Eisenkappel, Kärnten, 1974 -1976

Architektur: Ilija Arnautovic

Wohntürme in Ljubljana-Bezigrad

©: Damjan Gale

Scheibenbauten 'televizorke' in Beograd

Scheibenbauten 'televizorke' in Beograd

Scheibenbauten 'televizorke' in Beograd

Eine Spurensuche

Passiert man auf dem Weg nach Slowenien entlang der Seebergbundesstraße den Grenzort Bad Eisenkappel, so offenbart sich dem Durchreisenden ein sehr abwechslungsreiches Szenario. Nach einer markanten Engstelle des Vellachtales, flankiert von Ruinen aus der Zeit der Türkenbelagerung, weitet sich die Landschaft allmählich wieder, um den Blick freizugeben auf Österreichs südlichste Marktgemeinde. Am Ortseingang liegen Friedhof und Altersheim schräg gegenüber, einige hundert Meter weiter der Ortskern mit Pfarrkirche, Gasthäusern und einigen leerstehenden Geschäftslokalen. Das typische Bild einer Gemeinde, die geographisch etwas im Abseits liegt.
Nach einer neuerlichen, diesmal baulich bedingten Verengung reißt es den Blick des Beifahrers überraschend nach oben. Was für einen Moment aufflackert, passt so gar nicht zum Rest des Ortes. Ein mehrstöckiger, massiver, scheinbar farblich dem Kontext angepasster Bauklotz mit streng repetitiver Fassadenteilung, dessen Höhe mit dem Kirchturm zu konkurrieren scheint. Beim Blick in den Rückspiegel präsentiert sich dieses Gebilde wie ein gestrandeter Riese inmitten der umliegenden Giebeldachlandschaft. Der Koloss, der langsam in der Ferne verschwindet, ist das seit nunmehr einem Jahrzehnt leerstehende Hotel Obir.
Erbaut wurde das Gebäude nach Plänen des in Serbien geborenen Architekten Ilija Arnautovic, einer der wirkmächtigsten Planer im Jugoslawien der Ära Tito. Der Bau in Bad Eisenkappel, realisiert in den Jahren 1974 bis 1976, ist als frühe grenzüberschreitende Geste zu verstehen und war lange Zeit ein Ort des interkulturellen Austausches in der Region. Die insgesamt 112 Betten in 48 Zimmern erheben sich über einen Sockel mit Cafè und Veranstaltungssaal.

Blickt man über die Grenze nach Slowenien und Serbien, auf gleichzeitig realisierte Bauten von Arnautovic, so werden der Maßstab und die projektierten 112 Betten für eine 2500-Seelen-Gemeinde etwas verständlicher. In Slowenien ist der Architekt vor allem für die immense Anzahl realisierter Quadratmeter bekannt. In Ljubljana findet sich mit Bezigrad ein gesamtes Wohnviertel aus dessen Feder. Kürzlich wurde das Gebiet um ein Fußballstadion und eine Sporthalle von Sadar+Vuga erweitert. In Belgrad war Arnautovic für eines der frühen Projekte im Stadtteil Novi Beograd verantwortlich.

Bei dem Projekt in Ljubljana-Bezigrad wurden Wohntürme mit 20 Geschoßen um einen zentralen Platz mit Cafè, Lebensmittelgeschäft und Wäscherei gruppiert, während in Beograd einige Jahre zuvor noch ein Scheibenpaar im Stil der Moderne errichtet wurde, um den Raum zu rahmen oder – wie es Peter Handke in den Notizen zu seiner Serbien-Reise beschrieb – durch kommunistische Hochblöcke den Horizont zu verriegeln. Beiden Projekten sind zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam: Der Entwurf wird beide Male doppelt ausgeführt, was dem Besucher interessante Beobachtungen zu lokalen Phänomenen erlaubt. Während die eine Hochhausgruppe mit denselben Einrichtungen pulsiert, ist am Fuße der nur wenige hundert Meter entfernten Geschwister nicht ein Funken von Urbanität zu spüren. Allen Projekten ist die Applizierung expressiver Elemente immanent. Die Bezigrader Punkthäuser wurden durch spitze, gen Himmel ragende Aufbauten überhöht, während die Scheibenbauten in Beograd, genannt televizorke, ihren Namen den aus der Fassade tretenden Fensterlaibungen verdanken. Trotz ihrer augenscheinlichen Mängel sind dies Orte des Lebens, während an der Hotelrezeption an der Grenze schon lange Zeit niemand mehr seine Koffer zum Einchecken abgestellt hat.

Sammelausstellung im Hotel Obir
Dies soll sich nun ändern: Im Mai 2013 wird das Hotel zum Schauplatz einer Sammelausstellung, die durch einen ortsansässigen Kulturverein initiiert wurde. Dass neben dem Bau von Wasserkraftwerken und dem Holzvertrieb auch noch andere Themen einen Ort wie Bad Eisenkappel bewegen können, zeigen solche Konzepte.
Ab 17. Mai gastieren für zwei Wochen die temporären Besucher im Ort. Dabei werden sowohl Arbeiten von Künstlern aus dem In- und Ausland als auch von Studenten der Akademie der Bildenden Künste Wien, der Universität Ljubljana, der technischen Universitäten in Graz und Wien und der Akademie der Bildenden Künste Ljubljana zu sehen sein. Was danach mit dem Hotelgebäude passiert, ist weiterhin unklar. Es ist zu hoffen, dass Investoren, Politiker und Planer sich von der Szenerie und dem Elan inspirieren lassen, den eine Idee erzeugen kann.

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