25/02/2019

Bürgermeister Siegfried Nagl im Interview

Aktuell beschäftigen sich viele Grazerinnen und Grazer mit Maßnahmen, die im Zusammenhang mit Projekten entlang und in der Mur stehen.
Weil es dazu kontroverse Meinungen gibt, wurde Mag. Siegfried Nagl, Bürgermeister der Stadt Graz, um ein Interview zu den kritischen Fragen gebeten.

Das Gespräch im Jänner 2019 führte Josef Schiffer.

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25/02/2019

Mag. Siegfried Nagl, Bürgermeister der Stadt Graz

©: DJAKOB
©: Ulf Thausing

Herr Bürgermeister, die Anfrage an Sie für ein Interview erfolgte seitens GAT schon im Herbst 2018, inzwischen hat sich natürlich einiges getan, wie sind die aktuellen Entwicklungen betreffend Masterplan Mur?

Generell möchte ich zu diesem Projekt sagen, eigentlich geht es hier um zwei ökologische Themen und das Spannende ist, dass diese im Besonderen von sogenannten Naturschützern und den Grünen bekämpft werden. Das eine ist, wir reden die ganze Zeit darüber, dass wir auch im Energiebereich wegkommen sollen von den fossilen Energieträgern und so haben wir uns dafür entschieden, dass in einem Fluss, in dem es ja schon eine große Anzahl von Kraftwerken gibt, zu den bestehenden Kraftwerken nördlich (Weinzödl) und südlich von Graz (Gössendorf) ein weiteres in Puntigam hinzugefügt wird. Die Errichtung wird durch das Landesunternehmen Energie Steiermark durchgeführt. Ich sehe das als ein Ökoprojekt, weil ich weiß, dass wir jedes Jahr mehr Strom verbrauchen, auch im Ballungsraum Graz im Besonderen, weil wir täglich nicht nur unsere 325.000 gemeldeten Einwohner mit Haupt- und Nebenwohnsitz hier haben, sondern weil Graz mittlerweile ein wichtiges Wirtschaftszentrum ist, wo wir in Industrie und mit vielen Betrieben sehr gut aufgestellt sind und so viele Einpendler haben, dass sich tagtäglich in der Stadt ungefähr 450.000 Menschen aufhalten, hier studieren und arbeiten.

Es gab aber doch heftige Kritik an diesem Kraftwerksprojekt mit validen Argumenten?
 
Das stimmt, aber daher war mein Angebot immer: Sagt mir als Gegner des Puntigamer Kraftwerks, was kann ich verbessern und ich werde versuchen, das einzubringen. Nicht alles wird mir immer gelingen, aber ich stehe nun einmal zu diesem Projekt. Und das hat mich dann zum Hauptgegner für viele gemacht, letztlich bin ich aber auch für etwas gestanden und die Wahlerfolge zeigen auch, dass man das Rückgrat haben und so etwas durchkämpfen sollte, wenn man sich dazu bekannt hat. Die zweite Geschichte war, dass wir im Zuge der UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung Mur-Kraftwerk Puntigam, Anm.)  draufgekommen sind, dass nun auch ein zweites Projekt mit Synergieeffekten in Angriff genommen werden kann, das ist der zentrale Speicherkanal. Schauen Sie, im Urlaub empören wir uns, wenn wir irgendwo an der Adria Häuser sehen, die ihr Abwasser ins Meer leiten, gleichzeitig schwemmen wir durch unser Mischwasserkanalsystem in Graz – wie auch in anderen Städten Europas – bei Starkregen einen Großteil der Schmutzfracht aus unseren Toiletten direkt in die Mur. Das sind auf das ganze Jahr gerechnet in etwa 30.000 Grazer Haushalte, die direkt in die Mur entsorgen.
Ich erkläre Ihnen kurz das technische Prinzip des Zentralspeicherkanals: Im bestehenden Kanalnetz gibt es große Röhren, an deren Seite oder im Boden kleine Rinnsale verlaufen, die bei normalen Bedingungen die Schmutzfrachten in die Kläranlage entsorgen. Bei starken Regenfällen geht das direkt von Überläufen in die Mur hinaus. Die zusätzliche Röhre des Zentralen Speicherkanals speichert das Schmutzwasser und nur das Regenwasser geht direkt in die Mur. Das Abwasser gelangt über den Zentralen Speicherkanal zur Weiterbehandlung direkt in das Klärwerk in Gössendorf, das demnächst um 40 Millionen Euro ausgebaut und erneuert wird. Das EU-Recht sieht übrigens diese Methoden vor, auch wenn es im österreichischen Recht noch nicht angelangt ist, nicht zuletzt weil die damit verbundenen Kosten für die Städte sehr hoch sind. Aber das Murwasser wird dadurch zweifellos viel sauberer.

Wie soll die Gestaltung des Flussraums im Stadtgebiet aussehen?

Fast jede Stadt wird an einem Fluss gegründet, aber die Mur ist in Graz durch die Begradigung im 19. Jahrhundert aus unserem Leben verschwunden. Sie hat sich im Laufe der Zeit tiefer eingegraben und ist nicht mehr Bestandteil des alltäglichen Lebens der Grazerinnen und Grazer. Was wir jetzt tun, ist, dass wir den Bau von Kraftwerk und Speicherkanal nutzen, um den Bewohnern von Graz diesen Lebensraum zurückzugeben und zu ermöglichen, wieder Spaß am Wasser zu haben. Die Mur hatte bis jetzt eine realtiv hohe Fließgeschwindigkeit, die Wassersport großteils unmöglich machte und auch ein Gefahrenpotenzial in sich birgt. Durch das Kraftwerk in Puntigam wird dieses reduziert; das macht es möglich, den Wasserraum zu erleben und für sportliche Aktivitäten und Restaurantschiffe zu nutzen. Die Absenkung im Augarten schafft einen neuen Zugang zur Mur, ähnlich dem Prinzip der Donauinsel in Wien. Das bereits bestehende Kraftwerk südlich von Graz – in Gössendorf – zeigt mit den sogenannten Auwiesen, die gemeinsam mit den Nachbargemeinden entwickelt und von den Menschen zu Erholungszwecken ebenfalls sehr dankbar angenommen werden, neue Nutzungsmöglichkeiten auf (s. Link Auwiesen). Daher wundert es mich, dass manche Fraktionen politisch so sehr gegen diese Projekte vorgehen.

Man muss aber den Kritikern zubilligen, dass es einen ökologischen Impact durch den Verlust von Baumbeständen entlang der Mur gibt, die sich erst in Jahrzehnten wiederherstellen lassen?

Man kann den Baumbestand der Mur gutheißen, aber eigentlich dürfte er gesetzlich gar nicht da sein. In allen anderen Städten – von Laibach, Marburg über Linz bis Wien – gibt es direkt am Fluss keine Bäume wegen Verklausungsgefahr usw. Ich weiß nicht, warum das in Graz seit Jahrzehnten der Fall ist und diese Bäume nicht gefällt wurden. Faktum ist trotzdem, es ist ein durchaus interessanter Baumbestand und Grüngürtel entlang der Mur entstanden. Der wird durch diese aktuellen Eingriffe reduziert, aber anschließend wieder aufgeforstet. Wer selbst einen Garten hat, weiß, in welcher Geschwindigkeit Grünflächen auch wieder neu nachwachsen. So ein Eingriff geschieht schließlich auch nur alle 100 Jahre. Ich verstehe schon auch den Aufschrei mancher, aber trotzdem, es ist ein gutes Gesamtprojekt, das sowohl den Menschen als auch die Tierwelt im Auge hat. Vor eineinhalb Jahren habe ich immerhin das größte Naturschutzgebiet genehmigt, das in Graz jemals ausgewiesen wurde, und in dieser Form auch in anderen Städten nicht oft existiert. Wir haben mehr als 70 Hektar Grünraum in Weinzödl, im Norden von Graz, an der Mur zum Vogel- und Naturschutzgebiet erklärt, das heißt die Natur hat genauso ihren Platz. Aber ich denke auch, dass die Menschen in einer Stadt ein Anrecht darauf haben, ihren Fluss zu erleben.

Die gerodeten Baumbestände brauchen freilich sehr viel länger, ihre alte Pracht wieder zu erreichen?

Dazu sage ich, dass wir gerade im vergangenen Jahr eine Sonderüberfliegung gemacht haben und dadurch mittlerweile festgestellt haben, dass die Laubbedeckung in der Stadt Graz und der Baumbestand insgesamt im Stadtgebiet wieder zugenommen haben. Das bedeutet: ja, es ist ein kurzfristiger Eingriff in den Baumbestand an der Mur, aber auf der anderen Seite wächst der Waldbestand in Graz nach wie vor gewaltig. Man darf nicht vergessen, dass in Graz die Hälfte des Stadtgebietes aus Grünraum besteht und davon wieder die Hälfte, also ca. ein Viertel Waldbestand ist. Das kann kaum eine andere Stadt dieser Größe in Mitteleuropa vorweisen. Dieser geschützte Grünraumgürtel geht auch um ein Vielfaches über das hinaus, was das Land uns vorschreibt.

Bei diesem Projekt gab es etliche Verzögerungen; mit dem Kraftwerksbau sollte 2014 begonnen werden und der Masterplan für die Mur wurde 2016 im Gemeinderat abgesegnet. Die Planungsgrundlagen gehen sogar auf das Jahr 2010 zurück. Ungeachtet der wirtschaftlichen und städtebaulichen Notwendigkeiten, kann die Politik die Schattenseiten aber wohl nicht ignorieren?

Das Hauptproblem ist, wenn man so erbitterte Gegner wie in diesem Fall hat, dann kommt es von Haus aus schon in den Verfahren immer wieder zu Verzögerungen. Dass viele Murkraftwerksgegner weit über das Ziel geschossen haben, ist ja bekannt, von Morddrohungen bis hin zu Brandsätzen an den Baggern. Da hört sich auch in einer Demokratie der Spaß auf. Wir leben in einem Rechtsstaat und wenn man die rechtlichen Mittel ausgeschöpft hat und demokratische Mehrheiten vorhanden sind, dann habe ich als Bürger irgendwann das auch so zu akzeptieren. Die Gegner haben zeitliche Verzögerungen verursacht, aber letzten Endes ist das Projekt nun in Bau und ich nehme an, dass in ein paar Jahren alle glücklich drüber sein werden, dass wir diesen Zugang zum Wasser nun wieder haben und genießen können.

Das Projekt ist aber auch mit erheblichen Kosten verbunden, die die Stadt investieren muss – wie stark beteiligt sich die Energiewirtschaft an den Kosten – ursprünglich war ja von 50 Prozent die Rede?

Es gibt da ein ziemlich klares Übereinkommen, denn das Kraftwerk hat in der UVP-Prüfung ja so manche Auflagen bekommen. Wenn wir jetzt Wünsche haben, die über die in der UVP vorgesehenen und vertraglich festlegten Punkte hinausgehen, dann müssen wir das selbst bezahlen. Das wird in dem Kooperationsverfahren mit der Energie Steiermark natürlich einzeln geklärt. Stadtregierung und Landesregierung als Eigentümer der Energie Steiermark ziehen hier am selben Strang. Wenn die Kosten für das Kraftwerk Puntigam dann eines Tages abgeschrieben sind, dann gereicht das auch zum Vorteil für alle Steirerinnen und Steirer, denn dann wird es eine Cashcow sein. Auf der anderen Seite haben wir natürlich gewaltige Synergieeffekte, weil wir in ein paar Jahren aufgrund gesetzlicher Vorgaben den zentralen Speicherkanal wahrscheinlich ohnehin errichten müssten. Das würde einen gewaltigen Aufwand und Mehrkosten einer neuen Baustelle bedeuten.

Es gab nun ja auch eine nachträgliche Budgeterhöhung um rund 1,5 Millionen Euro, die durch den Rechnungshof der Stadt Graz abgesegnet werden muss?

Die ursprünglich veranschlagten Kosten von 6 Millionen Euro für den Masterplan Mur werden 50:50 zwischen Stadt Graz und Energie Steiermark aufgeteilt. Gleichzeitig haben wir gesehen, dass es nun die Chance gibt, das Augarten-Projekt umfangreicher als zunächst vorgesehen auszugestalten und diese innerstädtische Fläche an der Mur komplett neu zu entwickeln. Daher kommt jetzt zum Beispiel die gesamte neue Beleuchtung nicht nur im Augarten, sondern auch entlang des Murufers, was die Sicherheit in diesem öffentlichen Raum erhöht. Die Beleuchtungsanlagen sind mit über 50 Jahren auf dem Buckel veraltet und werden auf die sparsame LED-Technologie umgestellt. Diese neuen Lampen sind auch insektenfreundlicher, besser gegen Vandalismus gesichert und verursachen weniger Streulicht. Wir haben im Rahmen der Verfahren auch einen besseren Schutz für die Baumwurzeln vorgesehen, allein das verursacht rund 80.000 Euro an Kosten; insgesamt sind allein durch Maßnahmen für den Naturschutz ein paar Hunderttausend Euro an Kosten dazugekommen. Aber das Projekt ist auch umfassender geworden, bis hin zu Fuß- und Radwegführungen, die neu gebaut werden.

Der Verlust von Flächen im Augarten hat aber auch Kritik hervorgerufen, betrifft das auch den neu gestalteten Spielplatz?

Derzeit steht dort unter anderem nur ein Spielgerät, zwei Türme mit Hängebrücke und der Spielplatz für die Kleinsten, der  überhaupt nicht berührt wird. Wir werden das Areal für die Kinder und Jugendlichen neu gestalten und ich getraue mich zu wetten, wenn wir uns im Sommer in zwei Jahren, 2021, dort wiederfinden, dann werden in der Mur-Bucht viele Menschen auf den Rasenflächen liegen und die Kinder im Flachwasser spielen. Es wird, so glaube ich, zum Schluss ein sehr schönes Projekt sein. Heuer ist dort noch eine Baustelle, aber 2020 wird der Rasen bereits wieder angewachsen sein. Jetzt kommt halt eine kleine Durststrecke, wobei auch schon nächstes Jahr trotz Baustelle ein Großteil des Augartens bespielt werden kann. Wer so wie ich kleine Kinder hat, weiß, dass dort auch die Baugeräte hinter den Zäunen für die Kleinsten ganz spannend sein werden.

Sind Sie der Meinung, dass die Mur dort wirklich als Spielplatz für kleine Kinder geeignet ist?

Ja, das wird funktionieren, da gibt es keine Bedenken, weil die Mur durch den Speicherkanal ja viel sauberer sein wird. Nur bei Hochwassergefahr kann und wird es natürlich zu Sperrungen der Bucht kommen.
 
Wird der Baubeginn mit Ende März 2019 eingehalten werden können, auch wegen der Anstauphase des Kraftwerks und wie steht es um die Einhaltung der Kosten?

Es gibt auch da wieder viele, die uns da aufhalten wollen, wenn ich das so sagen darf. Die Transporte von Aushubmaterial für das Augartenprojekt können jedoch in der Zwischenzeit über die entlang der Mur für den Kraftwerksbau angelegten Straßen stattfinden, was den Verkehr in der Stadt entlastet. Diese Straßen könnte man zur Not wegen der Anstauphase auch noch erhöhen. Bei der Einhaltung der Baukosten bin ich aus meiner über 20-jährigen Erfahrung sehr zuversichtlich, dass es da zu keinen Überraschungen kommen wird.

Zu Verkehrskonzepten im Zusammenhang mit dem Masterplan Mur, wie weit sind die Päne zur Schifffahrt gediehen bzw. kommt diese überhaupt zustande?

Hier haben wieder manche Journalisten vorzeitig beendet, was nicht beendet ist. Unsere Prioritäten sind derzeit aber woanders, weil wir eine Beschleunigung der Verfahren brauchen. Aber letztendlich soll es eine Murschifffahrt geben. Die notwendigen Bauwerke sind bei den Planungen berücksichtigt. Murschiffahrt umfasst aber auch den Ruderclub, der in Graz begründet wurde, und der mit dem Bootshaus im Süden schon an seine Kapazitätsgrenzen stößt. Ein zweites Clubhaus ist daher wegen des Zudrangs an neuen Mitgliedern im Gespräch. Weiters bekommen die Kajakfahrer ihr Bootshaus erneuert, vermutlich auch mit einem gastronomischen Element dabei. Als drittes soll die von Ihnen angesprochene Linienschifffahrt Touristen und andere Gäste in den dann ruhigeren Gewässern auf Sightseeingtouren durch Graz führen. Es sind dafür diese fünf Anlegepunkte im Plan vorgesehen und es gibt bereits einen potenziellen Interessenten für den Betrieb dieser Linie, der derzeit die Art der hier einsetzbaren Boote evaluiert. Wir haben auch Angebote von Gastronomen, die Schiffe an der Mur als Lokale vor Anker liegen lassen wollen. Weiters sollen mit Hilfe einer Klappe für die Kajakfahrer und Surfer geeignete Wellen erzeugt werden. Was mir sehr gut gefallen hat, in Amsterdam habe ich eine Art kleiner Partyschiffe gesehen, wo zehn oder fünfzehn Personen mit kühlen Getränken versorgt, durch die Stadt tingeln. Da gibt es sicher noch viele andere Möglichkeiten, die Mur als schiffbares Gewässer zu nutzen.

Gibt es dann auch ein neues Gastronomiekonzept für den Augarten anstelle des vorhandenen Pavillions?

Nein, nichts Konkretes, zu gastronomischen Konzepten gibt es jetzt einmal eine erste Studie. Ich nehme an, es wird entlang der Mur überall zu neuen gastronomischen Angeboten kommen, auch entlang des Radweges, der dann verstärkt benutzt werden wird. Wir haben dann in Zukunft auch einen Stadtstrand bei der Seifenfabrik, wo ein gastronomisches Angebot, etwa ein Kiosk, entstehen soll. Jedenfalls rechnen wir in Zukunft dann mit einem großen Zustrom von Menschen zur Augartenbucht, entsprechend müssen dort auch die Angebote, etwa Toilettenanlagen oder Grillgelegenheiten, sein.

In diesem Zusammenhang ist der Ausbau des öffentlichen Verkehrs ein Thema?

Wir haben im Moment eine weitere Offensive im öffentlichen Verkehr vor, da geht es um drei Straßenbahnlinien, die sich alle in Planung befinden und demnächst in Umsetzung gehen. Ein Linie wird die Smart City hinter dem Hauptbahnhof erreichen, eine zweite Linie wird Reininghaus erschließen, die von der FH in Eggenberg durch den neuen Stadtteil führen wird. Weiters wird es die Ausweichroute für die Straßenbahn geben, die über die Schleife am Radetzkyspitz durch die Neutorgasse über die dann erneuerte Brücke am Andreas-Hofer-Platz zur Belgiergasse führt. Dafür laufen gerade die notwendigen eisenbahnrechtlichen Verfahren, die bauliche Umsetzung erfolgt ab dem Jahr 2022. Am Andreas-Hofer-Platz wird es dann auch ein neues Garagenprojekt geben, für das es gerade erste Vorstudien gibt. Weiters soll es eine Südwestlinie für Graz geben, die die Bezirke Wetzelsdorf und Straßgang erschließt. Da ist jetzt Stadträtin Elke Kahr gefordert, uns in der Planung mögliche Routen über Reininghaus oder Citypark–Don Bosco vorzuschlagen.

Apropos Andreas-Hofer-Platz, wann wird Graz endlich einen Busbahnhof erhalten, der einer Stadt dieser Größe angemessen ist?

Ob der Andreas-Hofer-Platz dann noch ein Busbahnhof bleibt, wird letzten Endes das Land entscheiden, die Regionalbusse werden zukünftig entweder dort oder am Griesplatz ihr Zuhause bekommen. Die zuständigen Stellen beim Land arbeiten derzeit an einer Konzeption.

In diesem Kontext ist auch auch das Murgondelprojekt zu nennen, das seit fast zehn Jahren immer wieder ein Thema ist, wie steht es darum?

Der Ballungsraum Graz und Umgebung steht mit bald 500.000 Einwohnern vor großen Herausforderungen im öffentlichen Verkehr. Es wäre an der Zeit, dass wird darüber nachdenken, wie wir Hunderttausende Pendler noch besser abholen können – da braucht es zukunftsweisende Lösungen. Konzepte wie ein Gondelprojekt entlang der Mur oder auch ein kreuzförmiges Mini-U-Bahn-Netz werden wir noch im heurigen Jahr in der Regierung beraten.

Die Plabutschgondel dagegen scheint ja schon ziemlich sicher fixiert zu sein und wie steht es um die Kosten?

Graz braucht mit seinenn 62.000 Studierenden und rund 45.000 Kindern an den Schulen, nicht zuletzt auch den immer sportlicher werdenden älteren Generationen, eine bessere Erschließung der Naherholungsräume im Umfeld. Die Gondelbahn soll von Eggenberg über den Plabutsch die Gemeinde Thal bei Graz erreichen, und das in nur sechzehn Minuten; am Gipfel wird es eine Ausstiegsmöglichkeit durch kurze Verzögerungen wie beim Schilift geben. Die hohen Investitionskosten sind uns bewusst, aber wir haben es schließlich auch beim Lift in Radegund, der defizitär war, durch eine Verbesserung des Angebots am Berg (Radfahrwege, Hexenexpress, Gastronomie, behindertengerechte Stege) geschafft, nun keine Abgänge mehr zu haben.

Was macht Sie so sicher, dass der Plabutsch wieder mehr zum Anziehungspunkt wird?

Ich gehe davon aus, dass der Plabutsch als traditioneller Grazer Hausberg rasch wieder populär werden wird. Schon bei vorsichtigen Annahmen der Besucherfrequenz können wir wirtschaftlich die Pluszone bzw. eine schwarze Null erreichen. Allein was das Radfahren anlangt, gibt es jetzt schon ein sehr großes Interesse. In Thal werden wir dann in ein neues Restaurant und Wassersport- sowie Freizeiteinrichtungen investiert haben. Im Winter gibt es die Langlaufstrecke, die wir zukünftig als Biathlonstrecke andenken, auch über eine Verlegung des Reitzentrums dorthin denken wir nach. Thal hat ein großes Potenzial.

Könnte Thal zukünftig ein Teil von Graz werden?

Ich habe der Gemeinde immer die Hand für Kooperationen gereicht, aber keine Bestrebungen zu einer Eingemeindung verfolgt. Aber Thal hat als Naherolungsort für uns, die Grazer und Grazerinnen, einen unschätzbaren Wert, weil es dort eine hohe Lebens- und Umweltqualität gibt im Unterschied zu anderen Gemeinden im Umland von Graz.

Wird es in der Nähe des neuen Murkraftwerks neue Baulandwidmungen geben?

Wir haben im Gemeinderat ein Stadtentwicklungskonzept und einen Flächenwidmungsplan beschlossen, aber gewiss wird es Begehrlichkeiten hinsichtlich des attraktiven Wohnens am Fluss geben. Aber es ist hier bisher nicht zu großen Umwidmungen gekommen, da gibt es nichts Neues zu vermelden. Wo Bauland ausgewiesen ist, wird es sicher auch vermehrt den Wunsch geben zu bauen. Für das Areal hinter der Seifenfabrik etwa gibt es seit zehn Jahren einen bestehenden Baubescheid. Ich denke, dass eines Tages auch der Bereich rund um den Schlachthof ein schönes Kerngebiet für einen neuen Wohnbezirk sein wird, was freilich noch weit, 20 oder 30 Jahre, in der Zukunft liegen kann.

Wie steht es angesichts der Zuwanderung um die Leistbarkeit des Wohnens?

Wenn wir nicht permanent neuen Wohnraum schaffen würden, dann wären die Preise noch viel höher gestiegen, wie ein Blick nach Salzburg, Innsbruck oder andere Städte schnell zeigt. Wir haben in Graz in den vergangenen Jahren jährlich etwa 2.000 bis 2.500 Wohnungen gebaut, was für mehr Stabilität gesorgt hat. Das geschieht gemeinsam mit den bewährten Wohnbauträgern mit Hilfe von Landesförderungen, aber auch die Stadt Graz hat begonnen, wieder vermehrt Gemeindewohnungen zu errichten, auch ohne Förderungen. Die florierenden privaten Investitionen in Immobilien bedeuten übrigens mehr soziale Umverteilung, als sich manche vorstellen. Bei der Veranlagung von Kapital sind angesichts der unsicheren Lage an den Finanzmärkten viele in Wohnimmobilien geflüchtet, aber die erzielbaren Renditen dafür sind im Moment sehr niedrig. Aufgrund des großen Angebots gibt es auch viele Leerstände und so kommen auch sozial Schwächere zu relativ günstigen Mieten und damit leichter zu schönem Wohnraum.

Ist es beabsichtigt, mehr gegen die Leerstände zu unternehmen?

Einerseits gibt es auch in Graz das Airbnb-Phänomen, freilich nicht so ausgeprägt wie in Wien oder anderen Städten. Andererseits sehe ich in Bezug auf Leerstände wenig Handlungsmöglichkeiten. Wenn sich Menschen Wohneigentum anschaffen und es leer stehen lassen, dann werden sie schon ihre guten Gründe dafür haben. Aber es gibt sicher Parteien, die eher Probleme mit Privateigentum haben als ich bzw. die ÖVP (lacht). Natürlich wollen wir keine Ressourcen verschwenden oder eine Immobilienblase bekommen, aber wir haben eben einen Zuzug von 5.000 bis 5.500 Menschen jährlich, und es gibt einen anhaltenden Trend zu Singlehaushalten, was eine stetig steigende Anzahl an Wohneinheiten und damit mehr Vermietungen bedeutet. Daraus ergibt sich auch von selbst eine Belebung bei Angebot und Nachfrage am Wohnungsmarkt.

Herr Bürgermeister, danke für das Gespräch.

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