08/06/2022

Beyond the Institution

Das Grazer Architecture Magazine GAM, selbst fest verortet in der Fakultät für Architektur an der Technischen Universität Graz, stellt in seiner neuen Ausgabe Nr. 18 die Frage, wie denn ein „Beyond the Institution“ aussehen könnte, eine Transformation des Lernumfeldes in Lehre und Lernen von und über Architektur. Die entsprechend ungezwungene Release fand vergangene Woche im Club Hybrid statt.

08/06/2022
©: GAM. Architecture Magazine
©: GAM.Lab TU Graz
©: GAM.Lab TU Graz
©: GAM.Lab TU Graz
©: GAM.Lab TU Graz
©: GAM.Lab TU Graz

Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen? ... könnte man meinen. Aber Scherben bringen Glück, also hat sich das Grazer Architecture Magazine GAM, selbst fest verortet in der Fakultät für Architektur an der Technischen Universität Graz, in seiner neuen Ausgabe Nr. 18 die Frage gestellt, wie denn ein „Beyond the Institution“ aussehen könnte, eine Transformation des Lernumfeldes in Lehre und Lernen von und über Architektur.
Im Übergang zwischen distance learning und back to school ist das Thema der Neugestaltung adäquater „Bildungsbauten“ momentan auffällig präsent. Gerade die Zeit der Pandemie hat gezeigt, wie stark auch die Physis am gemeinsamen Lernen beteiligt ist, und vielleicht können erst jetzt Möglichkeitsräume, die in der coronabedingten Hilflosigkeit nicht ausgelotet wurden, doch noch erforscht und genutzt werden.
Ein anderer Beweggrund für das aktuelle Bewusstsein um guten Schulbau mag sein, dass gerade für kleine rurale Orte eine „gute" Volksschule, eine „gute" MNS, besonders maßgeblich sind: Familien suchen sich ihre Wohnorte bei ähnlichen ökonomischen Vorgaben nach den vorhandenen Bildungschancen für ihre Kinder aus. Diese wiederum werden, wenn sich eine starke Peergroup an ihrer Schule bildet, eher geneigt sein, nach einer höheren Ausbildung in den Zentralräumen auch wieder zurückzukehren und somit den Brain-Drain zu stoppen.

Bildung überall?

Dementsprechend gut besucht war zum Beispiel das Symposium über „Kommunalen Bildungsbau“ der ZT-Kammer, das gemeinsam mit A16 und A17 des Landes Steiermark am 19. Mai 2022 am Bildungscampus Hausmannstätten veranstaltet worden war. Aus den reichhaltigen Informationen bleibt vor allem eines in Erinnerung: Die best practise – Beispiele wurden nicht nur von den jeweiligen Architekt:innen präsentiert und kommentiert, sondern auch von jenen, von deren Initiative und Unterstützung über den gesamten Projektablauf so viel abhängt: den Bauherrinnen (Gemeinden), den zuständigen Abteilungen beim Land Steiermark und vor allem den Pädagog:innen – allen voran engagierte Direktor:innen. Wenn man Schulen baut, baut man für viele Hundert Nutzer:innen über die Jahre ... hier wäre eine genauere Evaluation, eine intensivere Beobachtung notwendig.
Auch die Architekturtage 2021/2022 im HDA betonen den Schwerpunkt „Architektur und Bildung: Leben Lernen Raum“, indem sie im Finale einerseits am Freitag, dem 10.06.2022, Dorte Kristensen, Leiterin von atelier PRO architects in Den Haag zum Vortrag über „Bildungsräume sind Lebensräume“ einladen oder im Rahmen von „Häuser schauen“ eines der neuesten Grazer Beispiele, die Volksschule Andritz vom Wiener Architekturbüro Hillinger Mayrhofer, unter die Lupe nehmen.
Zusätzlich bringt LAMA (Das lösungsorientierte Architekturmagazin) ein aktuelles Heft zum Thema „Ausbildung ohne Grenzen. Wie können wir die Architekturausbildung neu gestalten?“ heraus: Die Releasefeier „Supplierstunde“ findet am Samstag, dem 11. Juni, ab 16:00 im Club Hybrid statt.

Der Club Hybrid selbst vermittelt ja durch seine konstruktive und organisatorische Leichtigkeit und seine exzentrische Lage immer ein wenig Ferienstimmung und fühlt sich tatsächlich „jenseits von alteingesessenen Institutionen“ an.

Der perfekte Ort also auch für die GAM-Präsentation, die am Mittwoch, dem 1. Juni 2022, stattfand. Zahlreiche Angehörige der TU Graz hatten sich trotz drohendem Schlechtwetters um 19:00 versammelt (es hat IMMER ein bisserl etwas von einem bunt gemischten Klassentreffen!), und nach beinahe 2 Jahren sollte dies wieder ein „normales“ Release werden – allerdings war leider Dekanin und Gastredakteurin Petra Peterson ausgerechnet an? – erraten: Corona erkrankt und musste – da haben wir es wieder, das neue Gewohnte?! – aus dem Äther agieren.
Leibhaftig und vor Ort moderiert wurde von Chefredakteur Daniel Gethmann und der zweiten Gastredakteurin Christina Linortner. Weitere Redakteurinnen des Magazins wie Petra Eckhard und Urs Hirschberg „versteckten“ sich entspannt im Publikum.

Zunächst wurden durch Architektin und FH-Dozentin Gemeinderätin Alexandra Würz-Stalder Grußworte der Bürgermeisterin übermittelt, bevor alle Haupt-Beiträge kurz vorgestellt wurden – was hier nicht wiederholt werden kann und soll: Lesen Sie das neue GAM 18!
Der Bogen dieser Ausgabe spannt sich von theoretischen Überlegungen zu einer postpandemischen Online-Zukunft, von Charlotte Malterre-Barthes über Vergleiche von verschiedenen Bildungsformen und deren Verortung wie zum Beispiel dem „A-Gebäude“ der Architekturfakultät an der KTH Stockholm von Björn Ehlemark (nebenbei eine glasklare Analyse zum Thema Neoliberalismus!) bis hin zur Analyse der Architekturschule in Nantes, wo Anne Lacaton & Jean-Philippe Vassal auch ein Interview zu „Programmüberschreitungen“ geben.
Um doch noch ein wenig mehr zu spoilern: Der erste Beitrag von Petra Peterson thematisiert jene Frage, die sich allen Lehrenden schon gestellt hat: Was erzählt man den Studierenden? Wie einfach es ist, wie kompliziert, oder eben meist beides auf einmal? Welche Aufgabe hat eine Universität überhaupt zu erfüllen: Büroangestellte (im politisch unkorrekten Volksmund „Zeichenknechte“ genannt) auszubilden oder muss/darf es doch ein bisserl mehr sein?

In der folgenden Diskussionsrunde, die einen erfrischender Gegensatz zu den viel zitierten alten weißen Männern am Podium brachte, sprachen junge RaumforscherInnen, KünstlerInnen, Architekturschaffende und -lehrende, deren eigener Abschluss noch nicht weit genug zurückliegt, um ihr Studium zu mystifizieren, von ihren Vorstellungen und Aktionen der Architekturvermittlung jenseits der Institutionen: Antonia Prohammer, Ramona Kraxner, Anna Sachsenhofer, Rose-Anne Gush, Tobias Gruber und Budour Khalil erläuterten im Kontext (und vor dem Kontrast) zu den GAM -Beiträgen Projekte wie LAMA, Annenstrasse 53 oder den Begegnungsraum Zeichensaal, eine unglaubliche Erfolgsgeschichte zum Thema Peer-to-peer Learning.

UNLEARNING?

Daniel Gethmann bedankte sich im Anschluss nochmals bei ALLEN, und das dauert – es ist tatsächlich jedes Mal wieder erfreulich, überraschend und erstaunlich, wie viele Namen hier fallen ...
Der offizielle Teil endete traditionell mit einigen Worten von Alex Lehnerer, Professor des Institutes für Raumgestaltung, der mit seinem Team das GAM im nächsten Jahr unterstützt: GAM 19 fragt nach dem der Architektur eigenen Professionalismus oder „professionellen Unprofessionalismus“, wie es im Call lautet: ... „etwa wenn wir im Entwurf dem Fehler, dem Falschen, der Hürde mehr Beachtung schenken als dem Vernünftigen, Naheliegenden?“
Den ebenso traditionsreichen inoffiziellen Schlusspunkt der Präsentation von GAM 18 bildete die Party diesmal mit Selene 2.5 und anstatt das Fest zu beenden, bot das nächtliche Unwetter noch einige zusätzliche Highlights ...

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