08/01/2020

Herbert Murauer – Maler, Grafiker, Architekt

Archivar Bernhard Reismann zum Vorlass von DI Herbert Murauer im Archiv der TU Graz.

Herbert Murauer überließ dem Archiv der TU Graz einige seiner Planunterlagen und Fotos.

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Das Archiv der TU Graz besteht seit 1996 als öffentlich-rechtliche Institution. Es ist im Rahmen der Archivgesetze von jedermann einzusehen und für Forschungszwecke zu nutzen.

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08/01/2020

Herbert Murauer und sein Modell für ein Henry Moore-Museum, entstanden im Studienjahr 1964/1965 an der Technischen Hochschule Graz.

©: Archiv der TU Graz

Modell Herbert Murauers zum Projekt „Wachsende Schule“, entstanden 1965

©: Archiv der TU Graz

Gemeinsam mit Helmut Satzinger entstand 1966 ein mutiger Wettbewerbsbeitrag zur Neugestaltung des Grazer Jakominiplatzes. Bemerkenswert: die langgestreckte Ladenstraße als Überbauung des Opernrings/Joanneumrings und die beiden turmartigen Parkhäuser vor dem "Steirerhof" und am Beginn der Jakoministraße

©: Archiv der TU Graz

Herbert Murauer, geboren am 14. August 1940 in Graz, ist der Öffentlichkeit vor allem als Maler und Grafiker bekannt, dessen Interesse seit dem Ende der 60er Jahre der symbiotischen Wirkung von Mensch, Architektur und Natur gilt, die er in seinen Arbeiten immer wieder kritisch hinterfragt.
Murauer war in den späten 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts aber auch als innovativer Architekt tätig und befasste sich, am Puls der Zeit, mit den damals neuen, bahnbrechenden internationalen Architekturströmungen, die sich mit neuen Baumaterialien ebenso auseinandersetzten wie mit den Strukturen der Bauwerke.
Die Gründung des niederländischen Team X im Gefolge des CIAM-Kongresses im holländischen Otterloo im Jahr 1959 wirkte, was die neuen Ideen des Strukturalismus anbelangt, sehr rasch auch auf die junge Grazer Architektenszene.
So wurden die Prinzipien des Strukturalismus unter anderem im Ausstellungsprojekt Überbauung Ragnitz von Günther Domenig und Eilfried Huth, sowie in den Beiträgen Domenigs und des Team A Graz (Spina) im Rahmen von trigon 69 sichtbar. Die 1965 von der Werkgruppe Graz entworfene Terrassenhaussiedlung in Graz St. Peter, ausgeführt in den Jahren 1972 bis 1978, kann wohl als bestes Beispiel für die tatsächliche Umsetzung dieser neuen Ideen im steirischen Wohnbau herangezogen werden.

Herbert Murauer absolvierte genau in diesen Jahren, 1960 bis 1965, sein Architekturstudium an der Technischen Hochschule Graz und studierte zusätzlich bei Professor Kurt Weber Zeichnen. Während dieser Jahre nahm er natürlich auch an den Diskussionen zu den neuen Architekturströmungen regen Anteil. Noch im Studienjahr 1964/1965 schuf er im legendären Zeichensaal 4 (AZ 4) der Technischen Hochschule Graz im Rahmen von Entwerfen IV bei Professor Ferdinand Schuster Pläne und ein Modell für das Henry Moore-Museum. Diese Pläne befinden sich mittlerweile im Architekturzentrum Wien.
In den Jahren von 1964 bis 1970 arbeitete Herbert Murauer in diversen Architekturbüros, unter anderem bei Karl Odorizzi. Der war ebenso Absolvent der Technischen Hochschule in Graz und gründete schon 1958 in Wels sein eigenes Büro. Von 1969 bis 1980 war Odorizzi Präsident der Ziviltechniker und Architekten Oberösterreichs, 1971 Gründungsmitglied und wissenschaftlicher Beirat des Österreichische Zentrums für Architekturforschung, und von 1976 bis 1986 Lehrbeauftragter an den Universitäten Innsbruck, Graz, Linz und Wien.

In dieser Schaffensphase von 1964 bis 1970 beteiligte sich Herbert Murauer an Architekturwettbewerben und erzielte mehrfach Preise und Ankäufe. So nahm er gemeinsam mit Helmut Satzinger 1966 am damaligen Wettbewerb für die Neugestaltung des Jakominipatzes in Graz teil, im selben Jahr mit DI Volkmar Bermoser (Innsbruck) für Architekt Arnold (Kaiserslautern) an einem Wettbewerb zum Ausbau der Pinakothek München, und im Jahr darauf mit Architekt Karl Odorizzi an einem Wettbewerb zum Bau der Österreichischen Botschaft in Brasilia. Gemeinsam mit Richard Kriesche nahm Murauer an der trigon 69 teil. Schon 1965 errang er den 1. Preis beim Wettbewerb zum Neubau der BULME Graz, 1967 den 1. Preis beim Wettbewerb zum Neubau des Schulzentrums Seewalchen in Oberösterreich. Vor allem in Oberösterreich wurden mehrere seiner Planungen auch ausgeführt.

Bereits im Rahmen der Sommerakademie Salzburg besuchte Herbert Murauer 1966 gemeinsam mit seinen Kollegen Konrad Frey und Heidulf Gerngross das Städtebauseminar bei Professor Jacob Berend Bakema aus Holland. Dabei entstand eine „Großstruktur“ für die vier Jahre zuvor eröffnete Neue Universität Salzburg mit einem kreisrunden Audimax. Diese Großstruktur passt wieder hervorragend in die damals aktuellen urbanen Utopien in der Architektur. Aber auch die Grundidee vieler Wohnungsbauprojekte Bakemas, das Wachsende Haus spiegelt sich in mehreren Werken Herbert Murauers wider. So unter anderem im Konzept Wachsendes Wohnhaus, entstanden im Jahr 1967 im Büro Odorizzi, einer Raumstruktur mit Wohnzellen und einem Plug-In aus Kunststoff, Holz und Stahl, die als Zubau für ein Schloss nahe Wels gedacht war. Die Idee des Wachsenden Hauses war in diesen Jahren absolut en vogue. Bereits 1965 schuf Murauer so auf Anregung Ferdinand Schusters das innovative Modell einer aus Fertigteilen geschaffenen wachsenden Schule.

Ab dem Jahr 1970 arbeitete Herbert Murauer in der Planungsabteilung des Landes Steiermark und blieb so seiner akademischen Ausbildung treu. Daneben begann er aber schon im Jahr 1967 mit Personalen und Ausstellungsbeteiligungen im grafisch-malerischen Bereich.

Es ist der Vermittlung Konrad Freys zu verdanken, dass das Archiv der TU Graz und DI Herbert Murauer zusammenfanden, und dass auf diese Weise mehrere der Arbeiten Murauers für das Archiv gesichert werden konnten. Sie sind ein weiterer, wichtiger Mosaikstein in der Sammlung dieses Archivs zur steirischen Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts, die auch in Zukunft wachsen wird. Und sie sind ein Beitrag zum Verständnis dafür, was die Grazer Schule der Architektur am Ende der 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts an aktuellen Ideen aufnahm, aber auch an Innovationskraft und Kreativität zu entwickeln half.

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