04/11/2016

Peter Blundell Jones ist am
19. August 2016 im Alter von 67 Jahren gestorben.

Volker Gienckes Reverenz an einen Freund und Kenner der Grazer Architekturszene.

04/11/2016

Peter Blundell Jones, 2003 auf der Murinsel in Graz.

©: Redaktion GAT GrazArchitekturTäglich

Zwei Monate danach erfahre ich vom Tod von Peter Blundell Jones, am 19. August 2016.
 Was der Guardian als tragisches Ereignis von internationaler Tragweite beschreibt, erfährt in den Grazer Medien keine Beachtung. Die Grazer Architektur verliert kein Wort des Bedauerns. Dabei war es Peter Blundell Jones dem die Grazer Architektur verdankt, ein einziges Mal globale Aufmerksamkeit und Anerkennung erfahren zu haben. Seine Artikel über zeitgenössische Grazer Architektur in mehreren Ausgaben des Architekturmagazins The Architectural Review sind legendär, sein Buch Dialogues in Time ist bildhaft lebendiger Beweis für die "Hoch-Zeit“ der damaligen Architektur aus Graz.

Es war 1979 – ich hatte gerade als Stipendiat in der Akademie der Freien Künste Berlin den Nachlass von Hans Scharoun zu ordnen begonnen – als mir die Witwe Hans Scharouns, Margit von Plato, meine Absicht zerstörte, ein Buch über den Menschen und Architekten Hans Scharoun zu schreiben. Ein junger Engländer hätte das gerade getan.
 Es war Peter Blundell Jones. Sein hochformatiges, schmales Buch über Scharoun ist bis heute die literarisch beste Einführung in das Werk Hans Scharouns und die von ihm begründete Organische Architektur. Nicht das organhafte Bauen versteht Scharoun darunter, sondern eine ganzheitliche, menschenfreundliche Architektur.
 Wenig später lernten wir uns kennen. Peter Blundell Jones hatte als kaum Dreißigjähriger literarischen Ruhm in der Welt der Architektur geerntet, ich ein paar Preise gewonnen und ein großes Projekt in Arbeit. Beiden gemeinsam war uns die leidenschaftliche Begeisterung für die Architektur und die Ideenwelt Scharouns, die Verbindung von Kunst und Wissenschaft, Architektur und Landschaft. Daraus resultierte eine tiefe Freundschaft.
Blundell Jones kam nach Graz, ich glaube auf Einladung des Hauses der Architektur. Graz hatte damals mit seiner nicht-akademischen, anti-historischen, vor allem im Vergleich mit Wien wilden Architektur europaweit Aufsehen erregt. Peter Blundell Jones versuchte dem Geschehen auf die Schliche zu kommen, gab der Bewegung einen literarischen und theoretischen Hintergrund, machte sie als eigenständige Entwicklung salonfähig in der Welt der Architektur. Er schrieb Artikel und verfasste auf Einladung ein Buch über die gegenwärtige und zukünftige architektonische Entwicklung der Stadt Graz. Ein kräftiges aber letztes Aufflackern anlässlich der Kulturhauptstadt-Ambitionen der Stadt Graz 2003. Peter Blundell Jones war inzwischen Professor für Geschichte und Theorie an der University of Sheffield School of Architecture geworden. Er kaufte sich in einer wildromantischen Landschaft in der Nähe von Sheffield eine alte Mühle, Padly Mill in Grindleford, Derbyshire, und wurde sein eigener Architekt und Baumeister. Mit großem Geschick schuf er im besten Sinne Scharouns ein Kleinod als Einheit von Architektur und Landschaft. Er, der fast ausschließlich über die Arbeiten anderer Architekten schrieb, erlebte die Gunst große Architektur im Kleinen zu schaffen und war dankbar dafür.
Unser letztes Zusammentreffen im Sommer 2015, anlässlich der 15 Years Tangible Utopias meines Institutes für experimentelle Architektur,./studio3, in Innsbruck war ein Fest, nicht zuletzt dank Peter Blundell Jones. Ein Fest, das die Zukunft der Architektur feierte. Ein Abschiedsfest für einen Großen der Architektur.
La vie est sans pitié (LC).

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