01/04/2009
01/04/2009

Thalia: Kranarm derzeit ab

Oder: Nochmals bauen bis in den Himmel?

Murgalerien (Bauträger Acoton)

Andreas-Hofer-Platz (Superädifikat bei Acoton)

Palais Lazarini, Elisabethstraße

Bauplatz Kärntnerstraße, WEGRAZ (hier vielleicht ein Hochhaus von 75 Meter Höhe?)

Im Jahr 2001 erwarb Acoton-Chef Gerald Gollenz die Baurechte am Thaliakomplex von der Stadt Graz für die nächsten 45 Jahre (Kleine Zeitung 05. 02. 2009). Chefverhandler war Bürgermeister Siegfried Nagl. Die Opern-Probebühne wurde errichtet und Next Liberty konnte einziehen. Ein Hotelkomplex mit geplanter Fertigstellung 2002 wurde wegen Widerstands der Altstadt-Sachverständigenkommision (ASVK) bisher nicht realisiert. Nach einem Jahr Betrieb schließt jetzt der Club Opernpassage wegen wirtschaftlich suboptimaler Publikumsfrequenz. (Vor-) Letzter Stand laut Kleine Zeitung ist nun ein Kompromiss zwischen ASVK und Acoton, den Bau weiterer Flächen für ein John-Harris-Fitnessstudio zu ermöglichen, die Verhandlungen mit dem Fitnessunternehmer wollen aber offenbar auch nicht so recht in die Gänge kommen. Es soll aber noch im Frühjahr ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben werden. Mit rund zwölf Millionen Euro beziffert Gollenz seine mit der Thalia bisher eingefahrenen Verluste.

Bürgermeister Nagl, der etwa zur Zeit des Thalia-Verkaufs auch sein privates Haus im Bereich der Griesgasse (Arche Noah) an Acoton verkauft hatte – derzeit baut Acoton dort die Murgalerien – soll schon vor zwei Jahren angeregt haben, den Rückkauf der Thalia zu prüfen. Tatsächlich erging, wie vor etwa zwei Monaten publik wurde (Kleine Zeitung 05. u. 06. 02.09), ein Angebot seitens Acoton an den zuständigen Stadtrat für Finanzen und Liegenschaften, Gerhard Rüsch (ÖVP). Allerdings schienen Verhandlungen um den Rückkauf aufgrund Widerstands von Grünen, SPÖ, FPÖ und KPÖ zunächst als erübrigt.
Gollenz und Rüsch lassen aber nicht locker, berichtet die Kleine Zeitung nun am 27. März 09. Das Angebot sei geprüft, bestätigt Rüsch, der Rückkauf noch immer ein Thema, es seien aber Alternativen vorzuschlagen. Gollenz rechtfertigt den Versuch, die Thalia Baurechte wieder zu verkaufen damit, dass er die Stadt vor gröberem Schaden bewahrt habe. Der Hotelaufbau wäre ohne EU-Ausschreibung erfolgt, nachdem die Stadt das Projekt einstellte, wäre auch die Klage infolge abgewendet.
Für ein Resümee zum verfahrenen Komplex Thalia ist es nach acht Jahren offenbar immer noch zu früh. Fragen dagegen stehen zuhauf im Raum: Warum soll die Stadt Graz (respektive SteuerzahlerInnen) einem in diversen Beziehungen zu ihr stehenden privatwirtschaftlich orientierten Investor (Murgalerien, Andreas Hofer Platz, Thalia) durch Rückkauf eines derzeit verunglückt erscheinenden Projektes zur Seite stehen?

In diesem Umfeld von Investitionen und Bauvorhaben kündigt Bürgermeister Nagl seine Initiative zur „ Beschleunigung der Abwicklung von Bauverfahren“ (Anzeige in Grazer Woche, 25. 03.09) an und als Projekt in diesem Zusammenhang den Bau eines 75-Meter-Hochhauses durch WEGRAZ (Kommod-Eigentümer). Die kürzlich abgetretene Stadträtin Eva Maria Fluch (Magistratsabteilungen u.a. Stadtbaudirektion, Bau- und Anlagenbehörde) sprach im GAT-Interview von ihrer Präferenz eines Casino-Standortes am Andreas-Hofer-Platz (http://www.gat.st/pages/de/nachrichten/3565.html), Acoton verfügt über ein Superädifikat). Warum will man, trotz massiven Widerstands der Grazer Bevölkerung, das ECE im Bereich Eggenberger Gürtel, Annenstraße errichten, gegen das auch etliche vergleichende Studien aus anderen Städten sprechen? Nachdem die Firma WEGRAZ mit der Baugenehmigung für ein Bürohaus im Gartenbereich der Villa Lazarini (Elisabethstraße) aufgrund des Bebauungsplans noch vor wenigen Jahren abgeblitzt ist, baut ebendort nun die Alt & Neu Bauträgergesellschaft das Bürohaus Palais Lazarini. Die Liste von Fragen könnte weiter geführt werden, beispielsweise mit: Wer genehmigt wem den Bau einer Auffahrtsrampe am SC-Nord, nachdem diese schon errichtet ist? … Warum scheitern nach wie vor alle Anstrengungen, einen Gestaltungsbeirat für Graz einzusetzen, obwohl sich PolitikerInnen auf entsprechende Anfragen interessiert geben (zuletzt Eva Maria Fluch im GAT-Gespräch)?

Sich nicht an alles zu erinnern, ist im Allgemeinen zwar der Lebensqualität förderlich. Zusammenhänge herstellen ist mühsam, gleicht dagegen aber dem Bild des Stein an Stein Fügens. Oder mit Bertolt Brecht: „Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen / Den Vorhang zu und alle Fragen offen.“

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