03/04/2023

Das Rösselmühl Komitee fordert seit dem Brand am Samstag öffentlich die Stadt Graz auf, unverzüglich aktiv zu werden. Mit entsprechendem politischem Willen sollte Stadtentwicklung am Beispiel „Leuchtturmprojekt Rösselmühle" als Prozess für die Bedürfnisse und das Gemeinwohl der Bewohner*innen gefördert werden.

03/04/2023
©: Redaktion GAT

Das Rösselmühl Komitee, eine Gruppe von Nachbar*innen und Expert*innen wie Stadtsoziolog*innen, Anthropolog*innen, Historiker*innen, Architekt*innen und Stadtplaner*innen, denen die teilweise Erhaltung und Transformation der Rösselmühle als älteste Grazer Mühle und markantes städtebauliches Denkmal ein Anliegen ist, wendet sich mit deutlichen Worten an Eigentümerin, Stadt und Öffentlichkeit.

„Im Gegensatz zu den kürzlich kolportierten Absichten der Projektentwicklungsgesellschaft RöMü am Areal der Mühle ein neues Wohnviertel zu errichten“, so das Komitee, „meinen wir, dass der Bezirk Gries, der in den letzten Jahren außerordentlich stark durch Wohnungsbau verdichtet wurde, keinen weiteren, durch Investoren initiierten, reinen Wohnbau braucht.“

Die Gruppe stellt die Einzigartigkeit und den Stellenwert des Industriekomplexes deutlich heraus. Zwischen zwei Parkanlagen am Mühlgang gelegen, könnte es aufgrund seiner historischen und städtebaulichen Bedeutung von einem geschlossenen Industrieareal zu einem lebendigen Stadtteilzentrum werden.

Gemeinsam stellte man Ende 2022 der Stadt Graz ein Nutzungskonzept und Ideen zur alternativen Entwicklung vor. Wichtigste Forderung schon damals: keine Tabula rasa! Sondern – nachhaltig den Erfordernissen der Klimakrise entsprechend – eine Entwicklung des Areals unter Wertschätzung des Bestehenden und seiner Charakteristik. „Wir sind um Verständnis und Unterstützung für einen qualitätsvollen Entwicklungsprozess vorstellig geworden, der nicht nur für Investoren von Nutzen sein soll, sondern auch ein Gewinn für den Stadtteil und die Bewohner*innen des Bezirks Gries“, formuliert das Komitee gemeinsam.

Für die Zukunft des Areals, das von der Stadt erst umgewidmet werden müsste, zeichnet man ein eindeutiges Bild. So müsse die Zukunft „in einer vielfältigen, multifunktionalen Nutzung“ liegen, „die Bildung, Kultur, Soziales, Gewerbe und Innovation in historischem Bestand mit Um- und Neubau als Ergänzung vereint“.

Anders als an anderen Zukunftsbildern ist hier, dass man in einem einjährigen, weitestgehend durch ehrenamtliches Engagement getragenen Arbeitsprozess bewusst versuchte, möglichst alle Beteiligte anzusprechen und einzubinden. Partikulare Interessen über das Gemeinwohl zu stellen, erteilte man eine Absage. Stattdessen erhob man konkreten Raumbedarf z.B. nachbarschaftlicher Bildungs- und Sozialeinrichtungen, wie es die GGZ (Grazer Geriatrische Zentren) und das Johann-Josef-Fux-Konservatorium sind. Ebenso vermittelten weitere Kulturbetriebe, Gewerbe und Handwerk dem Komitee ihr Interesse an einer langfristigen Raumnutzung auf dem Areal.

Die Transformation der Mühle als „Bottom-up-Projekt" passe perfekt zu den vielfältigen Herausforderungen, die der Klimawandel notwendig macht, so das Komitee. Ein solcher Paradigmenwechsel könnte im Falle der Rösselmühle eine gute Zukunft für die Stadt und ihre Bewohner*innen ermöglichen.

Das Rösselmühl Komitee fordert nach dem Brand am Samstag öffentlich die Stadt Graz auf, unverzüglich aktiv zu werden. Mit entsprechendem politischem Willen sollte Stadtentwicklung am Beispiel „Leuchtturmprojekt Rösselmühle" als Prozess für die Bedürfnisse und das Gemeinwohl der Bewohner*innen gefördert werden. „Und als Gewinn für alle, denen Graz, seine Besonderheiten und historischen Spuren ein Anliegen sind“, umgesetzt werden.

Durch die Aufregung um die Mühle öffnen sich im besten Falle Gesprächsfenster, die die vielen am Areal Interessierten zusammenbringen. Neben dem Rösselmühl Komitee sind weitere Kollektive, unter anderem die Künstler*innen Gruppe Aporon 21 aktiv. Letztlich steht die Mühle seit Monaten im Zentrum der Aufmerksamkeit verschiedener Gruppen von Anrainer*innen und Engagierten und nicht nur im Fokus der Eigentümerin. Allein die Stadt, die Stadtentwicklung und die Stadtplanung haben noch nicht ihre Vision vermittelt. Dabei könnte man damit Missverständnissen so wie Spekulationen verhindern.

Die Mitglieder des Komitees Rösselmühle (Stand April 2023): DI. Elisabeth Kabelis-Lechner, Architektin und Aktivistin, Debbie Adams, Leitung des Base Verein Seddwellcenter, Arch. Univ.-Prof. Aglaée Degros, Stadtplanerin TU Graz, Erlend Depine, Base Verein Seddwellcenter, Univ.-Prof. Dr. Katharina Eisch-Angus, Kulturanthropologin KF Uni, DI Beate Engelhorn, Leiterin des HDA
, DI Wolfgang Feyferlik, Architekt
, Dr. Gerd Hartinger, Geschäftsführer GGZ, DI. Katja Hausleitner, Kinderbüro
, DI. Richard Hummelbrunner, Raumplaner, Initiative Unverwechselbares Graz, 
Dr. Birgit Johler, Kuratorin, Kulturwissenschaftlerin, 
Monika Klengel, Regiesseurin, Schauspielerin, Theater im Bahnhof, 
Diplom. Dolm. Peter Laukhardt, Soko Altstadt
, Mag. Eduard Lanner, Direktor des J.-J.-Fux-Konservatoriums
, Sonja Rosbergen, Tänzerin, Eigentümerin Obsthof
, Mag. Rainer Rosegger Soziologe
, Bernadette Schett, Kulturmanagerin, Gries Connect
, DI. Karin Tschavgova, Architekturjournalistin und Aktivistin
, Univ.-Prof. Dr. Anselm Wagner, Institut für Architekturtheorie, Kunst-u. Kulturwissenschaften TU Graz

Spaziergänger

Investor Pongratz kann es wohl nicht erwarten, dass bald tabula rasa gemacht wird. Er ist ja bekannt, dafür zuerst einmal alles abzubrechen bevor dann seine Firmenbanner mit der Aufschrift "Pongratz baut auf"am Bauzaun hängen. Aufbauen tut er dann dichten Wohnbau. Qualität sucht man hier vergebens.
Die Rösselmühle als Industrieruine zu bezeichnen ist schon arg und zeigt von Respektlosigkeit gegenüber der Geschichte der Stadt. In anderen Städten wird ganz anders mit solchen alten Industriegebäuden umgegangen, sie werden zu Vorzeigeobjekten transformiert. Sogar dem Eigentümer der Taggermühle gelingt es ohne Fördergelder, dieses Areal mit unterschiedlichen Nutzungen sehr interessant zu entwickeln. Dort gibt es Sport, Fitness, einen Buchverlag, Künstlerateiliers, eine Bolderhalle, Photovoltaik an der Fassade, Street-Art .
Auch am Areal der Postgarage und Rösselmühle könnte ein buntes Angebot für den Stadtteil entstehen. Die Menschen, die hier wohnen, brauchen auch einladende Orte für Nachbarschaft und Begegnung, für Bildung und kuturellen Austausch.

Di. 04/04/2023 18:13 Permalink
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