29/05/2013

Empörung über Vorgehen bei Neugestaltung des Areals rund um den Wiener Eislaufverein.

29/05/2013
©: Wiener Eislaufverein

Vertreter der Wiener Architektenszene sind empört über das Vergabeverfahren für die Neugestaltung des Areals rund um den Wiener Eislaufverein. Mit einem offenen Brief an Vizebürgermeisterin Vassilakou fordern sie nun einen Planungsstopp.

Ein gemütliches Ambiente für einen weniger gemütlichen Anlass: Am 23. Mai luden Exponenten und Institutionen der Wiener Architekturszene zu einer Pressekonferenz ins Café Landtmann. Thema war das offensichtlich unsaubere Vorgehen beim sogenannten kooperativen Verfahren für die Neubebauung des Areals rund um den Wiener Eislaufverein, das Konzerthaus und das Hotel Intercontinental. Das Ergebnis: ein Hochhaus, worin sich eine Luxuswohnung an die andere reiht: zu hoch, zu weitflächig – eine zu widersprüchliche Vergabe. Die Wiener Architekteninstitutionen, darunter die Wiener Architektenkammer, die IG Architektur und die Zentralvereinigung der Architekten Österreichs, wollen sich das nicht gefallen lassen. In einem offenen Brief an Vizebürgermeistern Maria Vassilakou wehren sie sich gegen die Verfahrensweise, die weder öffentliche, noch städtebauliche Interessen berücksichtige.

Zwielichtiges Verfahren
Dabei hatte alles mit großen Ambitionen begonnen, das Areal neu zu gestalten. Es sollte ein kooperatives Verfahren nach einem aus der Schweiz stammenden Konzept geben. Walter Stelzhammer, Präsident der Architektenkammer, erklärt es so: „Meist geht es darin um städtebaulich schwierige Aufgabenstellungen, die unter einem Fachkreis inklusive Einbeziehen der Bevölkerung diskutiert werden. Dabei sollen bestimmte Rahmenbedingungen für spätere Wettbewerbe geschaffen werden.“ Ein „lernendes“ und offenes Prinzip also. „Grundsätzlich ist es positiv, dass man unterschiedliche Möglichkeiten ausloten und alles hinterfragen wollte“, merkt Marta Schreieck, Präsidentin der Zentralvereinigung der Architekten, an. Dass das Expertenteam jedoch wirklich unabhängig und offen vorging, ist zu bezweifeln. Schon im Vorhinein wurde ein Raumprogramm vorgegeben, in dem die zweieinhalbfache Fläche des gewidmeten Volumens festgesetzt war. „Schon fixe Vorgaben des Raumprogrammes anzusetzen, war ein großer Fehler“, meint Schreieck. Hier würde sich viel mehr der Mehrwert des Investors als jener der Bevölkerung spiegeln.
Auch das schlussendliche Ergebnis weist krimireife Kuriositäten auf. Zwar wurden Ende Februar im Konzerthaus 30 mögliche Modelle präsentiert, keines davon wurde aber letztlich ausgewählt. „Viele Architekten haben sich bemüht, aufgrund der Ausschreibung ordentliche Lösungen zu entwerfen. Und dann wurden zwei Projekte präsentiert, die weder im Verfahren waren, noch sind die Autoren bekannt“. Architekt Hans Puchhamer ist sichtlich empört „Bei dem Ergebnis steigt einem ja die Galle hoch.“

Kein Mehrwert für Bevölkerung
Außerdem verweisen die Vortragenden auf eine Bürgerbefragung, in der die Errichtung eines Hochhauses am Standort Hotel Imperial/Wiener Eislaufverein eindeutig abgelehnt wird. Die ausgewählten Projekte sehen dennoch ein „Wolkenkrätzerchen“ vor. „Die Verantwortung der Stadt Wien wäre es, eine faire Verhandlung zu organisieren, in der öffentliche Interessen zumindest einen gleichwertigen Stand haben wie jene des Investors“, meint Andreas Vass von der Österreichischen Gesellschaft für Architektur.
Das ist das Stichwort für den Wiener Eislaufverband. Die Stadt Wien hatte unter anderem die angeblichen Vorteile für den anliegenden Eislaufverband vorgeschoben, um die Projekte zu argumentieren. Der Verein würde die Unterstützung der Stadt brauchen. Sprecher Peter Menasse sieht das anders: „ Der Wiener Eislaufverband funktioniert schon seit 146 Jahren, auch ohne Förderungen. Man versucht hier offenbar, unsere Position zu marginalisieren und uns als Player zur Seite zu schieben.“
Das Gelände des Eislaufplatzes dient auch als wichtige Veranstaltungsfläche und Treffpunkt für 450.000 Sommerbesucher. Eine Umgestaltung der Anlage in der vorgesehenen Größenordnung hätte deshalb auch Auswirkungen auf das Gefüge des Stadtteils. Dieses würde in Österreich oft viel zu wenig berücksichtigt, meint Stelzhammer: „Wir haben noch immer nicht gelernt, über Städtebau zu diskutieren.“

Weiter Gespräche mit Vassilakou
Einen Planungsstopp, zumindest eine Nachdenkphase, das wollen die Wiener Architekturinstitutionen mit ihrem offenen Brief an Stadträtin Vassilakou bezwecken und damit ein Exempel statuieren. Die Forderungen liegen auf der Hand: Ein unabhängiges Expertenteam, eine Reduktion der Flächenvergabe und die Berücksichtigung von öffentlichen Interessen. Einen ersten Erfolg gibt es bereits: Vassilakou hat reagiert und die Beteiligten zu einem Gespräch geladen.

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