16/03/2015

Diplomarbeit von Johannes Schick, 2013, im Rahmen des Architekturstudiums an der TU Graz.

Die Arbeit wurde von Univ. Prof. Arch. DI Andreas Lichtblau betreut und ist in der Bibliothek der TU Graz einsehbar sowie auf der Seite des Wohnbauinstituts downloadbar (s. Link i_w TU Graz)

Thema: eine vertikale Stadtstruktur als Grundlage für ein nachbarschaftliches Miteinander.

Die GAT-Reihe young planning präsentiert Entwürfe, die im Rahmen von Diplomarbeiten an österreichischen Technischen Universitäten und Fachhochschulen entstanden sind. Die Arbeiten werden auf Empfehlung von ProfessorInnen und StudiengangsleiterInnen ausgewählt.

16/03/2015

Linked Diverse Neighbourhood – Rethinking a Housing Block in Central London

©: Johannes Schick

Analyse von Projekten für eine menschengerechtere Stadt aus den 1960er Jahren

©: Johannes Schick

The New Neighbourhood

©: Johannes Schick

Linked Diverse Neighbourhood

©: Johannes Schick

Beispielwohnung M3

©: Johannes Schick

Zirkulation als Grundprinzip

©: Johannes Schick

Perspektiven

©: Johannes Schick

Linked Diverse Neighbourhood – Rethinking a Housing Block in Central London

©: Johannes Schick

London ist eine vielfältige Metropole geprägt von Lebhaftigkeit und Veränderung. Über zwei Jahrtausende wurde seine Entwicklung vor Allem durch seine Infrastruktur und Handelsnetzwerke gelenkt. Getrieben von der Wirtschaft und stark von Privatbesitz abhängig, war der Staat kaum in der Lage, Einfluss auf die städtische und soziale Entwicklung Londons auszuüben.

Schon bald nach der Gründung durch die Römer wurde Londinum zu einem der wichtigsten Handelshäfen der Welt. Mit der industriellen Revolution kam die Eisenbahn als infrastrukturelles Element hinzu. An diesem zeigt sich der Liberalismus der die Stadt bis heute maßgeblich prägt ganz besonders. Dutzende kleine Bahnunternehmen planten unabhängig voneinander Verbindungen aus ganz England um Rohstoffe für die Industrie möglichst nahe an den damaligen Stadtkern heran zu befördern. Sie bilden die Grundlage für das wirre, ungeplant erscheinende Schienen- und U-Bahnnetz der Metropole. Vergleichbare Tendenzen sind im Wohnungs- und Städtebau zu beobachten.

London ist ein Konstrukt aus der Überlagerung verschiedenster, ineinander verwobenen Schichten und Entwicklungen. Allesamt bilden sie dieses individuelle, organisierte Chaos.

Nach einer kurzen Ära staatlicher Eingriffe in der Nachkriegszeit, nötig geworden durch drastische soziale und hygienische Defizite, ist Londons Wohnungsmarkt heute wieder vordergründig in privater Hand.

Die 1950er und 60er Jahre waren eine sehr spannende und anspruchsvolle Zeit für die Architektur Londons. Der Londoner Wohnungsmarkt ist durch die Thatcher-Ära nach Ur-Londoner Prinzip fast vollständig liberalisiert. Entgegengesetzt zu dem daraus folgenden, heutigen Spekulationswohnbau gab es speziell in den 60er Jahren bereits viele Überlegungen dazu, wie man die Stadt menschengerechter machen kann. Gerade in London entstanden während dieser Zeit einige wegweisende Projekte, die den Menschen und seinen Bezug zum Gebäude wieder in den Vordergrund stellten.

Die Entwicklungen im Wohnungsbau jener Zeit bilden den Schwerpunkt der Diplomarbeit. Um jene sozialen Aspekte wieder hervorzuheben, wurden sechs dieser Projekte (Robin Hood Gardens, Golden Lane Estate, Barbican Estate, Alexandra & Ainsworth Estate, Lillington Gardens und Brunswick Centre) näher analysiert, um funktionale und soziale Rückschlüsse daraus in einen neuen, zeitgenössischen Entwurf zu integrieren.

Das Linked Diverse Neighbourhood besteht aus drei Hauptelementen: Das Sockelgebäude mit direktem U-Bahnzugang als integraler Bestandteil des Entwurfs bildet den städtebaulichen Rahmen. Ein simpler, stereotypischer Büroturm mit geteilten Arbeitsplätzen zieht neue Menschen von außerhalb an und vernetzt sie mit Bewohnern innerhalb des Gebäudes. Der Wohnturm mit hauptsächlich leistbarem Wohnungsbau bildet das Herzstück und Gesicht des Komplexes. Der Fokus der Ausarbeitung des Entwurfs liegt auf diesem Teil des Gebäudes.

Das Projekt zielt darauf ab, den monolithischen Block in der Stadt in Frage zu stellen indem er in kleinere Teile zerlegt wird, die mehr dem menschlichen Maßstab entsprechen und somit die Vielfalt seiner Bewohner besser widerspiegeln.
Durch das erkenntlich machen der einzelnen Wohnungen in einer Fassade, die Londons allgegenwärtige Terraced Houses interpretiert, entsteht ähnlich der Beispielprojekte ein Gebäude mit dem sich die Bewohner direkt identifizieren können.
Somit begründet sich in Verbindung mit dem terrassierten Platzbereich und dem damit verbundenen Wohn-Arbeitsturm eine vertikale Stadtstruktur als Grundlage für ein nachbarschaftliches Miteinander.

Die Erfolge und Misserfolge der im Laufe der Arbeit erforschten Meilensteine Britischer Wohnungsarchitektur werden in einen Entwurf für einen neuen Wohnturm im Zentrum von London eingearbeitet. Am Rande Sohos, über der neuen Crossrail-U-Bahnstation, schafft die Intervention eine Verbindung zwischen Öffentlichkeit und Privatraum, Wohnen und Arbeiten, Straße und Platz und zwischen dem städtischen Blocks und dem Turm. Mit seiner Durchmischung von Gesellschaft, Wohnen, Arbeiten und Konsum – eines Melting Pots angelehnt an bestimmte Ideen der 60er Jahre – besinnt sich das Projekt vor allem auf informelle Strukturen und den menschlichen Maßstab.

Gleichzeitig ist ein wichtiger Ansporn der Arbeit, einen Gegenentwurf zu den großen peripheren Reihenhaussiedlungen aufzustellen und mehr leistbaren Wohnraum im Stadtzentrum zu schaffen.

Durch seine Komplexität, Form und die Interaktionsmöglichkeit durch den Nutzer, entsteht ein neuer, wichtiger Teil eines vielfältigen Stadtviertels, das durch seine Ideen und sein Erscheinungsbild jene Stadt widerspiegelt, in der er selbst steht.

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