12/11/2013

planlos2013.at ist eine Initiative der IG Architektur. Erstmals wurde dieser Preis im Jahr 2011 im Rahmen des zehnjährigen Jubiläums der IG Architektur vergeben.

Die IG Architektur bemüht sich seit ihrer Gründung im Jahr 2001 in ihrer Tätigkeit um die Verbesserung von Qualitätsverfahren bei Planung und Auslobung. Besonders sichtbar wird die Verfolgung dieses Ziels alle zwei Jahre mit der Ausrichtung des planlos Awards. Die Nominierungen für den Award kommen von Baukultur-Interessierten, BeobachterInnen und Betroffenen. Die Entscheidung über die Vergabe des planlos2013 Awards fällte eine unabhängige Jury bestehend aus Wolfgang Feyferlik, Martin Putschögl, Reinhard Seiss und Susanne Veit.

12/11/2013

Matthias Finkentey übergibt den 'planlos 2013' Award an DDr. Elisabeth Stampfl-Blaha, Direktorin des 'Austrian Standard', dem österreichischen Kompetenzzentrum für Normen und Standards, mit Sitz in Wien

©: Fabian Gasperl

Hunderte ArchitektInnen, EntscheidungsträgerInnen aus Bauwirtschaft und Politik sowie Freunde beim Fest der IG Architektur im Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste Wien.

©: Fabian Gasperl

Die IG Architektur vergab am 11. November 2013 den Preis für die inkompetenteste Entscheidung der österreichischen Baukultur an einen „Geheimgesetzgeber“ und startete ihren Solidaritätsfonds.

Hunderte ArchitektInnen, EntscheidungsträgerInnen aus Bauwirtschaft und Politik sowie Freunde kamen am 11. November 2013 zum Fest der IG Architektur ins Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste Wien (Semper-Depot), wo es mehrfachen Grund zum Feiern gab. Zum zweiten Mal wurde der „planlos“-Award der IG Architektur vergeben. Die „Auszeichnung“ für die inkompetenteste Entscheidung der österreichischen Baukultur ging diesmal nicht an ein Bauprojekt, sondern an eine Institution, die nach Ansicht der Jury wie ein Geheimgesetzgeber wirkt: Das Österreichische Normungsinstitut. Zudem wurde der Solidaritätsfonds der IG Architektur gestartet, der Architekturschaffenden rechtlichen Beistand leisten wird, wenn sie aufgrund undurchsichtiger Vergabe-Entscheidungen in die Bredouille geraten.

„planlos 2013“ für das Österreichische Normungsinstitut

Die unabhängige Jury vergab den „planlos 2013“ Award (einen acht Kilo schweren Betonblock) an das Österreichische Normungsinstitut, weil dieser Verein immer mehr zu einem Geheimgesetzgeber wird, der die Arbeit der Bauschaffenden durch eine Unzahl ständig novellierter Normen behindert (aus der ersten Norm im Jahr 1921 sind inzwischen 24.667 Normen geworden) und der sich sein Wirken obendrein teuer bezahlen lässt.

Laudator Matthias Öhler nannte als Beispiel die ÖNORM B 1600 über barrierefreies Bauen: „Im Webshop des Österreichischen Normungsinstituts sind 14 Fassungen dieser Norm zu verkaufen: allein seit dem Jahr 2010 wurde diese ÖNORM vier Mal novelliert. Wer alle diese Fassungen gekauft hat, musste mehr als 600 EUR im Webshop des Normungsinstituts lassen. Dazu kommt: die ÖNORM B 1600 ist nicht bloss eine Norm. Sie ist über die OIB-Richtlinien für verbindlich erklärt und hat die Kraft einer Verordnung.

Während Verordnungen kostenlos im Internet zu beziehen sind, entscheidet das Normungsinstitut, wer die ÖNORM B 1600 zu welchem Preis kaufen darf. Die ÖNORM ist also eigentlich Geheimrecht: Mann muss sie einhalten, um eine Baubewilligung zu bekommen, man bekommt sie aber nur, wenn man das Normungsinstitut bezahlt. Mit Rechtsstaat hat das nichts zu tun.“

Weitere „planlos 2013“-Preise

Das Österreichische Normungsinstitut war nicht der einzige Preisträger beim „planlos 2013“-Fest am 11. 11., dem ersten Tag des Faschings. Der 2. Preis ging unter dem Motto „ganzjährig Granteln im Gartl“ an die „Verantwortlichen EntscheidungsträgerInnen der Wiener Stadtregierung seit 1992“. Mit Novellierungen des Wiener Kleingartengesetzes wurde die Möglichkeit geschaffen, Parzellen zu kaufen und darauf dauerhafte Wohnhäuser zu errichten. Laudator Reinhard Seiss: „Die Verantwortlichen der Stadtplanung Wien haben so in den letzten 20 Jahren eine nicht zusammenhängende Stadt von der Einwohnerzahl von St. Pölten ermöglicht – entgegen aller Grundsätzen einer verantwortlichen Stadtplanung.“

Es gab auch einen 3. Preis (für den Neubau eines Medienzentrums der Universität für Musik und Darstellende Kunst: Der Wettbewerbs-Sieger wurde nicht beauftragt).

Über den Sonderpreis, den „schamlos 2013“, durfte sich der ORF freuen (oder auch nicht): „Der ORF vertritt beharrlich die Auffassung, kein öffentlicher Auftraggeber zu sein – trotz gegenteiliger Entscheidungen des Bundesvergabeamts, die ihn klar dazu verpflichten, bei Ausschreibungen – ganz aktuell jener zur Generalplanung der Sanierung des ORF-Zentrums am Küniglberg – das für öffentliche Institutionen geltende Vergaberecht einzuhalten.“

Der Solidaritätsfonds

Während die „planlos“-Awards auf Missstände im Bau- und Architekturbereich hinweisen, soll der neu geschaffene Solidaritätsfonds der IG Architektur ein praktisches Tool dafür sein, Missstände zu beseitigen. Architekten sitzen oft professionellen Rechtsabteilungen gegenüber, die die Interessen der Auftraggeber kompromisslos durchsetzen. Oft lassen diese es auf eine Klage ankommen, da den Architekten die Ressourcen fehlen, gegen große Institutionen zu prozessieren. Der Solidaritätsfonds soll nun dazu dienen, den Kreativen in diesem ungleichen Kampf zu helfen. Damit möchte die IG Architektur ihre Mitglieder in den Stand versetzen, auch größeren AuftraggeberInnen selbstbewusst gegenübertreten zu können.

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