28/06/2005
28/06/2005

Stellungnahme der Jury zum Siegerprojekt von Machnè Architekten, Innsbruck

1. Wettbewerbsstufe

Positive Anmerkungen:

• Der vorgeschlagene Neubau bietet einen außerordentlichen und mutigen Ansatz zur räumlichen Fassung des Hofes in Verbindung mit einer neuen Nutzung.

Zusätzlich zu den allgemeinen Angaben hält die Jury die nachfolgenden Empfehlungen für wichtig:

• Beim Bestandsumbau ist aus baurechtlichen Gründen das Durchbrechen der nördlichen Fassade nicht möglich.
• Die konstruktive Ausbildung der Aufständerung ist realistisch darzustellen.
• Der im Projekt der ersten Stufe dargestellte nördliche Bauteil wirkt im Verhältnis zum aufgeständerten Neubau inkonsequent und als Fremdkörper.
• Das Projekt beschäftigt sich mit einer der ungewöhnlichsten möglichen Begrenzungen eines Stadtraumes. Es ist die Begrenzung nach oben. Die Bebauung wird vom Boden abgehoben, gibt den Blick auf den Altbestand frei, aktiviert den Altbestand als tiefliegende Raumschicht und konstruiert so ein riesiges Zimmer, sozusagen an der Strasse gelegen. Das Volumen ist in dieser Projektphase grob formuliert. Im Ansatz wird die Gestaltungsabsicht an der Untersicht des hochliegenden Baues sichtbar. Formation der Untersicht und Aufständerung des Wolkenbügels werden wesentlich die Qualität dieses Projekts bestimmen. Die Führung der Wege zwischen „Platzdach“ und „Platzboden“ wird ein weiteres Kriterium sein.
• Bestand:
Das Projekt arbeitet mit einer doppelten Erschließung. Parallel zu der bestehenden Erschließung entlang des Hofes, wird eine weitere Erschließung in das Gebäudeinnere geführt. Die Gewichtung der beiden Erschließungen zueinander und die Beziehung zur Tektonik des Altbestandes wird wesentlich die Qualität des Projekts bestimmen.

2. Wettbewerbsstufe

Das Projekt wurde gegenüber der 1. Stufe entscheidend weiterentwickelt. Die Idee des Gebäudes als Dach eines öffentlichen Raumes konnte glaubwürdig materialisiert werden. Das Platzdach, (oder der Teppich wie die VerfasserIn meint) ist präzise im Verhältnis zum bestehenden Gebäude positioniert. Gesimskanten und Neubauunterkanten spielen gut zusammen. Neubau und Altbau erzeugen eine Art „Superzimmer“, collagieren einen außenliegenden Großraum aus heterogenen Elementen. Das Schöne, Erleichternde und Erfreuliche ist, dass hier eine konstruktive und räumliche Vision angeboten wird, die aus der spezifischen Situation entwickelt wurde und gleichzeitig frühe, theoretische Beispiele der Grazer Schule reformuliert.

Den vertikalen Flächen des bestehenden Gebäudes wird eine serielle und plastisch durchgebildete Gebäudeuntersicht (Teppich) gegenübergestellt. Die „Eigenfestigkeit“ dieser Gebäudeuntersicht scheint den Baukörper aus den Zwängen eines Schwebens zu befreien. Es ist kein schwebendes Gebäude, es ist ein Gebäude hoch über der Erdoberfläche gelagert auf einer Reihe von Stützen. Dieser unterliegende Stützenwald durchsetzt den Raum des „Superzimmers“, wird zu einem aktiven räumlichen Element und kann auch bei allfällig, erforderlichen statischen Zusätzen bestehen.

Der „Raum unter dem Teppich“ kann für Veranstaltungen aller Art verwendet werden. Vorgeschlagen sind Konzerte, Märkte und Spielflächen für Kinder. Der Teppich selbst wird einmal als Serie von räumlich interessanten Wohnungen, einmal als Bürocluster – in exklusiver Qualität beschrieben. Beide Funktionen sind gut vorstellbar.

Der Altbau wird über die bestehenden Arkadengänge erschlossen. Die Großzügigkeit des Gebäudes bleibt erhalten. Den bestehenden Arkadengängen untergeordnet wird eine zweite „interne Erschließung“, die vor allem die innere Kommunikation regelt. Im bestehenden Rahmen wird die Grundlage für einen flexiblen Bürokörper gebildet. Die VerfasserIn wird die räumliche und funktionelle Qualität dieses 2. untergeordneten Weges genauer erklären und klären müssen. Die bestehenden Arkadengänge des Bestandsgebäudes stellen im Vorschlag der VerfasserIn einen Raumüberschuss dar. Sie fungieren als Foyer und Kommunikationsflächen, kommunizieren zwischen Außen- und Innenraum und filtern private Zonen von öffentlichen Bereichen. Es wird in Abstimmung mit dem Nutzer zu klären sein, inwieweit sie als Kommunikationsflächen bzw. als Büroflächen mitgenutzt werden können. Für einen funktionierenden Verwaltungsbau ist die Ergänzung um funktionsfähige Foyers in den Hauseingangsbereichen dringend erforderlich. In der weiteren Bearbeitung wird auch der Wunsch des Nutzers zu berücksichtigen sein, ständig genutzte Arbeitsplätze grundsätzlich direkt belichtet bzw. belüftet zu gestalten und eine Gleichwertigkeit der Arbeitsplätze herzustellen. Die Übergänge zwischen vertikaler und horizontaler Erschließung müssten besser formuliert werden.

Durch die doppelte Erschließung ergibt sich ein sehr hoher Verkehrsflächenanteil. Das Raumprogramm konnte erfüllt werden, wenngleich die Größe der Räume bei der vom Projektverfasser vorgeschlagenen Aufteilung bzw. Belegung nicht immer den gestellten Anforderungen entspricht und somit einer Optimierung hinsichtlich der abteilungsspezifischen Flächenanforderungen bedarf. Die Archive sind im Keller untergebracht, was eine Verringerung der Allgemeinflächen bedeutet. Arbeitstechnisch ist gewünscht, dass sich die Abteilungsarchive im Raumverband der Abteilungen befinden, was in ggst. Projekt nicht der Fall ist, aber als behebbarer Mangel eingestuft wird. Die Zusammenfassung von Einzelbüros zu größeren Einheiten sollte in Abstimmung mit dem Nutzer überprüft werden.

Der Erschließungsbaukörper wird in einzelnen Juryanmerkungen kritisiert. Tatsächlich ist dieser Baukörper der unentschiedenste Teil des Projekts. Dieser Bauteil muss auch unter dem Aspekt gesehen werden, dass das anschließende Gebäude am Nachbargrundstück einmal fehlen könnte.

Der Vorschlag der VerfasserIn, die rechteckigen Fensterformate der Nordfassade gegen bogenförmige Fensterformate zu tauschen wird zurückgewiesen. Dieser Vorschlag ist für die Mehrheit der Jury schlicht und einfach unverständlich.

In einzelnen Anmerkungen der Jury wird auch gefragt ob die Höhenlage und Ausdehnung des Baukörpers richtig ist, u.U. sollte der Baukörper höher zu liegen kommen. Vom Vertreter der Stadtplanung wird angemerkt, dass eine Überbauung im vorgeschlagenen Ausmaß noch auf die stadträumliche Verträglichkeit hin überprüft werden müsse. Auch die Auswirkungen der Bebauung auf die Sicherstellung einer ausreichenden Belichtung der Arbeitsräume des Bestandes wird im Weiteren zu beachten sein. In jedem Fall sieht die Jury das Erfordernis hier mit großformatigen Studienmodellen zu arbeiten.

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