20/11/2013
20/11/2013

Seit rund einem Jahr gehen die Wogen bezüglich einiger Aktivitäten der Altstadtsachverständigenkommission (ASVK) in Graz hoch. Diese waren im Vorjahr für die ZT-Kammer für Steiermark und Kärnten auch Anlass für ein Positionspapier mit Unterschriftenliste (GAT berichtete). Nun verabschiedete die Stadt Graz in der Gemeinderatssitzung am 14.11.2013 einstimmig eine Petition, die ein Ersuchen an das Land Steiermark um die Novellierung des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes 2008 (GAEG) und die Einrichtung einer Arbeitsgruppe beinhaltet. Der Zusatzantrag von Philip Pacanda (Piratenpartei), den BürgerInnenbeirat in diesen Prozess einzubinden, wurde einstimmig angenommen. Damit wird auch einer der Kernforderungen der SOKO Altstadt nach Einbeziehung von Bürgerinitiativen Rechnung getragen.

In der Petition kritisiert die Stadt Graz offen die derzeitige Auslegung des Wirkungsbereichs der ASVK, vor allem bei der Planungsfindung, thematisiert die berufliche Tätigkeit planender Kommissionsmitglieder und die Befangenheit, welche „regelmäßig Anlass für Diskussionen in der Fachöffentlichkeit“ sei (konkrete Fälle und Personen wurden nicht genannt).

„Die ASVK hat den Auftrag, Gutachter zu sein, und nicht mehr“, brachte Bürgermeister Siegfried Nagl in seiner Stellungnahme im Gemeindrat das Thema auf den Punkt. Und im Zusammenhang mit der Durchführung von wettbewerbsähnlichen Verfahren kritisierte Nagl die Vergabe von Geldern durch Landesrat Christian Buchmann an die ASVK. „Diese Vorgangsweise ist rechtlich nicht abgedeckt. Hier werden Befugnisse überschritten und es wird versucht, die Stadtplanung auszuhebeln.“

Damit schließt sich die Stadt grundsätzlich der Kritik von zahlreichen betroffenen ArchitektInnen und der ZT-Kammer an. Denn nach dem Wechsel des Vorsitzes an Wolfdieter Dreibholz und an seinen Stellvertreter Michael Szyszkowitz (Februar 2011) häuften sich zahlreiche Vorwürfe. Diese betreffen wettbewerbsähnliche Verfahren, Willkür und Intransparenz der Entscheidungen, Unvereinbarkeit mit der ausübenden Tätigkeit als Architekt, Entsendung von ASVK-Mitgliedern mit Stimmrecht in Wettbewerbsjurien (dazu wurde die Geschäftsordnung der ASVK verändert) etc. Kontrovers diskutierte Vorschläge der ASVK-Spitze wie die Schleifung von historischen Vorstadthäusern, die massive Nachverdichtung der Gründerzeit- und Villenviertel sowie die Erhöhung der Dichte in der Innenstadt heizten das Thema medial an. Daraus resultieren Konflikte im Sinne der Unparteilichkeit, Befangenheit und Integrität, wodurch das Ansehen der gesamten Kommission und ihrer Mitglieder nachhaltig geschädigt wird.

Dieser Konflikt hat dazu geführt, dass im Gemeinderat durch die Stimmen von KPÖ und FPÖ die Diskussion um die künftige Besetzung der Mitglieder durch Historiker, Berufshistoriker und Kunsthistoriker eingeleitet wurde und damit der Ausschluss von planenden ArchitektInnen impliziert wird. Damit zeichnet sich eine neue Entwicklung ab, die nun auch das Ansehen des gesamten Berufstandes der ArchitektInnen betrifft. Eine derartige Entscheidung könnte zum Stillstand der (Weiter-)Entwicklung und Urbanität der Altstadt führen.

Die ZT-Kammer wird nun gefordert sein, im Sinne von mehr Transparenz und Verbindlichkeit ihre bereits im Positionspapier formulierten Punkte durchzusetzen. Diese beinhalten die Reduzierung der Funktionsperioden der Mitglieder, die Offenlegung ihrer Projekte und deren AuftraggeberInnen in der Schutzzone sowie das Planungsverbot in der Schutzzone für den Vorsitzenden und seinen Stellvertreter. Zum Thema Wettbewerbe fand die Kammer bereits klare Worte: Die Mitglieder der ASVK sollten nur in beratender Funktion in Wettbewerbsjurien tätig sein und es sei nicht Aufgabe der ASVK, Wettbewerbe abzuwickeln oder zu betreuen.

Die Stadt Graz fordert zudem ein grundsätzliches Überdenken der Stellung der Stadt innerhalb des Altstadterhaltungsgesetzes, denn die „Altstadtangelegenheiten sind grundsätzlich solche des eigenen Wirkungsbereiches“. Dabei geht es der Stadt vor allem um Mitsprache bei der, von der ASVK derzeitig angedachten Änderung der Schutzzonen. Von einer Verkleinerung ist vor allem die Schutzzone IV Teilbereiche Zentren wie Kalvarienberg und St. Peter betroffen. Eine Ausweitung der Schutzzone ist wegen der UNESCO-Weltkulturerbestätte Schloss Eggenberg angedacht.

Ein Versäumnis ist, dass die Stadt Graz nicht bereits im letzten Jahr frei nach dem Motto „gemeinsam ist man stärker“ agierte und die Initiative der ZT-Kammer unterstützte, um gemeinsam gegenüber dem Land bzw. beim zuständigen Landesrat Christian Buchmann aufzutreten. Die Bemühungen der ZT-Kammer führten im Februar 2013 zu einem Gespräch mit Vertretern der ASVK, deren Einsicht und Verständnis für die Forderungen der Kammer sich in Grenzen hielten. Am Status quo der ASVK hat sich bis dato nichts geändert.
Im Grunde besteht die Gefahr, dass die Petition im Sand verläuft. Der Antrag der Stadt muss zuerst durch den Petitionsausschuss, bevor er im jeweiligen zuständigen Ausschuss behandelt und in einer Landtagssitzung vorgelegt werden kann – und das kann Monate dauern.

Johann Eder

1. Ich hatte 2009 in Zone III, Harrachgasse 16, wegen 19m2 hofseitiger Solarkollektorfläche mit der Altstadtschwachverständigenkommission über völlig unzureichende "Gutachten", die als beispielhafte "Schwachachten" zu "qualifizieren" waren, sattsam zu tun.
2. Merke!! Ein Gutachter in einem Verfahren ist weder Richter noch Planer!
Seine unmissverständlich klare Aufgabe ist die gutachtliche Beurteilung des eingereichten Projektes - nicht weniger und auch nicht mehr!
Diese notwenige, allgemein übliche Gutachterdisziplin ist offensichtlich schon seit ein paar Jahren abhanden gekommen bzw. nie richtig, ordentlich gepflegt worden - und daher die "Altstadtschwachverständigenkommission" immer weiter ausfranst, "schwachverständig" ausufert und daher massiv auf ihre Gutachterdisziplin zurückzustutzen ist.

Mo. 02/12/2013 12:38 Permalink
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