04/12/2019

Offener Brief der ArchitektInnenschaft vom 3. Dezember 2019 bezüglich Neuausschreibung MCI – Management Center Innsbruck

04/12/2019

Sehr geehrte PolitikerInnen, sehr geehrte PressevertreterInnen, liebe Mitglieder des aut, liebe Architekturinteressierte!

In der Causa "Neubau MCI Innsbruck" konnte man aus den Medien erfahren, dass das Land Tirol als Bauherr vor Kurzem die Projektkosten für die Neuausschreibung mit Euro 130 Mio genehmigt hat. Worüber nicht berichtet wird ist, dass das aktuell fixierte Raumprogramm, im Gegensatz zu den 16.500 m2 Netto-Nutzfläche des gestoppten Projekts, auf 15.000 m2 Netto-Nutzfläche reduziert, dh. um mehr als 10% gesenkt wurde. Das bedeutet aber, dass die Kosten für das "neue" Projekt nicht reduziert werden, sondern letztendlich höher sind, als die des mit dem Nutzer abgestimmten und in einem zwei-stufigen internationalen Architektenwettbewerb ermittelten Siegerprojekts, da diese im Sommer 2017 mit Euro 115 Mio berechnet wurden.
Bei der Neuausschreibung sind die zusätzlich anfallenden Kosten durch die Realisierungsverzögerung in der Höhe von ca. Euro 10 Mio darüber hinaus noch nicht eingerechnet, die sich einerseits durch die bereits angefallenen Projektkosten in der Höhe von ca. Euro 5 Mio und andererseits aus den bis zur Fertigstellung des neuen Gebäudes vom MCI zu bezahlenden Kosten für die angemieteten Räumlichkeiten in der Höhe von ca. Euro 2,5 Mio pro Jahr zusammensetzen. Auch nicht eingerechnet sind die kolportierten Kosten für das Dialogverfahren, die mit Euro 8 Mio angegeben werden und damit das neue Projekt auf Euro 140 Mio verteuern werden.
Abgesehen davon werden bei dem mit 15.000 m2 Netto-Nutzfläche neu ausgeschriebenen Projekt in Zukunft die Flächen des bestehenden MCI-Gebäudes im SOWI Campus weiterhin genutzt werden müssen, da der Bedarf an Nutzfläche im neuen Projekt wahrscheinlich nicht ausreichen wird, was unserer Meinung nach weder betrieblich noch ökonomisch sinnvoll erscheint.
Es entsteht für uns eine eigenartige Optik, wenn der Bevölkerung erklärt wird, dass der vom Land Tirol verordnete Projektstopp eine Kostenexplosion verhindert hätte, aber das neue Projekt kleiner und damit auch teurer wird. Darüber hinaus ist es für uns befremdend, dass jetzt ein Dialog-Verfahren einem international ausgelobten Architektenwettbewerb vorgezogen wird, obwohl dieses Verfahren, unserer Meinung nach, keine architektonischen, städtebaulichen wie auch sozialräumlichen Qualitäten gewährleistet. Begründet wird die Wahl dieses aus unserer Sicht für Bauvorhaben ungeeigneten Verfahrens mit dem Argument der Kostensicherheit, die in Wirklichkeit aber letztlich durch einen wesentlich höheren Kostenrahmen erkauft wird.

Das Land Tirol und die Stadt Innsbruck haben in den letzten Jahren das Thema der öffentlichen Baukultur engagiert betrieben und damit sowohl national wie vor allem auch international viel Anerkennung erhalten. Dieses Engagement entspricht auch dem 2017 von der Bundesregierung beschlossenem Baukulturreport, der qualitative Leitlinien für das öffentliche Bauen definiert und an dem auch das Land Tirol mitgearbeitet hat. Wir weisen darauf hin, dass das derzeit ausgeschriebene Dialog-Verfahren unserer Meinung nach weder der kulturellen Verantwortung des Landes noch den Leitlinien des Baukulturreports entspricht. Denn das aufwändige Dialog-Verfahren wurde für komplexe Projekte entwickelt (z.B. Softwarelösungen), bei denen die auszuschreibende Leistung nicht genau definiert werden kann, was auf die Planung einer Hochschule nicht zutrifft.

Und eines sei noch angemerkt: Nach Einrechnung aller bisher angefallenen Vorlaufkosten und bei entsprechender Baupreisindexierung ist das MCI-Projekt aus dem Jahr 2017 – damals auf Euro 115 Mio kalkuliert – mit dem derzeit kolportierten Budget für das neue Projekt von Euro 130 Mio realisierbar und auch die Inbetriebnahme wäre bis 2023 gegeben.

Für die Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen
Daniel Fügenschuh - Vizepräsident und Bundessektionsvorsitzender

Für die Kammer der ZiviltechnikerInnen für Tirol und Vorarlberg
Hanno Vogl-Fernheim - Präsident
Christian Höller - Sektionsvorsitzender ArchitektInnen

Für das aut. architektur und tirol
Martin Scharfetter - Obmann
Arno Ritter - Leiter

Für ./studio3 institut für experimentelle architektur
der Universität Innsbruck
Kathrin Aste - Institutsleiterin

Für die Zentralvereinigung der Architekten Österreichs, Tirol
Radek Hála - Präsident
Rainer Noldin - Vizepräsident

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