07/12/2007
07/12/2007

Der Falter Steiermark erscheint wöchentlich, jeweils am Mittwoch.

Seit fast einem Jahr bemüht sich Raimund Abraham darum, wieder Österreicher zu werden. Aber Innenminister Günther Platter lässt sich Zeit.

Im Februar 2000 hat der Architekt Raimund Abraham - kurz vor Eröffnung des von ihm geplanten österreichischen Kulturforums in New York - aus Protest gegen die schwarz-blaue Regierung die österreichische Staatsbürgerschaft abgelegt und die amerikanische angenommen. Aber schon damals hat der 74-Jährige angekündigt, nach Ausscheiden der FPÖ aus der Regierung wieder Österreicher werden zu wollen. Im September zitierte ihn der Kurier: "Es wäre eine Ehre wieder österreichischer Staatsbürger zu sein, nachdem die Würde des Landes durch den Regierungswechsel wieder hergestellt ist". Zurückbekommen hat er die Staatsbürgerschaft aber, obwohl er darüber im Falter-Interview (siehe Ausgabe 47/07) nicht sprechen wollte, noch immer nicht. Angesucht hat er darum bereits im Frühjahr 2007.

Anfang November erging nun durch Nationalratsabgeordnete Christine Muttonen (SPÖ) eine parlamentarische Anfrage an den zuständigen Bundesminister für Inneres, Günther Platter (ÖVP). Nach Paragraph 10 (6) des Staatsbürgerschaftsgesetzes entfallen alle weiteren Voraussetzungen, um die Staatsbürgerschaft zu erlangen, wenn "die Verleihung (...) wegen der vom Fremden bereits erbrachten (...) außerordentlichen Leistungen im besonderen Interesse der Republik" liegt. Tatsächlich handelt es sich dabei um einen Routinevorgang. Das Ansuchen wird mit Hilfe fachlicher Gutachten im Ministerrat entschieden; der zuständige Minister Platter müsste es dort nur einbringen, was er bislang nicht getan hat. Der Rektor der Universität für Angewandte Kunst in Wien, Gerald Bast, bestätigte auf Anfrage, dass an seiner Universität ein notwendiges positives Gutachten längst erstellt und weitergeleitet wurde.

Der Verleihung stünde also nichts im Wege. Doch Muttonen vermutet, dass der Akt, fertig bearbeitet, am Tisch von Platter liegen geblieben sei: "Ich will stark hoffen, dass die auffällige Langsamkeit kein Indiz für eine Revanche an ehemaligen Kritikern ist." Und zu Raimund Abrahams Aktion im Jahr 2000: "Es ist sein gutes Recht, so zu handeln, wenn er das Gefühl hat, mit der Regierung nicht leben zu können." Als Abraham im Jahr 2005 zum "Träger des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um das Land Wien" ernannt wurde, betonte Kulturstadtrat Mailath-Pokorny (SPÖ) in seiner Laudatio: "Abraham äußert sich zu Vorgängen in der Gesellschaft und ist dafür oft Kritik und Ignoranz ausgesetzt." Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) wiederum wollte bereits bei seinem USA-Besuch diesen September die Staatsbürgerschaft überreichen.

Wird hier großkoalitionärer Dissens zulasten einer einzelnen Person auf die parlamentarische Ebene und auf die lange Bank verschoben? Dafür spricht, dass Minister Günther Platter trotz wiederholter Anfragen zu keiner Stellungnahme bereit war. Er hat - gemäß der Acht-Wochen-Frist zur Beantwortung parlamentarischer Anfragen - bis Jänner 2008 Zeit, die Vorwürfe Muttonens zu entkräften. Raimund Abraham möchte die Causa nicht kommentieren. Er bleibt - bis auf weiteres - ein "ausgezeichneter", gebürtiger Tiroler amerikanischer Staatsbürgerschaft.
Der Falter Steiermark erscheint wöchentlich, jeweils am Mittwoch.

Verfasser/in:
Albert Kirchengast; erschienen im Falter Stmk. 49/2007
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