02/12/2022

Viele Vereine und Institutionen, – kleine wie große – sind im existenziellen Ausmaß von kommunalen und staatlichen Förderungen abhängig. Im Jahr 2022 spitzt sich die Situation nicht nur wegen der alle betreffenden Teuerungen bezüglich Mieten, Verbrauchsmaterialien und Gehälter zu, sondern auch, da Zusagen für das Jahr 2023 Anfang Dezember immer noch nicht gemacht wurden.

02/12/2022

Es ist gleich, ob Sportverein oder Kunstverein, – jeder dieser Player prägt unser gesellschaftliches Alltagsleben auf eine individuelle Art und Weise. Für alle, die keinen Einblick in Vereinsarbeit haben, sei erklärt, dass die Programme und Aktivitäten mit teils mehrjähriger Vorausplanung verbunden sind. Das heißt, dass Kapazitäten geschaffen, Personal eingebunden, Räume reserviert sind und Kosten verursachen, lange bevor Programm stattfindet.
Viele der Institutionen und Vereine in der Steiermark stehen in diesen Tagen vor der Frage, ob sie faktisch ab Januar 2023 in finanzielle Vorleistung gehen können bzw. müssen oder ob sie Programm streichen, ihre Aktivitäten eventuell komplett auf Eis legen müssen. Planungssicherheit, die ein entscheidender Faktor der Qualitätssicherung ist, ist in der aktuellen Situation nicht gegeben. Klartext: Ohne die Mittel aus öffentlicher Hand können viele der Institutionen und Vereine kein Programm umsetzen und ihre Mitarbeiterinnen und Projektbeteiligte nicht bezahlen.

Zahlen zum Kultursektor und seiner Wertschöpfung werden regelmäßig auf www.statista.com veröffentlicht: „Der Kultursektor in Österreich erwirtschaftete im Jahr 2019 eine Bruttowertschöpfung von rund 5,98 Milliarden Euro; das entspricht einem Wertschöpfungsanteil von circa 2,64 Prozent an der Gesamtwirtschaft. Dabei waren rund 106.000 Beschäftigte in über 34.000 Unternehmen im Kultursektor tätig. Beide Kennzahlen sind zwischen 2015 und 2019 kontinuierlich gestiegen. Als wichtiger Wirtschaftsfaktor wird die Kultur in Österreich öffentlich gefördert: Im Jahr 2021 gab der Bund für Kulturangelegenheiten rund 472 Millionen Euro aus.“

Die Grazer Situation: Vergangene Woche Dienstag, den 22.11.2022, lud der Kulturstadtrat der Stadt Graz gemeinsam mit dem Kulturbeirat zu einem Kulturdialog ein. Die Stimmung war angespannt und der Unmut über die finanzielle Unsicherheit der Kulturszene wurde deutlich. Nicht nur kleinere Protagonist:innen der Szene wollten eine Lösung für die Lage, sondern auch die großen Institutionen wie das Graz Museum, das Literaturhaus und die Bühnen Graz waren vertreten.
Hatte zuvor die IG-Kultur als Interessenvertretung ein öffentliches Statement an die Presse ausgegeben, kam am Tag des Kulturdialogs eine Antwort der städtischen Regierung. Statt Teuerungsausgleich für steigende Kosten oder eine entsprechende Anhebung noch zubilligender Fördersummen verspricht sie ein „Hilfspaket“ für 2023, das vorübergehend Mehrkosten abfedern soll.

Immerhin gibt es vonseiten der Stadt Graz ein Angebot, wenn auch kein besonders nachhaltiges. Die Zusagen der Fördermittel allgemein sind allerdings immer noch nicht entschieden. Das Land Steiermark dagegen ist der IG-Kultur und den Kulturschaffenden bisher Antworten schuldig, ob die genehmigten Mittel, die im Sommer den Vereinen und Institutionen zugesagt wurden, an die Inflation angepasst werden oder ob etwaige Teuerungsausgleiche erwartbar sind.

Da gat.st selbst zu Teilen von öffentlicher Hand gefördert wird, ist es uns ein Anliegen, die aktuelle Situation in der Steiermark zu thematisieren. Auch für uns liegt das Jahr 2023, welches das 20. Jahr für www.gat.st ist und eigentlich gehörig gefeiert werden sollte, 30 Tage vor Jahreswechsel finanziell immer noch im Nebel, wenn nicht sogar im Dunkeln. Völlig unabhängig davon, ob andere Einnahme- und Finanzierungsquellen gesichert sind, heißt das momentan für uns FdH – Friss die Hälfte.

Wir veröffentlichen deshalb noch einmal das Statement „Umfassende Lösungen statt politischer Verantwortungslosigkeit“ der IG Kultur Steiermark als Link und downloadbares PDF und Auszüge aus deren wöchentlichen Newsletter zum Stand der Dinge.

Aus dem Infonewsletter der IG Kultur – mit aktuellen Neuigkeiten und Terminen aus dem Kunst- und Kulturbereich! vom 28.11.2022:

*   Budgetdebatten | Stadt Graz:
 Nachdem wir ein Statement zu Budgetunsicherheiten und den aktuellen Teuerungen abgegeben haben, hat die Grazer Stadtregierung eine Presseaussendung ausgeschickt, in der sie den Beschluss der mehrjährigen Förderverträge im Dezember versprochen hat, sowie ein außerordentliches finanzielles Hilfspaket für das Jahr 2023, das einen großen Teil der aktuellen Teuerungen für das Jahr 2023 abfedern soll. Die Richtlinien (Fördervoraussetzungen, Fördergegenstand und -höhe etc.) sind noch nicht klar. Ebenso ist es noch nicht klar, was wird in den Jahren 2024 und 2025 passieren wird. Um Stabilität in den freien Kulturbereich zu bringen, appellieren wir an die Stadtregierung, interne politische Unstimmigkeiten zu überwinden, rasch zu handeln und Klarheit zu schaffen, wie diese zusätzlichen Gelder verteilt werden.

  *   Funkstille | Land Steiermark:
 Seit 13. September haben wir den Landeshauptmann, der auch für die Kulturagenden zuständig ist, schon dreimal über die unsichere Lage von Kulturakteur:innen in der Freie Szene informiert. Wir haben ihm auch einen Bericht über die Auswirkungen der Teuerungen auf die Freie Szene und unsere Forderungen geschickt. Wir haben ein entsprechendes Kofinanzierungsprogramm zum Investitionsprogramm Klimafitte Kulturbetriebe gefordert und nachgefragt, ob und in welchem Ausmaß sich die Erhöhung des Kulturbudgets im Jahr 2023 bei der Vergabe der Förderungen widerspiegeln wird. Leider haben wir bis dato keine Antwort und keinen Termin beim LH Drexler bekommen. Diese Art von Behandlung der Freien Szene ist das Gegenteil davon, was der Landeshauptmann bei der Übernahme der Funktion betonte und bei der Kulturstrategie versprochen hat, nämlich sich alle Positionen anzuhören.

  *   Energiekostenzuschuss | Bund:
 Von 7.11. bis 28.11. ist die Voranmeldung für den Energiekostenzuschuss möglich. Relevant ist dieser jedoch nur für Vereine, die zwischen Februar und September 2022 Energie-Mehrkosten von über 6.666 Euro haben. Für jene, die mit geringeren Mehrkosten konfrontiert sind, wird noch an einem Pauschalfördermodell gearbeitet. Die wichtigsten Infos zum Energiekostenzuschuss haben wir kurz und bündig für Euch zusammengefasst.

Während für größere Betriebe die Voranmeldung zum Energiekostenzuschuss startet, tappen jene, die auf das angekündigte Pauschalfördermodell warten, weiterhin im Dunkeln. Die Unterstützung für Kleinstbetriebe und kleine (gemeinnützige) Vereine ist weiterhin unklar. Wir appellieren an Bundesminister Kocher, schnelle, effektive und unbürokratische Entlastungs-Maßnahmen zu schaffen.“

Da wir konstruktiv-sein gut finden, ergänzend die Informationen der IG-Kultur, die sich auf Förderprogramme des Bundes beziehen, die neu beschlossen wurden. Wir unterstützen hier ausdrücklich die Haltung der IG-Kultur, dass Gemeinden und Land nachziehen sollten, wir als Kulturschaffende mit Informationen diesbezüglich Gemeinden unterstützen sollten und können.

* Kommunales Investitionsprogramm 2023| BMF: Die Bundesregierung hat die Umsetzung eines kommunalen Investitionsprogramms 2023 beschlossen. Dabei sollen Investitionen der Gemeinden in den Bereichen Energieeffizienz und Umstieg auf erneuerbare Energieträger sowie Maßnahmen zur Deckung gestiegener Energiepreise von Organisationen, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke im Sinne der BAO verfolgen, unterstützt werden. Insgesamt stehen den Gemeinden im Rahmen des KIG 2023 1.000 Millionen Euro für Projekte, die von 1. Jänner 2023 bis 30. Juni 2025 begonnen werden, zur Verfügung. Laut Gesetzesentwurf dürfen die Gemeinden aus dem neuen Investitionsprogramm bis zu 5% für die Förderung von Vereinen und gemeinnützigen Organisationen verwenden, damit diese die gestiegenen Energiekosten begleichen können. Das endgültige Gesetz und die Richtlinien sind noch abzuwarten.
Die Stadt Graz hat sich entschieden, diese Möglichkeit zu nutzen und hat ein Hilfspaket für „kleine Vereine und Initiativen im Kultur-, Sport- und Sozialbereich“ angekündigt. Wir empfehlen allen Mitgliedern außerhalb von Graz bei euren Kommunen nachzufragen, ob die Gemeinde plant ein Hilfspaket zu erstellen und mit Verweis auf Graz oder Linz Druck in diese Richtung zu machen. Wir werden bis Ende der Woche auch die Aufforderung, den gemeinnützigen Kulturvereinen zu helfen, an die Gemeinden und Bürgermeister:innen ausschicken.

* 9 Millionen für Fair Pay 2023 | BMKÖS: Der Bund wird im Jahr 2023 neun Millionen Euro für „Fair Pay“-Zuschüsse zur Verfügung stellen. Die IG Kultur Österreich begrüßt diesen Schritt ausdrücklich. Nun ist es vor allem an den Bundesländern und Städten/Gemeinden mitzuziehen, um die weiterhin bestehenden Finanzierungslücken zu schließen. Nur eine faire Förderpraxis aller Gebietskörperschaften führt zu fairer Bezahlung von Kulturarbeit."

Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+