04/09/2018

Jeden ersten Dienstag im Monat veröffentlicht GAT in der Kolumne Aber Hallo! Anmerkungen von Karin Tschavgova zu aktuellen Themen von Architektur und gebauter Umwelt.

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Schreiben Sie bitte an redaktion@gat.st, ob Sie Aber Hallo! weiterhin lesen wollen!

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04/09/2018
©: Karin Tschavgova

Sie haben heute die 50. Ausgabe von Aber Hallo! vor sich – mehr als vier Jahre eines im Monatsabstand erscheinenden Kommentars von mir, der als Mittelding oder Verschnitt zwischen Kolumne und Glosse angedacht war. Eine Glosse (von griechisch γλώσσα, glóssa, „Zunge, Sprache“, über lateinisch glossa) ist im heutigen Sprachgebrauch ein kurzer und pointierter, oft satirischer oder polemischer journalistischer Meinungsbeitrag. Dieses Textformat ist mir nur selten gelungen, schon wegen der gebotenen Kürze nicht.
Die vorliegenden 49 Beiträge gerieten auch deshalb selten als Glosse, weil ihr jeweiliges Thema als Momentaufnahme einer meiner Beobachtungen zur Stadt und Architektur, zu ihrem rezentem Zustand und ihrer Entwicklung, mir zu bedeutend und zu ernst schien, um es Ihnen, werte unbekannte Leser, in ironischer oder polemischer Überhöhung näherzubringen. Lust dazu hätte ich öfter gehabt.
So ist das Aber Hallo! wohl eher als Kolumne zu bezeichnen (abgeleitet von der Kolumne des heute nicht mehr verwendeten Drucksatzes) – eine journalistische Form, die regelmäßig an gleicher Stelle mit gleichem Titel erscheint als Streiflicht und kurzer Meinungsbeitrag eines einzelnen Autors. Auch hier ist das Gebot des Kurzen enthalten. Muss ich dem aufmerksamen Leser nun noch explizit eingestehen, dass dies zu erreichen meine Schwäche ist?
Lang oder kürzer, das ist für das Aber Hallo!, so hoffe ich, gar nicht die entscheidende Frage. Für mich als Verfasserin dieser Namenskolumne stellt sich die Frage, ob Sie als Leser und Leserin diese weiterhin regelmäßig konsumieren wollen, ob Sie der Meinung sind, dass die darin zur Sprache gebrachten Beobachtungen und meine subjektive Meinung dazu für Sie und alle, die an Architektur, Stadtentwicklung und Stadtgestaltung Interesse haben, von Wert sind. Schreiben Sie der Redaktion des GAT, ob Sie das Aber Hallo! weiterhin einmal monatlich lesen wollen, oder nützen Sie die Kommentarfunktion.

Als PS diesmal, was eigentlich Inhalt meiner Kolumne sein sollte:

Wer das letzte BIG, das offizielle Zeitungsorgan der Stadt Graz, vom vergangenen Sonntag aufmerksam gelesen hat, hat versteckt hinter schönen, sprich: schöngeredeten Sätzen, erkennen können, wie manipulativ Informationen derzeit unter die Leute gebracht werden, wenn es darum geht, Interessen durchzusetzen, die kontroversiell diskutiert werden und nicht von Vornherein auf Mehrheiten zählen können.
Da wird im Artikel Graz trifft Mur: Erholung pur! in der Argumentation für die Errichtung der geplanten Bucht (in offizieller Diktion Naturarena) die Trennung Rad/Fußweg wie folgt beschrieben: „Mehr Sicherheit bringt auch die Entflechtung zwischen Rad- und Fußweg: Der derzeit murnahe Radweg wird von Asphalt befreit und als Makadam-Weg den FußgängerInnen zur Verfügung gestellt, die RadlerInnen bekommen etwas weiter im Zentrum des Augartens eine neue Fahrstrecke.“
Fällt Ihnen, geneigter Leser, der die Situation vor Ort kennt, etwas auf bei dieser Behauptung? Was stimmt, ist, dass beim ab Oktober 2018 geplanten Umbau des Augartens, bei dem ein Teil des Augartens für eine Bucht abgegraben wird, der Radweg vom jetzigen Böschungsrand des Murufers entfernt wird und ufernah ein neu errichteter Weg nur für Fußgänger geplant ist. Die Radfahrer jedoch „bekommen eine neue Fahrstrecke“ genau in der St. Petersburg-Allee, die schon bisher als Diagonale durch den Park naturgemäß die Hauptfrequenz an Fußgängern aufweist. Von ihr aus erreicht man bislang alle mit unterschiedlichen Funktionen belegten Zonen des Parks – das Fußballfeld, den Kleinkinderspielplatz, den Rodelhügel (der der Bucht zum Opfer fällt), die freie Wiese für Volleyballspiel und für das gemeinsame freie Joga, oft mit mehr als 100 Teilnehmern.
Die Krux dabei: Die neue Bucht samt neuem ufernahen Fußweg wird man, wenn man aus den süd- und östlich gelegenen Teilen des Parks, vom Bezirk Jakomini oder direkt vom Stadtzentrum kommt, auch nur über ein Kreuzen des neuen Radwegs erreichen. Was heißt das nun (auch für alle, denen die örtliche Situation nicht präsent ist)? Nichts anderes, als dass ein großer Fernradweg, der R2 vom Murursprung bis nach Slowenien, ein Stück weit durch eine Allee mitten in den höchstbesuchten Park der Stadt gelenkt wird und das noch mit einer Kurve.
Von Entflechtung zwischen Radfahrern und Fußgängern kann keine Rede sein! Diese wird nur behauptet.
Wieso, wofür Desinformation oder Fake News mit schönen Umschreibungen. Als Werbung in eigener Sache? Man kennt eine solche Zurechtrichtung mittels Sprache aus der kommerziellen Werbung, man kennt es von Donald Trump, man kennt es auch aus der Politik. Dass man in Graz derartige Desinformation manipulativ einsetzt, zeigt mangelndes Demokratieverständnis, das auch die besten Umfrageergebnisse unter 750 Grazern und Grazerinnen nicht überdecken können. Apropos Umfrage zum geplanten, aber umstrittenen Umbau des Augartens: Hat man die Nutzer des zu jeder Jahreszeit belebten Parks befragt, was sie wollen? Das könnte man vor Ort in kürzester Zeit von 750 BürgerInnen unterschiedlichsten Alters, unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichster gesellschaftlicher Mileus erfragen – im Lokalaugenschein an einem der besonders schönen Grazer Herbsttage.

Nicht vergessen: teilen Sie uns frank und frei mit, ob Sie Aber Hallo! weiterhin lesen wollen!

Thaler

geschätzte fr tschavgova:
auch wenn sie nach 50 beiträgen müde sein mögen,
bitte nur nicht aufhören mit ‚aber hallo!‘
ihre texte werden auch ausserhalb der steirischen landesgrenzen konsumiert
und tragen oft auch fern von graz zu einer kritischen selbstreglexion des eigenen schaffens bei;
danke hierfür!

Sa. 22/09/2018 1:00 Permalink
Suanjak Manfred

Aber Hallo!
Ihre aufklärenden Kommentare: Wichtiger denn je!
danke und bitte weiterhin ansprechen statt verstummen.
Manfred Suanjak

Di. 04/09/2018 10:20 Permalink
Laukhardt

"Aber, Hallo" ist eine der wenigen kritischen Stimmen zum Stadt- und Architekturgeschehen in Graz, zeigt auch immer wieder die schweren Demokratie-Defizite der Stadtregierung auf - für mich eine unentbehrliche Glosse/Zunge. Man kann überhaupt dem "gat" nur dankbar sein. Dass es so selten Kommentare gibt, liegt u.a. wohl auch daran, dass die hier veröffentlichten Meinungen meist so treffend sind, dass man sie nur bestätigen könnte. Das gilt auch für den heutigen Beitrag. Das Projekt der Augarten-Absenkung ist ein inakzeptabler Eingriff einer undemokratischen Stadtregierung in eine bestens funktionierende Erholungs-, Sport- und Parkanlage, der den Bestimmungen der Widmung des Parks einfach über den Haufen wirft, siehe den Beschluss des Gemeinderates vom 5. Mai 1896 bezüglich der weiteren Zukunft der ehemals Ohmeyerschen Gründe, der besagt, dass: „die Grundflächen grundsätzlich für alle Zeiten von der Verbauung ausgeschlossen sind und zur künftigen Anlegung eines Naturparks … als allgemeiner Erholungsort in Aussicht genommen werden“. Wie die Geschichte zeigt, hat man auch immer wieder nutzungsfremde Vorhaben (Theater, Krankenhaus, Gastronomiebetriebe, Vergnügungseinrichtungen usw.) zu Recht abgelehnt. Mich befremdet sehr, dass sich die Steiermärkische Sparkasse bisher nicht zur ihrer historischen Verantwortung bekennt - sie ist als Rechtsnachfolgerin der Gemeinde-Sparkasse Eigentümerin von 64.000 m2.

Di. 04/09/2018 12:14 Permalink
Feyferlik

in 50 Kolumnen der erste "Fehltritt", seit wann wird der Leser gefragt ob Kritik geachrieben werden soll. Der oder Die es lesen wollen werden es lesen und vielleicht dankbar sein dass es geschrieben wird, wer es nicht lesen will wird es nicht lesen. Ich kann nachvollziehen, 50 Kolumnen ist eine runde Zahl, fast wie ein Geburtstag, dafür gratulier ich Dir Karin und wenn Du des kritischen Schreibens in der Form müde bist wäre es oft nur zu verständlich in einer Stadt, in die fast täglich sich überschlagende sinnlos Ideen und Nachrichten wie Torpedos einschlagen, bei vielen nur Kopf schütteln hervorrufen, aber die verantwortlichen „hellen“ Köpfe der Stadt entweder nicht so hell sind oder entmündigt sind, anders kann man sich das Wohlfühl durcheinander nicht erklären. Es ist also nicht die Frage ob aber Hallo geschrieben werden soll, nein, es muss geschrieben werden und die, die es Lesen sollten mithelfen ein Multiplikator für die geäußerte Kritik werden.
Gratulier Dir zur 50. Kolumne und hoffe auf die nächsten 50.

Mi. 12/09/2018 5:59 Permalink
Eva Mohringer

Liebe Karin, bitte nicht aufhören!
Du bringst wichtige Dinge, die oft nicht laut gesagt werden, auf den Punkt.
Danke für deine 50 Glossen oder Kolumnen - ich glaube sie sind sehr wichtig!
lg. Eva

Di. 04/09/2018 4:29 Permalink
anonym

Ergänzend zum Thema heute ein 2-seitiger Beitrag in der Kleinen Zeitung, anlässlich des bevorstehenden Baubeginns im Augarten. Was Frau Tschavgova kritisiert ist im Artikel anschaulich illustriert. Der neue internationale Radweg mitten durch den Park auf der existierenden Achse, sprich Allee, noch dazu in einer fast 90 Grad-Kurve hin zum Anschluss des ursprüngliches Radwegs auf Höhe Augartensteg (Übersichtlichkeit?) und als Höhepunkt der Dummheit und verkehrstechnischen Inkompetenz noch künftig ein Radabstellplatz direkt in der Kurve, Innenseite, sodass die Sicht für Radfahrer nicht nur durch die Baumstämme der Allee beinträchtigt sein wird, sondern auch noch durch die dichte (blickdichte) Packung an abgestellten Fahrrädern. Super Lösung. Was garantiert ist, die Gastroschiffbesucher werden ihr Fahrrad nahe abstellen und schneller konsumieren können. Die Frage ist, ob Verkehrsplaner überhaupt einbezogen wurden in diesen Planungsmurks.

Di. 04/09/2018 9:22 Permalink
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