03/03/2021

MINUS – in Graz-Reininghaus

Außenanlagen im Quartier 7

Ein Müllsammelplatz als "Visitenkarte" zur Wetzelsdorfer Straße und ein ungestalteter Stadtplatz schaden dem ambitionierten Architekturprojekt. Ursprünglich geplante Qualitäten wie integrierte Müllräume und ein sorgfältig gestalteter Quartiersplatz wurden Opfer der Herstellungskosten.

.

Kommentar von 
Elisabeth Kabelis-Lechner 

.

03/03/2021

Graz-Reininghaus, Quartier 7, Müllplatz an der Wetzelsdorferstraße

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Wohnungen mit Blick auf die Müllcontainer

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Stadtplatz

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Stadtplatz

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Das Quartier 7 ist das erste fertiggestellte und bereits bezogene Quartier im neuen Stadtteil Graz-Reininghaus. balloon Architekten haben den Architekturwettbewerb gewonnen – unter anderem auch wegen der Qualität der Freiräume. Im Rahmenplan für Reininghaus wurde auf die Errichtung von Quartierparks und Quartierplätzen gesetzt. Diese waren auch für das gegenständliche Grundstück der Wohnbaugruppe ENNSTAL ein Aufschließungserfordernis.

Im nachgefolgten Qualitätssicherungsinstrument Bebauungsplan wurde explizit darauf verwiesen (siehe Zitat unten), dass die Qualität der Freiräume ein wesentliches Kriterium für die Juryentscheidung war.  

Zitat aus dem 15.07.0 Bebauungsplan „WETZELSDORFER STRASSE – REININGHAUS QUARTIER 7“, Erläuterungsbericht Seite 29, Punkt 6. Inhalt des Bebauungsplanes: FREI- und GRÜNRAUMGESTALTUNG (siehe dazu § 9 der VO):
"Nicht bebaute Flächen sind in Abstimmung mit der Gestaltung der angrenzenden Freiflächen als nutzbare Räume – vorzugsweise in Zusammenarbeit mit einer/m FreiraumplanerIn – zu gestalten. In diesem Fall hat dies eine besondere Bedeutung, da die Gestaltung der Freiräume im Wettbewerbsverfahren ein wesentliches Kriterium der bemerkenswerten Qualität dargestellt hat und diese Inhalte nicht in der Detailliertheit in der Verordnung Platz finden können. (….) Die Vorlage des Außenanlagenplanes im Bauverfahren (§41 Abs.2 Zif.8 StROG 2010 detaillierte Festlegungen der Grün- und Freiflächen) sichert die Nachvollziehbarkeit der Inhalte der Freiflächengestaltung um die im Wettbewerbsverfahren erreichte Freiflächenqualität bestmöglich zu sichern."

Der Bebauungsplan enthält leider keine Festlegungen für Müllsammelstellen. Im Wettbewerbsprojekt hat das Architekturbüro balloon diese als geschlossene Räume im Erdgeschoß der Wohnhäuser vorgesehen. In der Realisierungsphase entschieden sich balloon Archiekten und die Wohnbaugruppe ENNSTAL gemeinsam für zwei offene große Sammelplätze. Ein Grund u.a. war, dass integrierte Müllräume zur Bebauungsdichte zählen! Welch ein Qualitätsverlust! Offene Müllsammelstellen entlang einer Hauptstraße sind nicht nur hässlich sondern sind willkommene Orte für illegale Sperrmüllablagerung und beliebte Futterstellen für Krähen.

Laut Architekt Andreas Gratl von balloon, wurden die Außenanlagen von einem sehr engagierten Landschaftsplaner geplant und auch wie geplant ausgeschrieben. Schlussendlich fiel die Gestaltung des Stadtplatzes jedoch der „Kostenfrage“ zum Opfer. Dies bestätigt auch der Bauträger. „Es werden während des Bauprozesses laufend die Kosten festgestellt und die Außenanlagen kommen halt zum Schluss, da reicht meist das Budget nicht mehr. Man muss den Kostenrahmen des geförderten Wohnbaus einhalten und Holzbau ist auch um 8-10 % teurer als herkömmlicher Wohnbau“.

Stellt sich die Frage, wozu all die Mühe seitens Stadtbaudirektion und beauftragter PlanerInnen? Qualitätsvoll gestaltete Stadtplätze sind offensichtlich nicht im Rahmen der Wohnbauförderung finanzierbar. Qualitätssichernde Instrumente wie Rahmenplan, Architekturwettbewerb, Bebauungsplan, städtebauliche Verträge der Stadt mit dem Bauträger und der geforderte Außenanlagenplan im baubehördlichen Verfahren haben in diesem Fall nicht zum gewünschten Ziel geführt. Diesem Problem sollte man sich ehrlich stellen und nach Alternativen suchen.

Man kann nur hoffen, dass in Graz-Reininghaus nicht auch noch weitere Außenanlagenentwürfe dem Sparstift der Investoren zum Opfer fallen.

wolfgang feyferlik

wieder einmal ein beweis, schönes helles buntes rendering im wb, eine jury ist beeindruckt und es folgt die graue ästhetik. teils von den planern selbst entschieden und die kosten müssen halt immer als ausrede herhalten.

Mi. 03/03/2021 2:24 Permalink
Anonymous

Antwort auf von Armin Haghirian

lieber armin ! wenn das bi.d so eklatant die umsetzung lügen straft dann ist es kein armes rendering, sondern ein echter fake. man könnte auch sagen vorgaukeln falscher tatsachen etc. etc. umgekehrt wärs mir lieber, hübsches oder nicht hübsches rendering, aber immer eine umsetzung die staunen macht und keine ausflüchte ins geld bemüht.

Fr. 02/04/2021 1:19 Permalink
Tschavgova

Zum 1.) Kosten werden üblicherweise VOR Baubeginn ermittelt durch Ausschreibung und Anbotseinholung. Nach der Vergabe sind sie verbindlich, außer es wurde die Ausschreibung schlampig oder falsch gemacht (siehe Gemeindezentrum Söding mit 50 Kilo Beton anstatt 50 Tonnen, Kl.Zeitung 3.03.2021) und es fallen daher unvorhergesehene Mehrkosten an. Kosten der Freiraumgestaltung müssten also von Anfang an, nach der Vergabe, in den Gesamtkosten enthalten sein. Was soll das Gerede/Geschreibsel von "Außengestaltung kommt halt zum Schluss dran"? Ist die Ennstaler eine so schlechte Kalkulantin? Wer macht die Ausschreibung?
Außerdem 2.) Holzbau kostet vielleicht mehr, das mag stimmen, aber es gibt dafür in der Förderung Geschoßbau auch Ökobonuspunkte und ein Plus an Fördermitteln. Die gibt es für diverse ökolögisch nachhaltige Maßnahmen, auch für geringe Bodenversiegelung, für Regenwassernutzung und sogar für gemeinschaftsfördernde und Hygienemaßnahmen. Die offenen Müllplätze sind sicher nicht hygienisch, abgesehen vom täglichen Anblick.
Zuletzt: warum und wie ist es im geförderten Sozialwohnungsbau Hummelkaserne (Reininghaus Süd) - Geschoßwohnbau in Holz - Architekt Simon Speigner gelungen, sowohl ein ordentliches kleines "Müllhaus" zu planen wie auch die gesamten Außenanlagen qualitätvoll zu gestalten und zu begrünen? Sogar einen Gemeinschaftsraum mit Terrasse gibt es dort.

Mi. 03/03/2021 10:12 Permalink
Tschavgova

Zum 1.) Kosten werden üblicherweise VOR Baubeginn ermittelt durch Ausschreibung und Anbotseinholung. Nach der Vergabe sind sie verbindlich, außer es wurde die Ausschreibung schlampig oder falsch gemacht (siehe Gemeindezentrum Söding mit 50 Kilo Beton anstatt 50 Tonnen, Kl.Zeitung 3.03.2021) und es fallen daher unvorhergesehene Mehrkosten an. Kosten der Freiraumgestaltung müssten also von Anfang an, nach der Vergabe, in den Gesamtkosten enthalten sein. Was soll das Gerede/Geschreibsel von "Außengestaltung kommt halt zum Schluss dran"? Ist die Ennstaler eine so schlechte Kalkulantin? Wer macht die Ausschreibung?
Außerdem 2.) Holzbau kostet vielleicht mehr, das mag stimmen, aber es gibt dafür in der Förderung Geschoßbau auch Ökobonuspunkte und ein Plus an Fördermitteln. Die gibt es für diverse ökolögisch nachhaltige Maßnahmen, auch für geringe Bodenversiegelung, für Regenwassernutzung und sogar für gemeinschaftsfördernde und Hygienemaßnahmen. Die offenen Müllplätze sind sicher nicht hygienisch, abgesehen vom täglichen Anblick.
Zuletzt: warum und wie ist es im geförderten Sozialwohnungsbau Hummelkaserne (Reininghaus Süd) - Geschoßwohnbau in Holz - Architekt Simon Speigner gelungen, sowohl ein ordentliches kleines "Müllhaus" zu planen wie auch die gesamten Außenanlagen qualitätvoll zu gestalten und zu begrünen? Sogar einen Gemeinschaftsraum mit Terrasse gibt es dort.

Mi. 03/03/2021 10:11 Permalink
DI Dominik Weißenegger

Echt jetzt?
Wenn man nur will findet man das sprichwörtliche Haar wohl in jeder Suppe. Man könnte ja auch einen Artikel schreiben und einmal damit beginnen was dort alles sehr gut funktioniert.
- Oder mit einer Bewohnerin oder einem Bewohner sprechen und herausfinden ob der Stadtplatz beispielsweise wirklich so daneben ist.
- Oder darüber schreiben wie die wohlproportionierten Höfe einen sanften Übergang zwischen dem öffentlichen Raum und den privaten Gärten schaffen.
- Oder wie großzügig die Balkone sind und wie diese von den Menschen dort angenommen werden.
- Man könnte auch schreiben dass sich die Gestaltung angenehm zurück nimmt und die Architektur dort den Menschen ihre Bühne bietet.
Aber ich verstehe schon dass die Methodik der tristen verzerrten Fotografie besser funktioniert und einfacher zu bewerkstelligen ist. Ein Müllplatz und ein leerer Stadtplatz sind ja auch super Boulevardthemen. Bravo!
Seltsam, ich sehe dort bei schönem Wetter eigentlich immer Menschen sitzen die sich ihren Platz aneignen. Von den spielenden und umhertollenden Kindern gar nicht zu sprechen.
Es stimmt schon, die Müllplätze sind noch nicht sehr großartig. Aber die Hecken werden schon noch höher und ein stinkender Müllraum ist zumeist auch nicht erwünscht.
Es ist immer wieder interessant wie kleine Probleme herausgenommen und aufgebauscht werden und dabei komplett auf das Gesamtkonzept und die Makroebene vergessen wird.
Dieser Artikel ist ein Schlag ins Gesicht für ein engagiertes Architekturbüro und einen engagierten Bauträger.
Vielen Dank und weiter so!

Di. 09/03/2021 10:53 Permalink
alter Langzeit-Beobachter

Antwort auf von DI Dominik Weißenegger

Ihre Kritik lässt auch nicht gerade Objektivität vermuten. Worin sehen Sie i n den Abbildungen "die Methodik der tristen verzerrten Fotografie"? ich sehe ganz normale Bilder, die, an der Bebauung entlanggehend, an einem Tag wie heute, grau und ohne Sonne, aufgenommen sein könnten, ohne Verzerrung. Sie gehen offensichtlich nicht mehr zu Fuß am Straßenrand, ich schon.
Es ist auch typisch für die Provinzialität hier, dass nie inhaltlich am Punkt diskutiert werden kann. Frau Lechner hat nicht den Wohnungsbau kritisiert in diesem Format, das kurz und bündig ein Minus oder ein Plus vergibt für Dinge, auch kleine, die in der Stadt- oder Dorfentwicklung halt nicht so optimal laufen. Sie hat die Kritik, so, wie ich sie verstanden habe, auch gar nicht an den Wohnungsbau oder die gesamte Arbeit des Architekturbüros adressiert, sondern ganz konkret zu 2 Punkten, von denen ein Punkt sogar erklärend, entschuldigend? vom Bauträger beantwortet wurde mit dem am Ende fehlenden Geld. Also, was soll ihre verzerrende Kritik an der punktgenauen Kritik. Und was soll das ironische "Vielen Dank und weiter so!" Soll das eine Einschüchterung für Frau Lechner sein, ihre immer genau beobachteten kritischen Anmerkungen zu Fehlentwicklungen in Stadt und Land sein zu lassen?
Das würde mir nicht gefallen. Nur weiter so, Frau Lechner, denn es geht um eine gedeihliche Entwicklung unserer Stadt.

Di. 09/03/2021 2:43 Permalink
DI Dominik Weißenegger

Antwort auf von alter Langzeit-Beobachter

Ich gebe Ihnen recht dass meine letzter Satz missverstanden werden kann und ich da ein wenig über das Ziel hinaus geschossen bin und emotional geworden bin. Ich will selbstverständlich niemanden einschüchtern (Ich schreibe ja auch unter meinem Klarnamen) und möchte mich dafür auch entschuldigen.
Kritik ist natürlich immer angebracht und notwendig.
Ich würde mir aber auch wünschen wenn bei allen Problemen auch die positiven Seiten dieses Projektes gezeigt werden.

Di. 09/03/2021 3:07 Permalink
DI Dominik Weißenegger

Antwort auf von DI Dominik Weißenegger

P.S.
Ihr Bild mit dem gar nicht reißerischen Titel "Wohnungen mit Blick auf Müllplatz" müsste eigentlich "Geschlossener Laubengang mit Blick auf Müllplatz an der lärmexponierten Wetzeldorfer Straße" heißen.
Die Wohnungen in diesem Bauteil sind nämlich auf die schallabgewandte und sonnige Seite orientiert.

Di. 09/03/2021 12:20 Permalink
Anonymous

Weißbuch ist zu erstellen:
Punktesystem für die Planungsgerechte bauliche Umsetzung.
Genossenschaften, die projektiere Konzepte nicht in der
Gesamtheit umsetzen, erhalten keine Fördermittel mehr !
Es gibt Lösungen wenn der politische Wille da ist !
So bleibt dieses Thema aber ScienceFiction.

Di. 09/03/2021 9:57 Permalink
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+