08/11/2005
08/11/2005

Weilers Farm, ein Township im Süden der Region Johannesburg

Kinder von Weilers Farm, ein Township im Süden der Region Johannesburg

Grazer ArchitekturstudentInnen planen einen Kindergarten in Johannesburg, Südafrika, den sie im Jahr 2006 eigenhändig umsetzen werden.

„Learn together – Build together“ – 22 Architekturstudent/innen entwerfen, konstruieren, planen, stellen die Finanzierung auf, organisieren den Bauablauf, bestellen die Materialien und realisieren im Eigenbau ein Projekt im Rahmen der Lehrveranstaltungen Entwerfen 6 / Konstruieren 4 am Institut für Architekturtechnologie an der TU Graz. Wo die Entwürfe sonst am Papier bleiben, muss dieser Entwurf der Konfrontation mit der Realität standhalten: ein Kindergarten für einen der ärmsten Townships in Südafrika, von den StudentInnen selbst (mit deren handwerklichen Fähigkeiten) in fünf Wochen vor Ort errichtet. Das Projekt geht zurück auf eine Initiative des gemeinnützigen Vereins S2ARCH in Wien, der gemeinsam mit der südafrikanischen NGO „Education Africa“ bereits im Vorjahr Projekte mit der TU Wien und der Kunstuniversität Linz in Johannesburg durchgeführt hat.

WEILERS FARM
Weilers Farm ist ein Township im Süden der Region Johannesburg und besteht aus ca. 3500 Parzellen, die vor allem mit Wellblechhütten bebaut sind, so genannten „shacks“. Die Region ist von einer hohen Arbeitslosigkeit, Aidsrate und von Armut geprägt. Während andere Townships wie Soweto sich bereits merklich entwickelt haben, ist Weilers Farm noch sehr benachteiligt, die Straßen sind nicht asphaltiert und die Versorgung mit Wasser und Kanalleitungen ist gerade erst in Projektierung. Dennoch gibt es ein funktionierendes soziales Gefüge, das vor allem durch private Initiativen von lokalen Frauen getragen wird. Sarah Ngwenya ist eine dieser Frauen. Sie setzt sich für den Aufbau eines Kindergartens in Weilers Farm ein. Auf Initiative von Hellen Gqoba, der für diese Region zuständigen Sozialarbeiterin und James Urdang, dem Leiter der NGO „Education Africa“ in Johannesburg, planen und bauen die Grazer StudentInnen für Sarah und die Gemeinde einen Kindergarten.

KONZEPT / ENTWURF
Der Schwerpunkt des Entwurfes liegt in der Ausbildung von Räumen, die ein sicheres Umfeld vermitteln, in dem sich der kindliche Erfahrungsdrang entfalten kann. Besonderen Wert wird deshalb auf die Ausbildung so genannter indifferenter Zonen, geschützte Bereiche zwischen Innen und Außen, die selbständiges Spielen, aber auch die Erweiterung des gemeinsamen Spielens in den Außenraum ermöglichen, gelegt. Den Kindern und der Kommune soll damit nicht nur „ein Dach über den Kopf“ geben werden, sondern ein Ort, mit dem sie sich identifizieren können.
Der Umstand, dass die StudentInnen als „Fremde“ kommen, macht es ihnen einfacher, gewisse Dinge zu erkennen, aber auch eine Distanz zu bewahren. So werden die ortsüblichen Materialien mit unterschiedlichen widersprüchlichen Werten verbunden. Baustoffe wie Lehm und Stroh werden von den einen als rückständig abgelehnt, von anderen aber als Teil der afrikanischen Kultur geschätzt. Neue Baustoffe wie Wellblech und Ziegel werden als Sinnbilder für den Fortschritt angestrebt, aber da sie baukulturell nicht verankert sind, führen sie oft zu sehr banalen Lösungen. Die StudentInnen versuchen durch ungewöhnliche Verwendung und Detaillösungen Materialien neu zu bewerten.

Das Klima rund um Johannesburg würde ein angenehmes Innenraumklima durch geeignete Konstruktionen ohne zusätzlichen Energieaufwand (heizen – kühlen) ermöglichen. Die übliche Bauweise vor Ort (ungedämmte Wellblech oder Ziegelkonstruktionen) jedoch nützt dies nicht aus. In den Blechhütten wird es im Sommer unerträglich heiß und in den gemauerten Häusern bleibt es im Winter ungemütlich kalt. Von den StudentInnen wurden für den Kindergarten einfache Holzkonstruktionen, die mit Netzen zur Beschattung überspannt sind, entwickelt, die diese beiden Nachteile ausgleichen und gleichzeitig einfach und kostengünstig herstellbar sind. Auf diese Weise kann auch ein Vorbild für eine einfache Verbesserung der klimatischen Eigenschaften der Bauten im Township entstehen.

DAS TEAM
Eva Grubbauer, Gernot Kupfer, Cornelius Pfeiffer und Peter Schreibmayer (Projektverantwortliche), Johann Riebenbauer (Statik), Karl Höfler (Bauphysik)
Paul Donner, Birgit Eberhard, Alicia Fischer, Christian Freissling, Martin Gansberger, Barbara Gartner, Bernhard Gilli, Kristina Gröbacher, Verena Hesse, Anita Huber, Mario Huber, Theresa Kalteis, Petra Kickenweitz, Daniela Meyer, Petra Reiter, Martin Schöberl, Dietmar Klaus Weidinger, Rupert Wernhart
Martin Widowitz, Christoph Wiesmayr, Nina Wirnsberger, Christian Zechner

KONTAKT:
Dipl. NDS ETH Dipl.-Ing. Eva Grubbauer
Institut für Architekturtechnologie
T 0316/873-6304
M 0699/11 85 6261
grubbauer@at.tugraz.at;

TERMINE > PROJEKTPRÄSENTATION
_ 17.11.2005
16.00 Uhr: Vorstellung und Diskussion aller Projekte für 2006
- TU Graz, FH Kuchl, TU Wien, RWTH Aachen - an der TU Graz / HS II, Rechbauerstraße 12
21.00 Uhr: African Lounge
im HDA Haus der Architektur Graz, Engelgasse 3-5

Von 1. bis 23.12.2005
African Lounge am Südtirolerplatz in GrazWer den Grazer StudentInnen bei der Projekt-Vorbereitung über die Schultern blicken möchte, kann dies derzeit im HDA Haus der Architektur Graz, Engelgasse 3-5 tun. Dort sind sie im Rahmen von Spielraum 03 am Werk.

Verfasser/in:
TU Graz, Institut für Architekturtechnologie
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
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