22/09/2023

Am vergangenen Samstag, den 16. September 2023, fühlte man sich in der BILLA-Filiale Forchtenstein im Burgenland an die Zeiten eines unmittelbar bevorstehenden Lockdowns erinnert. Fast leere Regale, Kund:innen, die verzweifelt nach den letzten Produkten suchten und eine generelle Hektik. Der Grund für diese Szenen war aber ein anderer. Die BILLA-Filiale Forchtenstein wird seit dieser Woche, nach nur rund 20 Jahren (!) Nutzung, komplett abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt.

22/09/2023
Der völlig intakte BILLA Markt Forchtenstein am 16. September 2023.
 
©: Johann Gallis
 
 
Billa Forchtenstein, Detail der Südwestfassade zum Parkplatz.
 
©: Johann Gallis
Die komplett in Glas aufgelöste Nordwestfassade des BILLA Marktes Forchtenstein. Das Warten an der Kassa wurde zum landschaftlichen Erlebnis.
 
©: Johann Gallis
 
 
 
 

In den frühen 2000er Jahren kaufte der Lebensmittelkonzern im Industriegebiet an der Ortseinfahrt von Forchtenstein, unmittelbar vor der Zufahrt zum lokalen Stausee, ein nicht mehr benötigtes Areal einer Tischlerei, auf dem ein neuer Markt errichtet wurde. Die Tischlerei blieb, mit dem fast schon als Landmark fungierenden siloartigen Turm mit zeittypischer „Kunst am Bau“, großteils bestehen. Davor situierte der/die Planer/in, es sind leider „auf die Schnelle“ keinerlei Unterlagen über die Autorenschaft verfügbar, einen der wohl schönsten BILLA-Märkte im ganzen Burgenland, der einen wohltuenden Kontrast zu den sonstigen Bauten eines derartigen Gewerbegebietes darstellte.

Es entstand ein flachgedecktes, horizontal gelagertes, fast schon minimalistisches Bauwerk, das an drei Seiten über ein umlaufendes Oberlichtband belichtet wurde. An der Nordwestfassade und im Eingangsbereich an der Südwestfassade wurde das Objekt auch in den weiteren Fassadenzonen komplett in Glas aufgelöst, wodurch ein wunderbarer Blick auf die gegenüberliegenden Felder, auf das Rosaliengebirge und im Besonderen auf das Wahrzeichen der ganzen Region, die Burg Forchtenstein, ermöglicht wurde. Ein Bau, der sich nicht nur in die Landschaft einfügte, sondern diese regelrecht in den Markt einfließen ließ. Eine grundsolide Architektur, die trotz konventioneller Konstruktion und Details aufgrund einiger äußerst kluger Entwurfsentscheidungen doch so weit über dem Durchschnitt vergleichbarer Bauten auf diesem Gebiet lag und noch immer liegt.

Qualitäten, die durchaus charakteristisch für einige BILLA Bauten der frühen 2000er Jahre sind, als man offenbar mit guter zeitgenössischer Architektur das negative „Schmuddelimage“ ablegen wollte, das viele Filialen der 1980er und frühen 1990er Jahre mit ihrer teilweise pseudopostmodernen Erscheinung ausstrahlten. Doch diese Zeiten sind längst vorbei und so steht der Umgang mit der Filiale Forchtenstein wiederum symptomatisch für das derzeitige Architekturverständnis bei vielen BILLA Neu- und Umbauten, das sich oftmals in dekorativen, banalen Holzverkleidungen zu erschöpfen scheint, als in der Ermöglichung zeitgemäßer und qualitätsvoller Architektur. Alleine der Abriss und Neubau vieler Märkte im Rahmen der derzeitigen Sanierungswelle – erst 2022 wurde der architektonisch ebenso äußerst anspruchsvolle Markt im nahegelegenen Hornstein von Architekt Hans Peter Petri aus 2001 komplett abgerissen – spricht Bände und zeugt von einem Nachhaltigkeitsverständnis, zu dem man viel sagen könnte, zu dem man aber eigentlich nichts mehr sagen muss.

Das lichtdurchflutete, freundliche und äußerst übersichtliche Innere des BILLA Forchtenstein konnte am vergangenen Samstag übrigens nicht mehr dokumentiert werden, da das Fotografieren in den Märkten nicht gestattet ist, wie zwei Mitarbeiter:innen freundlich, aber bestimmt mitteilten. Im neuen Markt in Forchtenstein, er wurde bereits auf dem zugekauften Areal der mittlerweile geschlossenen Tischlerei erbaut, wird das auch gar nicht mehr notwendig sein. Zum Parkplatz hin wurde eine Vollverglasung errichtet. Nach Nordwesten – mit dem Blick in die Landschaft – eine fast fensterlose Wand. Besser kann man die derzeitige, vielen BILLA Märkten zugrundeliegende architektonische Haltung, aber auch die generelle Situation der Baukultur im Burgenland des Jahres 2023 nicht mehr beschreiben.

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Dieser Artikel erscheint im Rahmen von GAT+.

Wos is mit dir foisch

Ich nehme an, den Artikel wird eh niemand lesen, da keine Mensch Billa Forchtenstein googeln wird...außer jemand wie ich, der in Forchtenstein wohnt. 1. wundert mich, dass sich jemand die Mühe macht, über so ein unnötiges Thema einen Artikel zu schreiben, aber gut.

Dass nach 20 Jahren ein Neubau herkommt kann man durchaus kritisieren, allerdings war der alte sauklein und der Parkplatz ebenfalls viel zu klein und eng. Die Tischlerei dahinter ist seit 20 Jahren leer und seitdem nur verfallen. Jetzt ist dieses unnötige Gebäude weg, der Billa ist größer und hat einen angemessen Parkplatz.

Der alte Billa war auch viel hässlicher als der neue, aber das ist wohl Boomer-Geschmackssache.
Keine Geschmackssache ist aber, dass der komplette Artikel Müll ist. Jetzt ist es viel lichtdurchfluteter, der Ausblick ist viel besser, da jetzt eine viel größere Glasfront ist und übersichtlich ist er genau so.

Aber gut, regen wir uns halt lieber über einen neuen Billa auf, als sich über wichtige Themen Gedanken zu machen.

Mi. 22/11/2023 9:26 Permalink

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