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Anlässlich der Petition der ZT-Kammer zum Thema der ASVK (GAT berichtete) führte GAT mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der ASVK (Altstadt-Sachverständigenkommission in Graz), Arch. DI Michael Szyszkowitz nachfolgendes Gespräch. Szyszkowitz ist das dienstälteste ASVK-Mitglied. Er zeichnet für einige maßgebliche Bauvorhaben in der Grazer Schutzzone verantwortlich (u. a. Humanic Flagship Store, Kastner & Öhler Sporthaus am Kai, Kastner & Öhler Tiefgarage, Hauptgebäude der Steiermärkischen Sparkasse und Sparkassenhöfe).
GAT: Die ASVK wurde in den 70er-Jahren gegründet. In welchem Kontext entstand dieses Gremium?
Szyszkowitz: Der Wildwuchs in der Stadt war der Anlass, wobei ich gestehen muss, dass das Thema Altstadt damals am Rande meines Interesses stand. Als junger Architekt habe ich mich für andere Dinge interessiert, bin ins Ausland gegangen. Hier hat das Thema der Redakteur der „Kleinen Zeitung“, Max Mayr, inszeniert und ins Leben gerufen. Das hat damals gut funktioniert und allgemeines Interesse gefunden, weil man gemerkt hat, was man mit dieser schönen Innenstadt eigentlich besitzt.
Was hat sich seitdem geändert, wie betrachten Sie die Rolle der ASVK heute?
Szyszkowitz: Das für mich Interessanteste dabei ist, dass wir jetzt in einer Position sind, welche mit Gertrude Celedin schon begonnen hat. Celedin hatte ein großes „Feeling“ für die moderne Architektur und war in der ASVK die Wegbereiterin dafür, dass die Phänomenologie dessen, was Architektur ausmacht, unabhängig von jedem Zeitfaktor ist.
Nach welchen Kriterien werden Projekte, vor allem Neubauprojekte, in der ASVK beurteilt? Gibt es hier einheitliche Vorgehensweisen?
Szyszkowitz: Gerade das Kriterium der „baukünstlerischen Qualität” ist neu. Das hat es vorher nicht gegeben, sondern ist erst seit der Novellierung des Altstadterhaltungsgesetzes 2008, welches Celedin wunderbar inszeniert hat, ein Kriterium geworden. Seit diesem Zeitpunkt tragen meiner Meinung nach die Architekten, die in der Kommission sind, eine größere Verantwortung. Wenn man jetzt schaut, welche Leute wir da haben oder immer wieder bitten, von den verschiedenen Institutionen in die Kommission entsandt zu werden, dann wird das auch unter diesem Aspekt gemacht. Wenn ich zum Beispiel die Vertreter der ZT-Kammer betrachte, die Architekten Gerhard Wallner und Johann Grabner, dann haben wir exzellente Leute dabei, die selbst auch Architektur machen. Oder auch Marlies Binder und Anselm Wagner.
Die Entscheidungsfindung geschieht also stark personenbezogen?
Szyszkowitz: Ja. Vielleicht ist das am besten zu vergleichen mit dem, was eine Architekturjury zu machen hat. Da gibt es unterschiedliche Kriterien wie beispielsweise städtebauliche und so weiter. Diese Kriterien sind hinsichtlich der Altstadt offensichtlich. Das Wichtigste ist das strukturelle Einfügungsgebot. Ein Projekt muss von der Struktur her in die Stadt hineinpassen. Daher passt meiner Meinung nach, und das war ein langer Kampf, das Kunsthaus sehr gut in die Stadt. Es passt sowohl von der Struktur her als auch von der Größenordnung. Man sieht das, was da oben an dem „Warzenschwein“ herauskommt, die kleinen „Warzen“. Wenn man über die Stadt schaut, ist das gleichbedeutend mit den umgebenden Dachgaupen. Strukturell gibt es überhaupt kein Problem. Die Sprachlichkeit kann dennoch eine neue Architektur sein, die Farbe eine andere, aber von der Struktur her passt das.
Wie gestaltet sich aus Ihrer Sicht derzeit die Qualität der eingereichten Projekte?
Szyszkowitz: Das ist eine gefährliche Frage. Wenn ich diese ehrlich beantworten soll, muss ich sagen, es verhält sich 80 zu 20 Prozent.
Die 80 Prozent sind ...?
Szyszkowitz: Das können Sie sich vorstellen. Es sind Dinge dabei, da kann man einfach nicht „Ja” sagen. Wenn man Dachaufbauten betrachtet, muss es beispielsweise noch lange nicht passen, ein historisches, klassizistisches Element einfach als Gaupe hinaufzusetzen. Da muss man vorher das Bestandsgebäude und die Nachbarschaft genau anschauen. Diese verlangen ja geradezu nach einer Lösung, die eine neue sein muss.
Wie gehen Sie vor, wenn BauherrInnen mit Ihrer Ansicht nach „schlechten" Projekten zu Voranfragen kommen? Raten Sie dann zu einem Planerwechsel?
Szyszkowitz: Das ist eine sehr wesentliche Frage. Wir haben nämlich die Aufgabe der „Manuduktion” bekommen – wortwörtlich „an der Hand führen“ – das heißt, wir haben sogar die Bringschuld, nicht nur zu erklären, warum ein Projekt nicht passt, warum es dem Einfügungsgebot nicht entspricht, sondern wir haben darüber hinaus die Verpflichtung zu sagen, wie es besser gehen könnte.
Da gibt es jetzt eine neue Methode, die irgendwie komischerweise gerade bei den Architekten auf Unmut gestoßen ist, obwohl gerade das eine Hilfe und Unterstützung für sie darstellt. Wir haben sinngemäß gesagt: „Lieber Herr, Sie kommen jetzt einfach nicht wirklich zusammen.“ Es gibt Projekte, die zehnmal eingereicht wurden, und sie blieben immer unverändert. So jemandem ist nicht zu helfen. Der Bauherr meint: „Ich mache keinen Wettbewerb und kein Gutachterverfahren. Ich habe das Anrecht, hier so zu bauen, das ist nicht zu groß und im öffentlichen Interesse ist es auch nicht.“ Was macht man da?
Was haben wir gemacht? Und das ist eine sehr gute Sache. Ich stehe dazu, obwohl die ZT-Kammer da irgendetwas geschrieben hat. Wir haben gesagt: „OK, Sie kommen immer wieder mit demselben Mann, aber das wird nichts.” Wir machen einen Vorschlag: Der ursprüngliche Planer soll nach unseren Intentionen seinen Vorschlag noch einmal überarbeiten, und wir, das heißt der LR Buchmann, aus einem gewissen Budget, zahlen zwei andere. Die Architekten erarbeiten nur eine Idee – es ist eine Ideenfindung, keine Konkurrenz. Wir sagen dem Bauherren gar nicht - du musst den Einen oder den Anderen nehmen – überhaupt nicht. Sie nehmen einfach das Beste aus dem Ganzen. Es kann sein, dass sie von da was nehmen und von dort etwas. Nur bitte, damit etwas weitergeht.
Das heißt, Sie betrachten das als Mehrwert für den Bauherrn?
Szyszkowitz: Unbedingt. Und diesen Mehrwert, das ist das Tolle dabei, können wir aus einem Budget finanzieren – so bescheiden es auch sein mag – das uns LR Buchmann zur Verfügung gestellt hat.
Wenn dann drei Studien vorliegen – in welcher Form werden diese beurteilt? Werden sie von der ASVK beurteilt?
Szyszkowitz: Natürlich werden diese von der ASVK beurteilt, aber mit dem Bauherrn, der dabei ist. Auch Schöttli (Heinz Schöttli, ehemaliger Stadtplanungschef, Anm. der Red.) war dabei.
Das bedeutet, der Bauherr bekommt dann eine Empfehlung, welches der drei Projekte er umsetzen soll?
Szyszkowitz: Nein, er sitzt dabei. Er hört sich das alles an und kann auch sagen, wenn ihm etwas nicht gefällt.
Aber in der ASVK sitzen kompetente Architekten, welche den Bauherrn aktiv beraten werden?
Szyszkowitz: Klar. Völlig richtig. Wir hatten am Anfang Schöttli dabei. Außerdem haben wir die Stadtbaudirektion eingeladen, die aber nicht gekommen ist, weil sie meinte, die ZT-Kammer würde sich dagegen wehren und dieses Vorgehen der ASVK sei ein verstecktes Wettbewerbsverfahren oder ein verstecktes Gutachterverfahren. Es ist nichts von alledem. Jeder Bauherr hat das Recht, irgendjemanden mit einer Studie zu beauftragen. Es ist auch objektiv nicht nachvollziehbar, zu welchem der drei Entwürfe sich die Runde schließlich entscheidet. Nicht die Runde der ASVK alleine, sondern zusammen mit dem Bauherrn.
Ist es nicht offensichtlich, dass der Bauherr sich zu dem entscheidet, was die ASVK empfiehlt, um sich den Weg nicht unnötig zu erschweren?
Szyszkowitz: Er sitzt ja dabei. Er kann beispielsweise sagen: „Ich kann mit dem nichts anfangen.“ Wir reden ihm nicht ein, dass er einen Vorschlag annehmen soll.
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Empörung zurecht
, die ich völlig teile.
es fragt sich nur, wann werden sich die restlichen Mitglieder der ASVK gegen diese seltsamen Studien, Jurybesetzungen etc. wehren.
Es wirkt nicht gut, wenn die ASVK ehemaligen Mitgliedern der ASVK wie eben Gienke Aufträge zuschanzt.
Die ASVK sollte übrigens genau die städtebaulich Vorgaben prüfen, bevor sie solche Sutdien beauftragt. Denn im Falle Jakoministraße herrscht Bebauungsplanpflicht laut Deckplan 1 des FLÄWI- Schutz der Innenhöfe.
Es gibt derzeit 3 größere sehr verdichtende Projekte in der Jakoministraße, und keinen Bebauungsplan!!! Im Fall der Pluto GmbH des Dr. Held Jakominstraße 3-5 fand heute die Bauverhandlung statt.
Es wäre der ASVK zu raten, hier ihre weitere Gutachten solange auszusetzen, bis die Stadtplanung einen generellen Bebauungsplan erstellt, worin abgeklärt wird, wohnin die architektonische Entwicklungsreise in der Jakomistraße gehen sollte: maximale Höhen an der Straße, wie geht Verdichtung mit dem Schutz und der Aufwertung der Innenhöfe einher -Verordnung im STEK und REPRO-, wie kann man zukünftig mögliche Baumassen gerecht auf alle Grundstücke verteilen und nicht nur für einige potente Investoren. ( z. B. CeStar- Lampesberger mit Jakominitor und anschließenden Häusern bzw. Pluto-Held mit Wilder Mann)
Papier ist geduldig
Zur Qualität der vom stellvertretenden Vorsitzenden der ASVK in der Grazer Altstadt - oder sonstwo - erzeugten Baulichkeiten sehe man besser in die diversen Publikationen des nicht nur österreichweit angesehenen Architekturkritikers Friedrich Achleitner anstatt den Geschichterln zu lauschen.
Was also qualifiziert Herrn S. dazu, gesetzeswidrig seit 1989 in der Grazer Altstadtsachverständigenkomission zu sitzen. Gesetzeswidrig deshalb weil bis 2008 die Berufung in die Komission auf 5 Jahre beschränkt war.
Ich wurde als Planer 2007 von der damals Vorsitzenden der ASVK erpreßt.
Dabei ging es um ein Genehmigungsverfahren für einen zweigeschoßigen Dachgeschoßausbau in der Schutzzone 3. Planungsbeginn war bei diesem Projekt 2005. Baubeginn für den eingeschoßigen Dachbodenausbau (obwohl ich eine positive Stellungnahme für den 2-geschoßigen Ausbau hatte wurde aufgrund der mangelhaften rechtlichen Begründung des Gutachtens dazu gezwungen auf die Zweigeschoßigkeit zu verzichten. Verlust für meinen Bauherrn: 6 Jahre und 100m2 Nutzfläche).
Ich bin gerne bereit mit Arch. Szyszkowitz über qualitätvolle Architektur zu diskutieren. Anhand der von ihm selbst zitierten Beispiele am Franziskanerplatz, in der Morellenfeldgasse usw.
Auch über die Qualität des Neubaus am Andreas-Hofer Platz wäre dabei zu sprechen. Dreibholz ist ja begeistert von diesem Gebäude (siehe Kleine Zeitung). Eine kleine Nachschulung in Architekturtheorie tut Not.
Das die beiden Vorsitzenden der ASVK mittlerweile auch mit ihnen befreundete Architekten zu Aufträgen verhelfen - und das auch noch mit Steuermitteln subventioniert - finde ich nahezu genial. Eine kleine Nachdenkpause würde in diesem Zusammenhang möglicherweise auch der Politik guttun.
Es gäbe noch viel zu sagen ....
eins noch: diese Art der Bewirtschaftung des Terrains sind zum Glück Auslaufmodelle und haben sich überlebt - wie Mann|Frau jeden Tag auf Neue in den Medien erfährt. Deshalb Hr. Dreibholz und Hr. Szyskowitz viel Freude in der Zukunft. Mögen Ihre Tage in der wohlverdienten Pension mit Sonne gesegnet sein. Ich werde dann trotz Ihrer Machenschaften noch immer bauen.
Arch. DI Gerald Hirsch
Nicht alles was lange währt wird endlich gut
Ich habe es satt, von bornierten, selbstherrlichen, wirklich alten Männern die einzig und alleinige Weisheit serviert zu bekommen. Ich bin entsetzt über das Selbstverständnis, unprofessionelle Methoden und Verfahren zu verteidigen und in keinster Weise das Thema "Fairness" dabei zu würdigen. Ich finde es reine Zeitverschwendung die persönliche Meinung des stellvertretenden Vorsitzenden einer demokratisch zusammengesetzten Kommission gelesen zu haben.