15/04/2019

Höchste Qualität schrammt
nah am Banalen
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(1) Christoph Lindner zitiert Konrad Frey

Unter dem Titel Frey erforschen wurde am 3. April 2019 im HDA Graz ein digitaler Werkkatalog Konrad Frey mit sämtlichen Projekten, Forschungen und ausgeführten Bauten präsentiert.

Das FWF-Forschungsprojekt wurde unter der Leitung von Anselm Wagner am Institut für Architekturtheorie, Kunst- und Kulturwissenschaften (akk) der TU Graz, basierend auf den Vorlass des Architekten, durchgeführt.

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15/04/2019

Konrad Frey, Sanatorium Fürstenstandwarte Plabutsch bei Graz, 1974, Photocollage, Archiv TU Graz

©: Konrad Frey

Architekt Konrad Frey bei der Präsentation des digitalen Werkkatalogs am 3. April 2019 im HDA Graz

©: Wenzel Mraček

In den 1970er Jahren, erzählt Konrad Frey in einem Radiogespräch (2), wurde die Abkehr von konventionellen Energieträgern interessant. Die große Ambition bestand darin, vorhandene Technologie, „bis hinein in die Fertigung“, auf ihre Brauchbarkeit zu untersuchen. Der Nachteil war, wendet Frey ein, „dass wir jeweils Prototypen gebaut haben“. Man musste immer von Neuem beginnen, um hinsichtlich vor allem der Gebäudetechnik ein funktionables „Produkt“ abzuliefern. Das Londoner Arup-Büro sei insofern „ein Segen“ für ihn gewesen, weil dort interdisziplinär geforscht wurde und Projekte von verschiedenen Technikern gemeinsam entwickelt wurden.

1934 in Wien geboren, studierte Konrad Frey zunächst Chemie in Graz und den USA. Sein Architekturstudium an der TH Graz schloss er 1967 mit einem Entwurf für einen multifunktionalen Gebäudekomplex auf dem Grazer Kaiser-Josef Platz ab. Die Environmental Jukebox, mit dem Arbeitstitel Revitalisierung des Kirchenblocks, sah in einem wahrlich utopischen Konzept den Abbruch der evangelischen Pfarrkirche vor, die durch ein „windiges Vogelhaus, in dem einzelne Objekte geschützt liegen“(3) ersetzt wird. Gleich darauf und bis 1970 war Frey Mitarbeiter im Londoner Büro von Ove Arup. Mit Florian Beigel eröffnete er im selben Jahr das Architekturbüro Building, Planning & Recources (London), dem er fünf Jahre lang angehörte. Zugleich, und ab 1973 wieder in Graz, war Frey Mitarbeiter am Institut für Umweltforschung (dem heutigen Joanneum Research), parallel dazu entstand mit seinem Haus Fischer am Grundlsee (1972-1978) Österreichs erstes Sonnenhaus. 1975 arbeitete er im Architekturbüro Emil Donau in Wien, 1985 bis 2001 leitete er sein eigenes Büro in Graz.

Vor vier Jahren übergab Konrad Frey dem Institut für Architekturtheorie, Kunst- und Kulturwissenschaften an der TU Graz einen Vorlass. Darauf basierend, und in Zusammenarbeit mit dem Institut für Bauphysik und Bauökologie der TU Wien, initiierte der Grazer Institutsleiter Anselm Wagner das Forschungsprojekt Die Solarhäuser von Konrad Frey und konnte die Finanzierung durch den Österreichischen Wissenschaftsfonds erreichen. In einem ersten Teil des Projekts wurde ein vollständiges Werkverzeichnis zu Konrad Freys Arbeiten angelegt, das kürzlich als Werkkatalog Konrad Frey im HDA Graz präsentiert und online gestellt wurde. Das Verzeichnis erläutert in Plänen, Fotografien und kritischen Kommentaren derzeit 104 Katalognummern über den Arbeitszeitraum von 1962 bis 2015.
Im Vorwort des Katalogs wird die Freys Arbeiten zugrundeliegende Haltung als Anwendung von Ideen der Moderne in Bezug auf regionale Bedingungen beschrieben, während jeweils nachhaltige Nutzung der Ressourcen maßgeblich ist. „Sein Augenmerk“ liegt dabei „immer auf Funktionalität und Flexibilität, aber auch der atmosphärischen Wirkung der Räume.“

Mit Florian Beigel übernahm Frey 1972 den Auftrag für Entwurf und Errichtung eines Ferienhauses für die Wiener Kunsthändler Jutta und Wolfgang Fischer, die damals eine Galerie in London betrieben. „Kein Lederhosenhaus, sondern ein japanisches Teehaus“ (4) sollte am Grundlsee gebaut werden. Nach Fertigstellung erinnerte Frey einmal mehr an die „Energieproblematik“ und den wenig bedachten Umgang mit begrenzten Ressourcen. „Wir haben begonnen, uns zu überlegen, ob man nicht Häuser bauen könnte, die von ihrer Konzeption mit einem wesentlich geringeren Energieverbrauch auskommen.“(5)
Das Haus Fischer gilt als erstes Solarhaus Österreichs. Überwiegend wurde Holz als Baumaterial eingesetzt, an den Süd- und Ostfassaden wurden quasi Sonnenkollektoren zur Brauchwasser-Aufbereitung angelegt. Ein zusätzliches Heizsystem besteht in Holzöfen und Heizmatten im Fußboden. Eine Betonwand an der Südseite speichert Sonnenwärme und gibt sie mittels Luftzirkulation und Wasserrohren im Fußboden an die Innenräume ab.

Im Forschungsprojekt der TU Graz legt man in einem weiteren Schritt Augenmerk auf Freys wissenschaftlichen Ansatz in der Architektur, seinen Bezügen zur Moderne und einer Ideengeschichte der Solarforschung und Anwendung in der Bauphysik. Matthias Schuß von der TU Wien ging während der Präsentation speziell auf die vom Institut für Bauphysik und Bauökologie angelegte klimatechnische Analyse (Solartechnik: Monitoring und Simulation) des Kindergarten Hart (Pachern, 1995-1997) (6) ein. Messdaten von Sensoren und einer Wetterstation, Baupläne und Interviews mit den NutzerInnen waren Basis für ein computergeneriertes Modell der thermischen Bedingungen des Gebäudes.

Ein prototypischer Entwurf, der als Fertigteilhaus in Serie gehen könnte, ist das Low Budget Loft House, sein eigenes Wohnhaus in Hart bei Graz. Die Überlegungen begannen 2012, fertiggestellt wurde der Bau 2015. Im Fertigteilverfahren könnte ein solches Haus – bei vergleichsweise geringen Kosten und großzügigem Wohnraum – binnen sechs Monaten errichtet werden. Frey beschreibt den Prototypen als „Versuchshaus“ mit der „Großräumigkeit einer Halle, formal vergleichbar einem Zelt, und zwei eingestellten, schallgeschützten Rückzugsräumen“. Inklusive einer Galerie verfügt der Bau damit über drei Raumhöhen unter einem Satteldach auf einer Fläche von 120 m². Das Low Budget Loft House kann in Trockenbauweise und unter Verwendung handelsüblicher Bauteile errichtet werden. Durch die Ausrichtung des Gebäudes und der Dimension wie Platzierung der Fenster wird eine passive Klimatisierung durch jahreszeitlich bedingte Sonneneinstrahlung erzielt.
Ein Konzept somit von „höchster Qualität“, ausgeführt unter Verwendung „banaler“ Baumittel.

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(1) Christoph Lindner zitiert Konrad Frey; in Lindner: Simulated-assisted monitoring based thermal evaluation of Konrad Frey’s “Kindergarten Pachern”. Diplomarbeit an der Abteilung für Bauphysik und Bauökologie, Inst. f. Architekturwissenschaften, TU Wien, 2016, S. 4, http://repositum.tuwien.ac.at/obvutwhs/download/pdf/2081873?originalFil…
(2) 04.05.2016, siehe Link > Interview mit Frey
(3) Konrad Frey in einem Gespräch mit Ingrid Böck, 07.12.2016, http://konradfrey.tugraz.at/projekt/revitalisierung-des-kirchenblocks-k…
(4) Wolfgang Fischer im Interview mit Sophia Walk, 31.8.2016
(5) Film Haus Fischer, Institut für Umweltforschung Graz, A 1977
(6) http://repositum.tuwien.ac.at/obvutwhs/download/pdf/2081873?originalFil…

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