30/08/2019

Die Alte Galerie und die Neue Galerie Graz öffnen ihre Tore im September 2019 an den Sonntagen und Donnerstagen bei freiem Eintritt – zu den gleichen Zeiten wie vor 200 Jahren als Kunst 1819 erstmals den GrazerInnen präsentiert wurde:

sonntags
von 11 – 13 Uhr

donnerstags
von 10 – 12 Uhr

Alte & Neue Galerie Graz

Vor dem 21. März 1819 war der Kunstgenuss ausschließlich der "gehobenen Gesellschaft" vorbehalten.

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30/08/2019

Bereits 1819 zu sehen: Lucas Cranach d. Ä. (1472–1553), "Das Urteil des Paris". Öltempera auf Holz, 87 x 59 cm, Alte Galerie, Foto: UMJ/N. Lackner

Im Wildenstein'schen Haus, Hans-Sachs-Gasse 1, war 1819 die erste öffentlich zugängliche Kunstausstellung in Graz zu sehen. Foto: Multimediale Sammlungen/UMJ, undatiert.

Landesmuseum in Graz, Neutorgasse 45. Museumsneubau von 1895, ehemals Bildergalerie und Kulturhistorische Sammlungen, heute Joanneumsviertel, Steiermärkisches Landesarchiv

Im März vor 200 Jahren konnte man in der Grätzer Zeitung unter den „Ständischen Verlautbarungen“ eine „Kundmachung“ lesen, wonach ab 21.3.1819 die „Bildergallerie“ für „Jedermann“ geöffnet sein wird, und zwar an zwei Tagen der Woche jeweils zwei Stunden lang.
Diese Öffnungszeiten erscheinen heute bescheiden. Bedeutend ist jedoch allein schon die Tatsache, dass nun Kunst in Graz überhaupt für die Allgemeinheit zugänglich war. Bis dahin war die Auseinandersetzung mit ihr den Wohlhabenden vorbehalten, Kunst konnte von exklusiven Kreisen vor allem in den adeligen Sammlungen studiert werden.
Dies änderte sich mit dem Zeitalter der Aufklärung und der Revolutionen am Ende des 18. Jahrhunderts. Kunst wurde nun als Eigentum einer allgemeinen Öffentlichkeit bzw. einer nationalen Gemeinschaft verstanden. In der Folge entstanden die meisten der nationalen bzw. städtischen Kunstmuseen.

Die Einrichtung der Grazer „Bildergallerie“
Man kann davon ausgehen, dass Erzherzog Johann, der 1811 in Graz das „Innerösterreichische Nationalmuseum“ Joanneum gestiftet hat, auch an der Einrichtung der Grazer „Bildergallerie“ und deren Publikumsöffnung im März 1819 maßgeblich beteiligt war. Zumindest waren es seine zahlreichen auf die Aufklärung und Volksbildung abzielenden Aktivitäten in der Steiermark, die einen Kontext und die Voraussetzung dafür schufen.
Ursprünglich war die sogenannte Landesbildergalerie in Graz eine Einrichtung der „Steirisch Ständischen Zeichnungsakademie“. Diese erwarb seit ihrer Gründung durch den Kupferstecher Johann Veit Kauperz 1785 zahlreiche Stiche und Gemälde, vor allem als Vorbildsammlung für die Studierenden.

Das Wildenstein’sche Haus
1818 erwarben dann die Stände (diesen entspräche heute die Landesregierung) das Wildenstein’sche Haus in der (heutigen) Hans-Sachs-Gasse 1, um dort die Zeichenakademie unterzubringen. Der zweite Stock des Gebäudes sollte „zur Emporbringung der Kunst und zum Vergnügen des Publikums“ die nunmehr auch der Öffentlichkeit zugängliche „Bildergallerie“ beherbergen.
Ein erstes, 320 Gemälde umfassendes Verzeichnis dieser Bildergalerie von 1819 zeigt, dass es in erster Linie Leihgaben waren, die dem Publikum in acht Sälen und dichter Hängung präsentiert wurden. Vorwiegend waren es Angehörige des Adels wie die Grafen Attems, welche Gemälde aus ihren Sammlungen an die neu gegründete Galerie verliehen.
Viele Bilder brachte auch der damalige Direktor der Zeichenakademie, der klassizistische Maler Josef August Stark, ein. Er übergab der Galerie systematisch von ihm erworbene Stücke genauso wie zahlreiche Kompositionen von eigener Hand. Darüber hinaus waren es andere Künstler, Beamte, wohlhabende Bürger und Institutionen wie das Joanneum, die mit Leihgaben aus ihrem privaten Besitz Beiträge zu der „Bildergallerie“ leisteten.
Ermutigt durch die wahrscheinlichen Initiatoren, Landeshauptmann Ferdinand Graf Attems und Direktor Josef August Stark, ermöglichten sie alle in großzügiger Weise diese erste öffentliche Kunstsammlung in Graz und in der Steiermark. Sie bewiesen damit Engagement für die Bildung breiterer Bevölkerungsschichten und zeigten ihre Verantwortung einer größeren Öffentlichkeit bzw. der Allgemeinheit gegenüber.
Aus dieser ersten Bildergalerie gingen später die heutigen beiden Sammlungen der Alten und der Neuen Galerie am Joanneum hervor.

Der Museumsneubau in der Neutorgasse 45
Zunächst jedoch war die Landesbildergalerie nicht Teil des „Innerösterreichischen Nationalmuseums“ Joanneum. Eine lokale Zusammenführung der Bestände der Bildergalerie und des Joanneums erfolgte ab 1895 in dem historistischen Museumsneubau in der Neutorgasse 45, in dem die Bildergalerie, die Zeichenakademie (die allerdings nicht zum Joanneum gehörte) und ein neues Kulturhistorisches und Kunstgewerbemuseum untergebracht wurden. Das Gebäude ist heute Teil des Joanneumsviertels und beherbergt Depots und Arbeitsräume der Multimedialen Sammlungen sowie die Neue Galerie Graz.
Aufgrund zahlreicher namhafter Schenkungen (Julie von Benedek, Johann und Joachim Sailler u. a.) war das neue Museumsgebäude jedoch bald zu klein geworden und musste bereits 1900 und 1901 aufgestockt werden. Mit der Neuaufstellung der Galerie 1903 wurde der Leiter der Kulturhistorischen Abteilung, der historistische Bildhauer Karl Lacher betraut.

Vereinigung, Neuordnung und Neuaufstellung
Waren es im 19. Jahrhundert Künstlerpersönlichkeiten, die den Institutionen – Zeichenakademie und Bildergalerie – vorstanden, so wurde mit der Ernennung von Wilhelm Suida zum Galeriedirektor 1910 die Ära der Kunsthistoriker eingeleitet. Das wissenschaftliche Fach der Kunstgeschichte hatte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts etabliert und das 1892 an der Karl-Franzens-Universität in Graz gegründete Institut für Kunstgeschichte arbeitete eng mit der Galerieleitung zusammen.
Unter Wilhelm Suida kam es zur Vereinigung, Neuordnung und Neuaufstellung der Kunstbestände des Landes Steiermark unter wissenschaftlichen Aspekten und zur Zusammenführung der Kunstbestände aus Joanneum und Bildergalerie. Suidas Katalog der „Landesbildergalerie und Skulpturensammlung“ von 1923 ist nach wie vor eine unverzichtbare Quelle für die heutige Sammlungsforschung.

Teilung der Sammlung in Alte Galerie und Neue Galerie
Sein Nachfolger Karl Garzarolli-Thurnlackh setzte seine wissenschaftlichen Schwerpunkte auf „Gotik in der Steiermark“, „Barocke Handzeichnungen“ etc. – damit verbunden waren zahlreiche Erwerbungen in diesem Bereich. Er musste zusätzlich die Galerie durch die Zeit des Zweiten Weltkrieges – inkl. Luftschutzverbringungen, aber auch bedenklicher Neuerwerbungen – führen.
In dieser Zeit, genauer 1941, erfolgte dieTeilung der Sammlung in die Alte Galerie und die Neue Galerie. Letztere avancierte zur Anlaufstelle moderner und zeitgenössischer Kunst mit regem Kontakt zu lebenden Künstlerinnen und Künstlern sowie Kunstsammlern und -liebhabern.

Übersiedelung der Alten Galerie nach Schloss Eggenberg
Die Alte Galerie bewährte sich als Sammlung Alter Meister mit den drei Sammlungsschwerpunkten mittelalterliche Kunst, Kunst der Frühen Neuzeit und Kupferstichkabinett (graphische Sammlung vom 15. bis zum 18. Jahrhundert).
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und im beginnenden 21. Jahrhundert widmete sich die Alte Galerie verstärkt dem Ausstellungswesen, oft kombiniert mit wissenschaftlichen Symposien.
Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der Alten Galerie war die Übersiedelung in das Schloss Eggenberg im Westen von Graz mit der Neueröffnung im 1. Stock im Jahre 2005. Besonders bemerkenswert ist hier die nicht streng chronologisch geführte Präsentation bildender Kunst nach Themen.
Der Blick auf die Erwerbungen der Sammlungen spiegelt gesellschaftspolitische Relevanz und historische Ereignisse sehr gut wider. Zum einen fällt auf, dass im 19. Jahrhundert vorwiegend Gemälde ins Inventar kamen. Plastiken wurden vermehrt im 20. Jahrhundert erworben, zum Teil durch die Wirtschaftskrise in den 1920er- und 1930er-Jahren, zum Teil auch durch die günstigen Ankäufe während der Kriegszeit und der Jahre danach. Waren es im 19. Jahrhundert vorwiegend Schenkungen und Legate aus wohlhabenden Häusern, so erweiterte sich die Sammlung im 20. Jahrhundert vor allem durch Ankäufe, aber auch durch Übernahmen aus anderen Abteilungen wie z. B. jene der über 120 Glasgemälde von der Kunstgewerblichen Sammlung im Jahr 1988.
Seit 2005 bereichern namhafte Leihgaben die Präsentation in Schloss Eggenberg: aus der Sammlung Thyssen-Bornemisza waren bis 2018 sowohl mittelalterliche als auch neuzeitliche Objekte von europäischem Rang in der Alten Galerie zu sehen. Ab 2019 sind mehr als 20 Gemälde des niederländischen Goldenen Zeitalters aus der Kaiserschild-Stiftung, Sammlung Hans Riegel, Bonn, zusätzlich zum hauseigenen Bestand ausgestellt.

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