19/12/2017

Walter Stelzhammer
Vierzig Werkjahre

Monographie von Walter Stelzhammer mit zahlreichen Fotos, Plänen & Zeichnungen zu ausgewählten Bauten

Walter Stelzhammer
Vierzig Werkjahre
576 Seiten
zahlreiche Fotos, Pläne
& Zeichnungen
21 x 23.5 cm
Hardcover mit SU
Müry Salzmann Verlag
Salzburg, 2017
ISBN 978-3-99014-025-3

19/12/2017

Walter Stelzhammer – Vierzig Werkjahre, mit zahlreichen Fotos, Plänen & Zeichnungen

©: Müry Salzmann Verlag

Es wird nie auf den Bestsellerlisten landen, auch nicht auf jenen für Sachbücher. Und es ist nicht geeignet, als Last-Minute-Verlegenheitsgeschenk für den Gabentisch zu dienen, auch wenn es zur ebenso langsamen wie sorgsamen Lektüre zu den kommenden Feiertagen sehr gut passte. Walter Stelzhammers Erzählung Vierzig Werkjahre, das im Spätherbst 2017 im engagierten Salzburger Verlag Müry Salzmann erschienen ist, braucht Zeit und Kontemplation, um es sich einzuverleiben. Das ist nicht seinem Umfang von mehr als 550 Seiten geschuldet, sondern seiner Tiefe und Tiefgründigkeit, vor allem seinen fundamentalen Aussagen über das Wohnen und den Wohnungsbau. Die fast vier Jahrzehnte währende und bis heute andauernde Erkundung und Erforschung des Themas mündete früh in die Entwicklung von Typen, die für Stelzhammer in dem Maße wichtig wurde, in dem er erkannte, dass die Strukturen des sozialen Wohnungsbaus es unmöglich machen, das Wohnen partizipatorisch zu entwickeln und damit individuell auf seine zukünftigen Bewohner zuzuschneiden. Des Architekten Antwort auf diesen für ihn nicht befriedigenden Zustand war, wie er in seinem Vorwort schreibt, „über typologische Aspekte zu guten und allgemeingültigen Wohnformen zu finden“.
Seinen Weg – nicht nur im Wohnungsbau – legt Stelzhammer so bildhaft und schlüssig dar, dass die auch chronologische Entwicklung seiner Wohnbauten, die eigentlich als Verfeinerung durch mit den Jahren angewachsene Sicherheit und Raffinesse gesehen werden kann, für jeden ablesbar wird, der bereit ist, sich auf die einzelnen Objektbeschreibungen einzulassen,. Allein im Abschnitt zum Wohnungsneubau zeigt uns Architekt Stelzhammer, der auch alle Texte zu den einzelnen Themengebieten selbst verfasst hat, 25 Wohnhausanlagen. Die Beschreibungen sind kurz, prägnant und übersichtlich, zugleich erklären sie uns alles Wichtige über die Lage, über Vorgaben und konzeptuelle Antworten darauf. Und sie enthalten Grundrisse und Gebäudeschnitte, was in heutigen Publikationen zur Seltenheit geworden ist. Dass diese teilweise als etwas zu klein empfunden wurden, auch im Vergleich mit den Abbildungen, mag am fortgeschrittenen Alter der Rezensentin liegen. Dennoch bleibt die unaufgeregte, in Wort und Bild (als kontinuierliche Begleitung von Rupert Steiner zu sehen) klare Darstellung ein Genuss, bei dem die Zeit in ebensolchem Maße verfliegt wie die Erkenntnis steigt. Deutlich wird, dass sich Stelzhammer der Moderne verpflichtet fühlt und wie jene frühen Vertreter der ersten Moderne seine Aufgabe darin sieht, bessere Lebensbedingungen mit Wohnqualität zu schaffen.
Dennoch ist keine seiner Wohnanlagen ein Abbild einer abstrakt, sozusagen als Absolutheit und Ideologie entwickelten Typologie, sondern immer das Ergebnis konkreter urbaner und funktioneller Vorgaben, denen er sich bis heute mit großer Lust an der Entwicklung von Gebäudetypen und Gebäudeerschließungen zu widmen scheint. Der daraus entstehende „morphologische Apparat“, die architektonische Hülle selbst, stülpt sich dabei von innen nach außen. So erklärt der Autor seine Herangehensweise selbst.
Alles, was man diesem Buch abgewinnen kann, verweist in direkter Analogie auch auf den Autor und sein Wesen. Das Buch ist übersichtlich und einfach aufgebaut, in Kapitel geteilt, die mit nur kurzen Vorwörtern versehen sind, die wiederum in einfachem Sprachduktus formuliert sind. Einfamilienhäuser, Bauen im Bestand und Wohnungsneubau werden vorgestellt. Bild, Text und Pläne ergänzen einander, sind gemeinsam sich selbst erklärend und kommen ohne Interpretation durch einen großen Namen der Architekturpublizistik oder Architekturkritik aus. In ihrer Klarheit zeigen sowohl die Bauten Stelzhammers, ihre Darstellung wie auch ihr Verfasser, warum ganze Welten das Einfache vom Banalen trennen. Banal ist daran nichts, sondern präzise, fundiert und sorgfältig, auch sorgfältig editiert. Eitel ist daran gar nichts, jedoch selbstbewusst und selbstsicher. Das gilt für den Architekten Stelzhammer, der ohne Scheu von architektonischer Haltung spricht, wie für die Inhalte der nun vorliegenden Monographie, die weit mehr als Wohnungsbau zeigt. Man kann von beiden lernen und genau deshalb ist es in Zeiten des Turbokapitalismus, der sich des Wohnens schäbig bemächtigt hat, besonders empfehlenswert – ob als Weihnachtslektüre oder Nachschlagewerk, das einen guten, lange gültigen Platz im Bücherregal erhalten sollte.

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