20/12/2007
20/12/2007

Performance von Miss Folly über den Köpfen des Publikums der Konferenz

Chantal Mouffe erörterte kurz das Leitmotiv „Vibrant Agonistic Public Sphere“ und fokusierte ihren Beitrag auf die Konstellationen der Macht. In der Diskussion mit Peter Weibel warf sie kritisch ein, dass das Web 2.0 und die Kreativität im Netz auch das Risiko der Ausbeutung des Einzelnen in sich berge. Man dürfe sich nicht durch die Freiheit des Web 2.0 über die wahren Machtmechanismen hinwegtäuschen.

Winka Dubbeldamm (li) und die Moderatorin der Konferenz, Charlotte Pöchhacker (Direktorin ARTIMAGE)

Eberhard Schrempf, Direktor Creative Industries Styria Nick Leon, Gastprofessor der Tanaka Business School, Direktor ThinkPlayDo Group des Imperial College London.

Peter Weibel forderte tele- und omnipräsent den Bedarf nach einem ganz anderen, neuen Raumverständnis ein, wie ihn der Begriff der ORTLOSIGKEIT in sich trägt.

Nick Leon

Ivan Redi, ORTLOS architects

Fotos: Emil Gruber, ORTLOS architects

Am 22.11.2007 fand an der TU Graz (Rechbauerstraße 12) die Konferenz CITY UPGRADE - High Spirited Networked City statt.

„Megacities wie London, Paris, Berlin sind out, cool sind die sogenannten „second cities“ wie z. B. Talin, Hamburg, Barcelona, Kopenhagen...“ Mit diesem Zitat aus dem Spiegel vom Oktober dieses Jahres eröffnete Andrea Redi die Konferenz, um weiter auszuführen, dass diese Städte durch ihren hohen Anteil an „Kreativen“ boomen. Zur „kreative Klasse“, ein Begriff, den der britische Philosoph und der amerkanische Städteforscher Richard Florida geprägt haben, gehören Modedesigner, Künstler, Medienkünstler, Industriedesigner usw.

Die Vision, um die sich die Konferenz spannte, zu der ORTLOS und das interdisziplinäre Team am Donnerstag, den 22. 11. luden, und die zusammen mit dem Institut für Städtebau an der TU Graz veranstaltet wurde, lautete: Im Jahre 2020 soll Graz zu einer dieser „coolen second cities“ gehören – Kreative aus aller Welt sollen nach Graz pilgern, weil sie hier optimale Arbeitsbedingungen vorfinden.

Zu den internationalen Gästen und Vortragenden, die ihre Statements zu dieser Vision erörterten, zählten Miss Folly, Chantal Mouffe, Winka Dubbeldamm, Eberhard Schrempf, Peter Weibel und Nick Leon.

Das Publikum war auf eine Reise in die Welt der „augmented realities“ eingeladen, in eine Welt der Heterarchitektur, in der das Virtuelle das Reale bereichert und neue Möglichkeiten der Raumproduktion aufspannt.

Die Konferenz führte den Diskurs fort, der im Forum Stadtpark im Jahre 2004 mit „Open Source Architecture“ im Rahmen eines einwöchigen Workshops begann. Ein internationales und interdisziplinäres Team arbeitet nun seit drei Jahren unter der Leitung von ORTLOS architects an dem Forschungsprojekt „City Upgrade, high spirited networked city“. Im Jahre 2005 wurde die Grundlagenforschung abgeschlossen und im Medienkunstlabor des Kunsthauses Graz beim steirischen Herbst 05, unter der Intendanz von Peter Oswald, im Rahmen des Themas „Die Stadt“ das transdiziplinäre Ergebnis präsentiert.

In der ersten Phase des Entwurfs wurde mit A.N.D.I. - A New Digital Instrument for networked creativ collaboration for architecture and art - gearbeitet. Diese webbasierte digitale Plattform, die in den Jahren 2001 bis 2004 entwickelt wurde, ermöglichte es dem Team in Graz und den internationalen und interdisziplinären Projektpartnern, das Projekt obwohl distribuiert „just in time“ von der ersten Phase des Designs gemeinsam zu entwickeln. Der Code von A.N.D.I. ist frei und nach dem „Open Source“ Prinzip auf www.ortlos.at downloadbar.

Eine Zwischenbilanz der drei Jahre Forschung und Entwicklung wurde bei der Konferenz am 22. 11. an der TU-Graz präsentiert. Die weitere Entwicklung des Projektes kann in Second Life auf der ORTLOS-Insel, mitverfolgt werden – dort wird virtuell getestet, was real in Graz, Lille und Stuttgart gebaut werden soll. Außerdem können sich Interessiete auf: www.ortlos.org registrieren, wo die Forschungsergebnisse laufend mitprotokolliert werden und ein für jedermann offener Diskurs über das Thema geführt wird.

Ausgangspunkt des Forschungsprojekts war, den Spirit von 8020 zu entdecken und zu verstärken - die Annenstraße als „Boulevard der Produktion“ zu installieren ist das Ziel, das bei der Konferenz vorgestellt wurde. Doch nicht nur in Graz, sondern auch europaweit soll das City-Upgrade-Projekt realisiert und erste Prototypen des „City Labs“ installiert werden. Ganz nach dem Prinzip „form follows feedback“ sollen nach und nach weitere „plug ins“ folgen und auch der öffentliche Raum in „vibrant agonistic public spheres“ transformiert werden – in widerspurchstragende, pulsierende, öffentliche Räume - , ein Begriff der von Chantal Mouffe geprägt und in ihrem späteren Vortrag noch näher definiert wurde.

Die Vision des „City Labs“, die bereits in die Umsetzungsphase geht, wurde dem Publikum von Ivan Redi, Georg Flachbart, Grigor Doytschinov und Sven Havemann näher gebracht. Für die Realisierungsphase, die im Jänner 2008 beginnen wird, konnte das Forschungsteam bereits sowohl Finanzierungs,- als auch Forschungspartner finden, z.B. das Frauenhoferinstitut, Abteilung für intelligente Analyse und Informationssysteme, St.Augustin in Deutschland, dessen Vorsitzender, Manfred Bogen, ebenfalls bei der Konferenz anwesend war. Der Zeitplan des Projekts sieht vor, dass Ende 2009 die Realisierungsphase und Ende 2010 die Testphase abgeschlossen sind.

Die drei Jahre Forschung und Entwicklung (2004 bis 2007) wurden durch die finanzielle Unterstützung der Abteilung Kultur der Stadt Graz, des Amtes für Wirtschafts,- und Tourismusentwicklung der Stadt Graz, der Abteilung Kultur des Landes Steiermark, des Zukunftsfond des Landes Steiermark, der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten, der Republik Österreich.KUNST Bundeskanzleramt und KulturKontakt Austria ermöglicht.

Verfasser/in:
ORTLOS architects, Bericht
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+