11/04/2024

2023 stellte sein Betreiber zum zweiten Mal bei der Stadt Dornbirn den Antrag auf Erweiterung des größten Einkaufszentrums Vorarlbergs, des Messeparks. Fünf Jahre zuvor war man mit demselben Anliegen gescheitert. Damals wie heute waren die zusätzlichen, in der Peripherie liegenden Flächen für den Handel das Problem. Ein Großteil der umliegenden Gemeinden sprach sich auch 2023 öffentlich gegen eine Genehmigung aus und argumentierte mit dem geltenden Raumplanungsziel, welches insbesondere die Ortskerne und Innenstädte als Hauptversorgungsorte des täglichen Bedarfs stützt. Dennoch ging das Projekt Ende vergangenen Jahres durch den Raumplanungsbeirat des Landes. Zu den Hintergründen.

11/04/2024

Auf diesem Parkplatz soll die Erweiterung des Messeparks erfolgen. 

©: Guido Batlogg

Einkaufspassage: Die Architektur des Messeparks ist im Wesentlichen seit über 30 Jahren unverändert.

©: Guido Batlogg

In Vorarlberg hat man früher als in manchen anderen Bundesländern angefangen, das Wachstum von Verkaufsflächen in peripheren Lagen zu reduzieren. Bereits ab 2002 wurden die Zentren der elf größten Gemeinden als Eignungszonen für Einkaufszentren definiert, in denen vereinfachte Verfahren für die Ansiedlung von Handelsbetrieben gelten. Seit 2006 können Gemeinden außerhalb dieser Eignungszonen nurmehr dann Verkaufsflächen von über 600 m² für innenstadtrelevante Güter bewilligen, wenn ihnen dieses zuvor durch einen Landesraumplan ermöglicht worden ist. In den Folgejahren ging die Diskussion jedoch weiter, u.a. weil das Ländle glücklicherweise in 87 von 96 Gemeinden noch immer einen Nahversorger hat. 50 der Dorfläden werden von den Gemeinden und vom Land öffentlich gefördert. Vielfach stehen engagierte Bürger*innen dahinter, die dafür sorgen, dass diese als wichtige Treffpunkte im sozialen Dorfleben erhalten bleiben. Entsprechend kämpfen auch die Bürgermeister*innen um sie.

Daraus resultierte ein weiterer Meilenstein, eine vom Land beauftragte und 2014 veröffentlichte „Studie und Masterplan zur Einzelhandelsentwicklung“ des Beratungsunternehmens CIMA, die die Ansiedlung der künftigen Entwicklungspotenziale bei den Verkaufsflächen eindeutig in innerstädtischen Standorten sah und einen entsprechenden Kriterienkatalog zur Beurteilung von Einzelhandelsgroßprojekten enthielt. Entsprechend war der Ausbau peripherer Standorte seitdem stark rückläufig. So wurde auch 2015 ein Antrag des Messeparks für eine Erweiterung von knapp 16.800 auf 22.200 m² Verkaufsfläche von der Stadt Dornbirn nicht vollumfänglich unterstützt. Als Kompromiss bewilligte das Land in einem Landesraumplan 2018 nur 19.000 m² Verkaufsfläche, davon maximal 3.000 m² für Lebensmittel – ein Rahmen, in dem der Betreiber die geplante Modernisierung des EZ für unrentabel hielt. Somit erfolgte keine Umsetzung, sondern ein neuer Anlauf 2023.

Zweifellos ist der 1987 eröffnete Messepark gestalterisch ein wenig in die Jahre gekommen, wenn man die sonst üblichen Erneuerungsintervalle im Verkaufsbereich als Maßstab hernimmt. Allerdings spricht es für seine innenräumlichen Qualitäten, dass er bis heute mit 10.300 €/m² zu Österreichs Einkaufszentren mit der höchsten Flächenproduktivität gehört. Das 2023 vorgestellte, von Baumschlager Eberle entworfene Projekt sieht die Überbauung eines der beiden Außenparkplätze vor und versiegelt somit keine neuen Flächen. Die Parkflächen sollen in Tiefgaragen und einem Parkhaus untergebracht werden. Erneut wurden 22.200 m² Verkaufsfläche beantragt, davon 5.000 m² für Lebensmittel, wobei letzterer Wert den Bürgermeister*innen mit den kleinen Dorfläden am meisten Kopfzerbrechen bereiten dürfte. So wird auch vom Amtssachverständigen des Landes in seinem Erläuterungsbericht festgehalten, dass die „Erweiterung des peripheren EKZ Messepark … grundsätzlich im Widerspruch insbesondere zum Raumplanungsziel ‚Die Ortskerne sind zu erhalten und in ihrer Funktion zu stärken‘ (§ 2 Abs. 3 lit. i RPG)“ steht.

Im Vorfeld des Bewilligungsverfahrens wurde jedoch intensiv gearbeitet. Das Land hat bei der CIMA eine umfassende Studie zu den Auswirkungen der Messeparkerweiterung in Auftrag gegeben und die Stadt Dornbirn einen Raumplanungsvertrag mit dem Messeparkbetreiber ausgearbeitet. Dieser greift wesentliche Kritikpunkte der CIMA auf. So sollen die neuen Flächen möglichst nur von „hochwertigen Anbietern“ genutzt werden, die es bisher in Vorarlberg nicht gibt. Das genau zu definieren und im Zweifel zu exekutieren, dürfte allerdings eine rechtliche und politische Herausforderung darstellen. Konkreter ist da schon die angestrebte „Vermeidung des Multi-Use-Ansatzes“, der darauf abzielt, die funktionelle Abbildung eines Stadtzentrums an der Peripherie zu vollenden. Im Messepark sollen keine zusätzlichen Dienstleistungen im Gesundheits- und Sozialbereich, Büros oder Sport- und Kultureinrichtungen etabliert werden dürfen – Bestrebungen, die das 2015 vorgestellte Konzept noch beinhaltete und die für entsprechende Kritik aus den Ortszentren sorgten. Diese Festlegung ist auch deshalb bedeutend, weil sie mit dem derzeitigen raumplanungsrechtlichen Instrumentarium nicht durch Verordnung festgelegt werden kann.

Schlussendlich hat sich die Stadt Dornbirn die Erweiterung weiter heruntergerechnet, indem sie vereinbaren will, dass die Verkaufsflächenwidmungen der ehemaligen Grundstücke eines Baumarktes und eines Elektrogeschäfts in der Umgebung, die der Messepark gekauft hat, nicht mehr in Anspruch genommen werden dürfen und somit in der Bilanz zu den bereits 2018 ermöglichten 19.000 m² nur noch 100 m² hinzukämen.

Mit dieser wohl ausgefeilten Argumentation ist das Projekt am 18. Juli 2023 in das einmonatige Auflageverfahren gegangen, wobei der Zeitraum in den Sommerferien von vielen Seiten kritisiert und es unterstellt wurde, dieser sei so gewählt, um Kritiker*innen urlaubsbedingt möglichst wenig Zeit für eine fundierte Stellungnahme zu bieten. Dennoch gingen 47 Stellungnahmen ein, von denen laut Medienberichten nur drei eindeutig positiv gewesen sein sollen. Vor allem äußerten sich ca. 80 Gemeinden, vorwiegend über ihre Regionalverbände, kritisch.

Entsprechend lebhaft war die öffentliche Diskussion vor der Sitzung des Raumplanungsbeirats am 11.09.2023. Landeshauptmann Wallner hatte sich schon im Vorfeld festgelegt, dass die Landesregierung dessen Beschluss folgen wolle. Der Beirat ist im Raumplanungsgesetz festgeschrieben, wird von der Landesregierung für die Dauer einer Landtagsperiode bestellt und berät diese. Er hat dreizehn Mitglieder, wovon jeweils eines von den im Landtag vertretenen Parteien entsandt wird. Dazu kommen Vertreter*innen der Kammern für Wirtschaft, Arbeit und Landwirtschaft, ein Architekt, ein Raumplaner, ein Logistik-Experte, die Naturschutzanwältin des Landes und, als Vertreter des Gemeindeverbandes, der Lauteracher Bürgermeister Elmar Rhomberg.

Im Vorfeld war ein äußerst knappes Ergebnis erwartet worden, doch letztlich stimmten nur der Gemeindeverband, die Naturschutzanwältin und der Grünen-Vertreter gegen das Vorhaben. Die anderen Mitglieder überzeugte offenbar der Weg, den die Stadt Dornbirn mit ihrem Entwurf eines Raumplanungsvertrages nahegelegt hatte. Es wurden nämlich genau die dort vorgesehenen Einschränkungen als Auflagen in den Beschluss aufgenommen. Zudem soll das Verkehrskonzept noch einmal überarbeitet werden, was jedoch im Zuge des Bauverfahrens ohnehin notwendig geworden wäre. Als einzige echte Auflage wurde die Beschränkung der Verkaufsfläche für Lebensmittel von maximal 5000 m² auf 4000 m² kommuniziert, was den Sorgen der Gemeinden etwas die Kraft nahm und wohl auch einer Kritik an einer völligen Freigabe des Projekts vorbeugen sollte. Dementsprechend akzeptierten die Messeparkbetreiber diese Auflage noch am Sitzungstag.

Letztlich ist das Verfahren zur Messeparkerweiterung ein Beispiel dafür, wie man auch unter veränderten gesellschaftlichen Wertvorstellungen noch neue Verkaufsflächen an der Peripherie schaffen kann. Es wurden raumplanungsfachliche Forderungen wie die Vermeidung zusätzlichen Flächenverbrauchs und die Rückwidmung rechtlich bestehender Verkaufsflächen aufgenommen und so Mehrheiten gefunden. Dennoch geht die handelswissenschaftliche Untersuchung der CIMA davon aus, dass 60 % des zusätzlichen Umsatzes im Messepark aus der Dornbirner Innenstadt und anderen zentralen Handelsstandorten Vorarlbergs generiert werden. Diese verlieren jeweils 3-7 % ihres Umsatzes. Die Macht der Gemeinden reichte in der Bürgermeister*innenpartei ÖVP offenbar nicht, um dieses zu verhindern. Es ist allerdings festzuhalten, dass auch die Bürgermeister von Hard, Martin Staudinger (SPÖ), und Hohenems, Dieter Egger (FPÖ), als Vertreter ihrer Parteien im Raumplanungsbeirat zugestimmt haben. Anzunehmen ist, dass die nun folgende Erweiterung des Messeparks die auf lange Zeit letzte gewesen sein dürfte. Ob sich andere Einkaufszentren am erfolgreichen Vorgehen des Betreibers ein Beispiel nehmen werden, bleibt abzuwarten.

Karin Tschavgova

wie aus visa flugs und ohne Kommentar versus wird - von der Redaktion geändert - und der oder die LeserbriefschreiberIn völlig unverständlich. So geht's halt auch nicht, ohne Kommentar zum Kommentar.

Fr. 19/04/2024 22:46 Permalink
Karin Tschavgova

visa dürfte ein xiberger Dialekt sein (siehe Titel des Artikels), jedenfalls kennt weder der Duden noch Google dieses Wort als Preposition. Bitte um Aufklärung oder allgemeine Verständlichkeit, nicht alle Leser sind Vorarlberger und -innen.

Fr. 19/04/2024 12:20 Permalink
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16. + 17.11.2023
 
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