17/08/2006
17/08/2006

Die genannten Wünsche der Anrainer des Messeareals finden sich als Empfehlungen in der vom Büro SAIKO.CC erstellten Studie "Der Messequadrant – Städtebaulicher Dispositionsleitfaden. Entscheidungsgrundlage für die Grazer Stadtregierung – 2001", die als räumliches Leitprojekt der Stadt Graz gilt.

Der Bebauungsvorschlag von Architekt Kreutzer weicht vom räumlichen Leitprojekt ab und entsprach nicht dem von der Stadt Graz im Stadtentwicklungskonzept definierten Zielsetzung, wonach bei einer Bebauung der Gebietscharakter zu erhalten sei. (Blick von Südosten - Münzgrabenstraße)

Zur Erlangung von Bebauungsvorschlägen für den Bereich Grazer Messegelände Ost-Moserhofschlössl lobte die Stadt Graz einen Wettbewerb aus. Insgesamt wurden neun Architektenteams eingeladen, ihre Projektvorschläge einzureichen. Am 11.08.2006 wählte die Jury unter dem Vorsitz von Arch. DI Max Rieder das Projekt des Grazer Architekten Markus Pernthaler einstimmig zum Sieger.

Für besagten Wettbewerb entschied sich der zuständige Stadtrat Gerhard Rüsch u. a. aufgrund des heftigen Widerstandes der Bürgerinitiative BI Grünraum rund um die Grazer Messe. Nach einem ergebnislosen Wettbewerb zur Erlangung von Bebauungsvorschlägen für ein 8.000m² großes Areal rund um das denkmalgeschütze Moserhofschlössl im Frühjahr 2005, hegte die Bürgerinitiative Befürchtungen, dass ein bestehender Bebauungsvorschlag, der dem Wettbewerbsauslober und Grundstückbesitzer GRAWE als Grundlage für den Wettbewerb diente, zur Umsetzung kommen könnte. Der Vorschlag, der von Architekt Gerhard Kreutzer stammt, berücksichtigt keine der Anrainerwünsche, wie mehr öffentliches Grün im Bezirk Jakomini, eine Verbauung, die sich an der niedrigen Bebauung entlang der Münzgrabenstraße orientiert und die Schaffung eines durchlässigen Überganges zwischen Stadtraum und Messegelände. Zum Zeitpunkt des Wettbewerbs und darüber hinaus bestand weder für das Areal, das die Grazer Wechselseitige VersicherungsAG von der Messe erstanden hatte, noch für das übrige Messegelände eine Bebauungsplanpflicht.

Nachdem der Planungsausschuss den Bebauungsvorschlag von Architekt Kreutzer im Frühjahr 2006 abgelehnt hatte, wurde in raschen Schritten jener städtebauliche Wettbewerb eingeleitet, der nun für alle Beteiligten ein befriedigendes Ergebnis brachte. Das Wettbewerbsareal wurde auf 50.000m² ausgeweitet und umfasst nun neben dem Privatgrundstück der GRAWE rund um das Moserhofschlössl auch die Flächen unterhalb der Geländekante. In die Vorbereitungen zum Wettbewerb waren neben Vertretern der Stadt Graz und der Grazer Messe, die Ämter für Verkehrsplanung, Grünraum und Gewässerschutz, das Denkmalamt sowie die Stadtbaudirektion eingebunden.

Die wesentlichen Vorgaben für die neun geladenen Teilnehmer waren die Freistellung des Moserhofschlössls, die Konzipierung eines s. g. "Jakominiparks", die Berücksichtigung der vorwiegend zweigeschossigen Bebauung entlang der Münzgrabenstraße bei der Erstellung der Gebäudehöhen sowie ein Verkehrskonzept, das eine beruhigte Verkehrszone garantiert. Aus wirtschaftlichen Gründen war außerdem eine Bebauungsdichte von mindestens 1,4 gefordert.

DER SIEGREICHE BEBAUUNGSVORSCHLAG:
Das Siegerprojekt von Architekt Markus Pernthaler verbindet das tiefere Niveau des Messecampus und das höhere Niveau des Moserhofschlössls durch einen begrünten, keilförmigen Park, der als urbaner Bereich konzipiert ist. Eine Rampe, die von Nord nach Süd entlang des Grünbereichs verläuft, verbindet die genannten Zonen auch verkehrstechnisch barrierefrei. Im Park ist ein dreigeschossiger Baukörper mit Geschäftslokalen und einem Gastronomiebetrieb vorgesehen, der sich quasi an den Geländesprung anlehnt. Die Bebauung des Areals besteht aus vier paarweise gekoppelten mäanderartigen Baukörpern, die sich jeweils vom tieferen Niveau – den Park mit zwei Leergeschoßen überspannend – zum höheren Bereich erstrecken. Durch den wiederholten Einsatz dieser Riegel sollen differenzierte Außenräume und Hofsituationen entstehen. Der Platz um das Moserhofschlössl spielt das denkmalgeschütze Gebäude frei und soll öffentlich zugänglich sein. Die Höhenentwicklung der Anlage verläuft ansteigend von Osten nach Westen: Während im Bereich der Münzgrabenstraße, also im Osten des Messegeländes, eine niedrige Bebauung (2 bis 3 Geschoße) geplant ist, sind im Westen Baukörper mit bis zu 8 Geschoßen möglich. Dort öffnet sich die Bebauung fächerartig zur Umgebung. Der motorisierte Verkehr wird vollständig unter die Erde in eine Tiefgarage verlegt, deren Zufahrten in der Fröhlichgasse und am Jakominigürtel liegen. Das Areal enthält ein gut durchdachtes Fuß- und Radwegenetz. Gewerbliche Nutzungen sind vor allem im Bereich der Münzgrabenstraße und im o. g. keilförmigen Park vorgesehen. Auf den verbleibenden Flächen sollen nach Wettbewerbsvorgabe Wohnbauten mit unterschiedlichsten Wohnungstypen und entsprechenden Grünbereichen entstehen.

Der siegreiche Bebauungsvorschlag wurde am 16.08.2006 von einem sichtlich erleichterten Stadtplanungschef, DI Michael Redik, im Messecenter präsentiert. Noch im Herbst soll das Ergebnis vom Grazer Gemeinderat beschlossen werden, um den Gewinner mit der Erstellung eines Bebauungsplanes beauftragen zu können. Für die Präsidentin der Messe Graz, Frau Mag. Dr. Hella Ranner, ist damit der baldige Verkauf des Grundstückes an einen oder mehrere Investoren in greifbare Nähe gerückt.

Obwohl der vorliegende Bebauungsvorschlag von Markus Pernthaler und die Bebauungsplanpflicht nach den Turbulenzen um die Verwertung des Messeareals wichtige Schritte in Richtung Umsetzung qualitätsvoller Architektur darstellen, gibt es keine Garantie dafür, dass bei der Gestaltung der Gebäude und des Grünraumes eine befriedigende Lösung zustande kommt. Den Investoren kann nämlich in Ermangelung geeigneter Instrumente von Seiten der Stadtregierung kein baukünstlerischer Wettbewerb vorgeschrieben werden. Es steht den Investoren nach wie vor frei, wen sie mit Planungen beauftragen. Die verantwortlichen Politiker sind aus diesem Grund wieder einmal aufgerufen, geeignete Maßnahmen zu finden und vorzuschreiben, die die Umsetzung von qualitätsvoller Architektur sichern, statt aus Angst vor Absagen zahlungskräftiger Investoren dem architektonischen Wildwuchs in Graz weiterhin Tür und Tor zu öffnen.
FAKTEN ZUM WETTBEWERB Messegelände Ost - Moserhofschlössl:

AUSLOBER:
Magistrat Graz
Stadtplanungsamt

WETTBEWERBSTEILNEHMER:
Teilnehmer der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten:
Arch. DI Heinz Kerstein
Arch. DI Adolph-Herbert Kelz
Teilnehmer des Stadtplanungsamtes/der Stadtbaudirektion:
Arch. DI Marlies Binder
Arch. DI Harald Saiko
Arch. DI Norbert Müller
Riegler Riew Architekten ZT-ges.mb.H
Arch. DI Roland Heyszl
Arch. DI Marion Wicher
Arch. DI Markus Pernthaler

VORPRÜFUNG:
Arch. DI Maria Fanta, Graz

ZUSAMMENSETZUNG DER JURY:
_Fachpreisrichter
Für die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten:
Arch. DI Mag. arch Max Rieder
Für die Stadt Graz:
DI Michael Redik
DI Uwe Hoffer
DI Klemens Klinar

_Sachpreisrichter
Für das messecentergraz:
Dr. Hella Ranner
Ing. Michael Grinschgl
Nominierung durch den Bezirksrat:
Bernhard Kraxner

_Berater des Preisgerichtes (nicht stimmberechtigt):
DI Thomas Fischer (Verkehrsplanung)
Hofrat Dr. Friedrich Bouvier (Bundesdenmalamt)

AUSSTELLUNG:
Alle Wettbewerbsarbeiten werden voraussichtlich in der KW 37-38 im messecentergraz ausgestellt. Der genaue Termin wird noch bekannt gegeben.

Verfasser/in:
Redaktion GAT Graz Architektur Täglich
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
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