20/04/2008
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Alle Fotos: Copyright Emil Gruber

„Wahre Zeichen“
Bilder einer Berlin Begehung. Teil 1

Sehenswürdigkeiten langweilen rasch. Man kennt sie alle schon, aus den Prospekten, Reiseführern, aus Film- und Fernsehaufnahmen, lange bevor man in Echtzeit vor, unter oder neben ihnen steht. Trotzdem sind sie im Regelfall der erste Anlaufpunkt für die meisten Besucher in einer Stadt. Der klassische Tourist wird in Bussen hingekarrt, der monotone Tourguide bietet dem Kamera behängten Publikum ungeduldig eine leichtfassliche Kurzbeschreibung. Als Abschluss, denn das nächste Highlight wartet ja schon, gibt es die Vereinigung von Objekt und Subjekt, also eine Aufnahme mit hab acht stehenden nervig lächelnden Gestalten, als Beweis daheim, fort gewesen zu sein.

Übrigens nicht wirklich ein fotografisches Phänomen, galten seinerzeit schon die fahrenden Handwerksgesellen, wenn sie auf Jobsuche ihre Referenzen priesen, erst als glaubwürdig, wenn sie die Wahrzeichen einer Stadt, in der sie bereits angeblich gearbeitet hatten, aufzählen konnten.

War das analoge Zeitalter schon von stetig wachsenden 10x15 Reisetrophäensammlungen geprägt, erleben wir im digitalen eine weitere Steigerung im Wettbewerb des knipsenden Ausschnittsmords. Schon lange geht es dabei nicht mehr um Wahrnehmung sondern um Selbstreferenz und Gruppendynamik.

Somit bleibt das eigentlich Besondere austauschbar, das Spezielle nebensächlich.
Nur als Label für einen Ort her halten? Jedes Wahrzeichen hat wohl mehr Qualität. Besonders seine meist vorhandene Exponiertheit liefert einen chancenreichen Ausgangspunkt, eine Stadt in ihrer ganzen Vielfalt und Gegensätzlichkeit zu zeigen - gerade in der Fotografie.

Der Fernsehturm von Berlin ist für dieses Spiel der Perspektiven perfekt geschaffen. Durch seine Höhe von über 350 Metern und der geringen Hochhausdichte von Berlin taucht dieser Betonpfahl mit Haube fast immer irgendwo in der Silhouette der Stadt auf.
1965 begonnen, 1969 fertig gestellt, galt er unter DDR Zeiten als Triumph über den Westteil mit seinem nur rund 150 Meter hohen Funkturm. Heute blicken rund eine Million Besucher jedes Jahr von seiner Aussichtsplattform in die wieder vereinigte Tiefe.

Aber, um ein wenig dem Holismus zu frönen, das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.
Architektur, Strukturen, Verkehr, das städtische Mit- und Gegeneinander, Graffitis und Interventionen, Raum und Abläufe - um dieses Symbol neu geordnet - fügen Totabgelichtetes und Ungesehenes in einem frischen Blickwinkel zusammen.
Mein Berlin halt.

Die Aufnahmen entstanden in den Jahren 2004 bis 2008 auf analogem und digitalem Material, alle Copyright Emil Gruber.

Emil Gruber lebt in Graz
Bildermacher, Schreiber, Spaziergänger
KONTAKT: katmai@aon.at

Verfasser/in:
Emil Gruber
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